Entscheidungsstichwort (Thema)
Nachehelicher Unterhalt: Anspruch auf Aufstockungsunterhalt unter Berücksichtigung einer im Scheidungstermin abgeschlossenen Unterhaltsvereinbarung und der Unterhaltsreform
Leitsatz (redaktionell)
1. Auch wenn Parteien anlässlich des Termins im Ehescheidungsverfahren eine Vereinbarung über den nachehelichen Unterhalt getroffen haben, haben sie nach Maßgabe des § 313 BGB einen Anspruch darauf, dass diese Unterhaltsvereinbarung an die aktuellen Gegebenheiten angepasst wird, soweit sich die zugrunde liegenden Tatsachen maßgeblich geändert haben.
2. Findet eine Abfindungszahlung ihre Zweckbestimmung darin, dem Arbeitnehmer einen Teil des Verlustes auszugleichen, den er wegen vorzeitiger Inanspruchnahme der Altersrente an Rentenkürzung hinnehmen musste, ist die Verteilung dieser Abfindung, allerdings zuzüglich anfallender Zinsen, auf die zu erwartende Dauer des künftigen Rentenbezuges angemessen.
3. Kann die Veräußerung einer Immobilie nur von dem Willen getragen sein, sich dieser aus Gründen der Bequemlichkeit oder zur Erlangung flüssiger Mittel für andere Zwecke zu entledigen, muss sich der Unterhaltsverpflichtete ggf. so behandeln lassen, als sei er nach wie vor Eigentümer dieser Immobilie.
4. Ob und in welchem Umfang Unterhaltsansprüche beschränkt werden können, hängt im Wesentlichen davon ab, ob und in welchem Ausmaß ehebedingte Nachteile eingetreten sind.
5. Von entscheidender Bedeutung hierbei kann sein, dass der Unterhaltsberechtigte aufgrund eines gemeinschaftlich getroffenen Entschlusses anlässlich der Geburt des gemeinsamen Kindes aus dem Erwerbsleben ausgeschieden ist und dadurch ehebedingte Nachteile erlitten hat.
Normenkette
BGB §§ 313, 1578b Abs. 1-2; ZPO § 323
Verfahrensgang
AG Minden (Urteil vom 07.08.2007; Aktenzeichen 30 F 245/06) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das am 7.8.2007 verkündete Urteil des AG - Familiengericht - Minden unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Der am 3.6.2004 vom AG Minden - Aktenzeichen 10 F 359/02 - protokollierte Vergleich der Parteien wird für die Zeit ab dem 1.8.2006 abgeändert.
Der Kläger bleibt verpflichtet, an die Beklagte nachehelichen Unterhalt zu zahlen, und zwar i.H.v. monatlich
a) 204 EUR für die Zeit vom 1.8.2006 bis zum 31.12.2010
b) 62 EUR für die Zeit ab dem 1.1.2011.
Die weitergehende Abänderungsklage wird abgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen. Die Kosten der ersten Instanz werden gegeneinander aufgehoben.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Die Parteien, die im Jahre 2004 nach 36jähriger Ehe, aber nach rd. 18jähriger Trennung von einander geschieden worden sind, streiten um nachehelichen Unterhalt. Im Scheidungstermin am 3.6.2004 hatten sie sich auf eine monatlich vom Kläger zu zahlende Unterhaltsrente für die Beklagte i.H.v. 325 EUR geeinigt. Diesem Vergleich lag die Erwägung zugrunde, dass der Kläger zum damaligen Zeitpunkt über ein monatliches Nettoeinkommen i.H.v. rd. 1.400 EUR verfügte. Seit dem 1.8.2006 bezieht er eine Altersrente i.H.v. nur noch 1.024,42 EUR monatlich netto, was er zum Anlass für eine Abänderungsklage genommen hat, mit der er ein völliges Entfallen seiner Unterhaltsverpflichtung erstrebt hat.
Auf seine Abänderungsklage hat das AG durch das am 7.8.2007 verkündete Urteil, wegen dessen vollständigen Sachverhalts und der Entscheidungsgründe auf Bl. 113 ff. d.A. verwiesen wird, seinem Begehren teilweise stattgegeben und den am 3.6.2004 geschlossenen Vergleich mit Wirkung ab 1.8.2007 dahin abgeändert, dass der Kläger nur noch zur Zahlung eines nachehelichen Ehegattenunterhalts i.H.v. 217 EUR monatlich, zahlbar bis zum jeden 3. eines Monats, verpflichtet blieb und die Klage im Übrigen abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger verfüge über ein monatliches Renteneinkommen i.H.v. 1.024 EUR netto. Er habe zusätzlich mit Eintritt in den Ruhestand von seinem Arbeitgeber eine Abfindung von 7.935,18 EUR erhalten als Ausgleich für die Mindereinkünfte infolge der zuvor vereinbarten Altersteilzeit. Diese Abfindung sei billigerweise auf 36 Monate umzulegen und ergebe monatlich anteilige 220,42 EUR. Nach Abzug der Kreditbelastung von 138 EUR, die noch bestünden und die Vergleichsgrundlage gewesen seien, verblieben ihm monatlich rd. 1.107 EUR. Bei einem ihm zuzubilligenden Selbstbehalt von 890 EUR sei er deshalb i.H.v. 217 EUR monatlich leistungsfähig.
Dagegen wendet sich der Kläger mit seiner form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Berufung, mit der er sein erstinstanzliches Ziel weiter verfolgt sowie, erstmals in der Berufungsinstanz und unter Bezugnahme auf die jüngere höchstrichterliche Rechtsprechung sowie auf das seit dem 1.1.2008 geltende Recht nach der Unterhaltsreform, hilfsweise eine Befristung des zu zahlenden nachehelichen Unterhalts begehrt. Seine Einkünfte seien seit dem Vergleich stark gesunken. Er verfüge nur noch über Renteneinkünfte. Die Darlehensbelastung belau...