Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohngebäudeversicherung; Beratung und Dokumentation durch Versicherungsvermittler
Leitsatz (amtlich)
1. Ist der Versicherungsvermittler (hier: Makler) zu einer Besichtigung des zu versichernden Objekts nicht verpflichtet, so hat er keine Pflicht, zu dokumentieren, ob im Rahmen der Beratung eine Besichtigung stattgefunden hat. Das Fehlen einer solchen Dokumentation führt zu keiner Beweiserleichterung für den VN.
2. Wenn der VN Antragsfragen in einem Formular beantwortet (und dieses selbst ausfüllt oder auch durch den Versicherungsvermittler ausfüllen lässt), muss der Versicherungsvermittler dazu grundsätzlich (und auch hier) keine Dokumentation erstellen.
Verfahrensgang
LG Essen (Aktenzeichen 6 O 362/17) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 07.12.2017 verkündete Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Essen wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.
Der Vollstreckungsschuldner darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
I. Der Kläger nimmt die Beklagte, eine Versicherungsmaklerin, auf Zahlung wegen fehlerhafter Beratung durch einen ihrer Geschäftsführer bei Abschluss einer Wohngebäudeversicherung in Anspruch.
Nach Abschluss der Wohngebäudeversicherung Mitte 2012 kam es am 12.03.2017 zu einem Brandschaden mit einem Zeitwertschaden von 90.240,00 EUR. Der Versicherer lehnte seine Einstandspflicht ab, nachdem er den Versicherungsvertrag wegen arglistiger Täuschung des Klägers bei Beantwortung der Zeichnungsfrage 3 im Antragsformular (GA 16) - nach übereinstimmender Auffassung der Parteien zurecht - angefochten hatte. Die Zeichnungsfrage 3 lautete:
"Handelt es sich bei den eingetragenen Objekten, oder Teilen davon um ein Sanierungsobjekt oder leestehende Gebäude oder Gebäude zur Entmietung durch Sanierung?"
Diese hatte der Kläger objektiv falsch mit "Nein" beantwortet. Das Gebäude stand leer und sollte saniert werden.
Der Kläger behauptet, die Antwort mit "Nein" sei auf ausdrückliches Anraten des ihn beratenden Geschäftsführers der Beklagten erfolgt, obwohl er - der Kläger - diesen konkret auf die Frage angesprochen und dieser erwidert habe, die Frage könne verneint werden, da die "Sanierung zu Vermietungszwecken" erfolge. Weiter wirft der Kläger der Beklagten vor, der ihn beratende Geschäftsführer der Beklagten habe nach einer Besichtigung des Gebäudes den Leerstand und die Sanierungsbedürftigkeit selbst positiv gekannt.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dass der darlegungs- und beweisbelastet Kläger einen Beratungsfehler bereits nicht hinreichend dargelegt habe.
Den behaupteten Besichtigungstermin habe der Kläger nicht hinreichend substantiiert vorgetragen. Ein Hinweis habe insoweit nicht erfolgen müssen, da die Beklagte substantiiert bestritten habe und der Kläger im Kammertermin hinreichend persönlich angehört worden sei.
Im Übrigen zeige der eigene Vortrag des Klägers bereits keine Pflichtverletzung der Beklagten auf, da der Kläger gewusst habe, dass keine "Renovierung zu Vermietungszwecken", sondern ein langfristiger Leerstand vorlag. Er habe damit die Frage auch nach dem behaupteten Verständnis der Beklagten falsch beantwortet.
Bezüglich des weiteren erstinstanzlichen Vortrages, der Anträge und der Entscheidungsgründe wird auf das die Klage abweisende Urteil des Landgerichts (GA 185-195) verwiesen.
Gegen das Urteil wendet sich der Kläger mit seiner Berufung, mit der er die Verletzung materiellen Rechts sowie Rechtsfehler bei der Tatsachenfeststellung durch das Landgericht rügt und sein erstinstanzliches Klagebegehren - unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens - weiterverfolgt.
Er macht geltend, dass die Grundsätze der Beweiserleichterung im Rahmen von fehlenden Dokumentationen verkannt worden seien. Zudem habe das Landgericht zu strenge Anforderung an die Substantiierung hinsichtlich des Besichtigungstermins gestellt. Weiter sei die Frage, ob dem Kläger die Fehlerhaftigkeit des Antrags erkennbar gewesen sei, allenfalls eine Frage des Mitverschuldens nach § 254 BGB.
Der Kläger beantragt unter Abänderung des angefochtenen Urteils,
1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 90.240,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.05.2017 zu zahlen;
2. die Beklagte zu verurteilen, ihn von einer Zahlung in Höhe von 3.831,21 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit (Zustellung ist erfolgt am 07.11.2017) für die außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten freizustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt - unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens - die angefochtene Entscheidung.
Wegen der weiteren Einzel...