Entscheidungsstichwort (Thema)
Klageänderung im Berufungsrechtstzug
Leitsatz (amtlich)
1. Eine Klageänderung im Berufungsrechtszug i.S.v. § 533 ZPO setzt ein zulässiges Rechtsmittel voraus. Die Klägerin als Berufungsbeklagte kann nur im Wege der Anschlussberufung i.S.v. § 524 ZPO eine Klageänderung erreichen.
2. Es mag dahingestellt bleiben, ob eine streitgegenstandsverändernde Anschlussberufung in bestimmten Fällen aus verfassungsrechtlichen Gründen unbefristet als zulässig erachtet werden kann. Das Gebot der Waffengleichheit erfordert es jedenfalls nicht, dem Berufungsbeklagten eine Möglichkeit der Klageänderung zu eröffnen, der in erster Instanz aus Nachlässigkeit einen unbegründeten Anspruch geltend gemacht hat und nach Aufklärung seines Irrtums in der Berufungsbegründung nicht innerhalb der Frist des § 524 Abs. 2 S. 2 ZPO die Klage entspr. ändert.
Verfahrensgang
LG Detmold (Urteil vom 28.02.2002; Aktenzeichen 9 O 686/00) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 28.2.2002 verkündete Urteil der Zivilkammer IV. des LG Detmold abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, falls nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
A. Auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils wird Bezug genommen.
In zweiter Instanz ist unstr. geworden, dass die Beklagte die Bürgschaft der V.-bank D. e.G. vom 30.7.1996, zu deren Herausgabe an die Klägerin sie antragsgemäß verurteilt worden ist, bereits mit Schreiben vom 10.9.1996 an die Klägerin zurückgesandt hat und dass die Klägerin am 2.10.1996 der Beklagten die „Vertragserfüllungs- und Gewährleistungsbürgschaft” auf erstes Anfordern der V.-bank D. eG vom 12.9.1996 auf einem Vordruck der Beklagten übergeben hat.
Das LG hat die Beklagte entspr. den Anträgen der Klägerin zur Zahlung von 4.224,97 Euro nebst Zinsen sowie zur Herausgabe der Gewährleistungsbürgschaft der V.-bank eG vom 30.7.1996 Zug-um-Zug gegen Aushändigung einer Gewährleistungsbürgschaft i.H.v. 5.112,92 Euro verurteilt. Es hat ferner festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin den durch die verspätete Rückgabe der Bürgschaft seit dem 16.11.2000 bis zum Tag der Rückgabe entstehenden Zinsschaden zu ersetzen. Zur Begründung hat die Kammer ausgeführt, der Zahlungsanspruch folge aus § 631 BGB. Die Beklagte habe nicht substantiiert bestritten, dass ein zweiter Pflegeschnitt durchgeführt worden sei. Wegen des Gesprächsergebnisses vom 18.2.1999 habe die Beklagte dies näher darlegen müssen. Die Voraussetzungen für eine Anfechtung der in diesem Gespräch getroffenen Vereinbarung wegen arglistigen Verhaltens seien nicht hinreichend vorgetragen. Der Anspruch auf Herausgabe der Bürgschaft folge aus § 17 Nr. 8 VOB/B. Es gelte eine 1-jährige Verjährungsfrist. Die Abnahme der Werkleistungen sei spätestens am 23.12.1999 erfolgt, so dass die Verjährungsfrist Ende 2000 abgelaufen sei. Deshalb sei auch der Feststellungsanspruch wegen des Zinsschadens begründet.
Mit ihrer hiergegen gerichteten Berufung macht die Beklagte geltend, das Urteil leide an Verfahrensmängeln. Das LG habe gegen § 139 ZPO verstoßen, weil es den Beweisantritten zur Nichtvornahme eines zweiten Pflegeschnittes nicht nachgegangen sei, Über die Hilfsaufrechnung sei keine Entscheidung getroffen, so dass es sich um ein unzulässiges Teilurteil handele. Außerdem habe das LG eine Überraschungsentscheidung getroffen, denn weder die Prozessparteien noch das Gericht hätten zu irgendeinem Zeitpunkt eine 1-jährige Gewährleistungsfrist in Rede gestellt.
Ein Zahlungsanspruch wegen des 2. Pflegeschnittes sei nicht begründet. Die Klägerin habe weder substantiiert vorgetragen, einen zweiten Schnitt durchgeführt zu haben, noch den ihr obliegenden Nachweis geführt. Soweit die Vereinbarung vom 18.2.1999 herangezogen werde, sei diese aufgrund der Anfechtung nichtig. Im Übrigen sei ein Anspruch nicht fällig, weil die in dem Vermerk vom 18.2.1999 angeführten übrigen Arbeiten nicht ordnungsgemäß erledigt seien und eine Abnahme nicht erfolgt sei.
In jedem Fall sei ein Zahlungsanspruch aufgrund ihrer Hilfsaufrechnung mit Ansprüchen i.H.v. insgesamt 32.267,06 DM wegen mangelhafter Ausführung der Pflasterarbeiten erloschen. Hierzu wiederholt und vertieft die Beklagte ihr erstinstanzliches Vorbringen.
Ein Anspruch auf Herausgabe der Bürgschaft sei nicht begründet. Soweit die Klägerin mit ihrem Hauptantrag nunmehr die Herausgabe der Bürgschaft vom 12.9.1996 verlange, handele es sich um eine Klageänderung, welche ein zulässiges Rechtsmittel voraussetze. Die Klägerin habe jedoch die Anschlussberufungsfrist versäumt. Im Übrigen wiederholt und vertieft die Beklagte ihr erstinstanzliches Vorbringen, dass einem Herausgabeanspruch Gewährleistungsansprüche entgegenständen.
D...