Leitsatz (amtlich)
Zur Zulässigkeit eines Klageantrags, der auf Feststellung des Rechtsgrunds für eine "aus Kulanzgründen und ohne Anerkennung einer Rechtspflicht" erbrachte Leistung gerichtet ist, um einem für möglich gehaltenen Bereicherungsanspruch des Leistenden entgegenzutreten. Zur Zulässigkeit eines Klageantrages, der auf Feststellung der eigenen Leistungspflicht des Klägers gegenüber dem Beklagten gerichtet ist. Zur Zulässigkeit eines Antrages auf Feststellung des Annahmeverzuges.
Normenkette
ZPO § 256
Verfahrensgang
LG Bochum (Aktenzeichen 2 O 423/15) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 11.08.2016 verkündete Urteil des Einzelrichters der 2. Zivilkammer des Landgerichts Bochum wird zurückgewiesen.
Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
In Abänderung des erstinstanzlichen Kostenausspruchs werden die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz der Beklagten auferlegt.
Von den Kosten des Rechtsstreits zweiter Instanz trägt der Kläger die durch die Durchführung des Verhandlungstermins am 20.07.2017 entstandenen außergerichtlichen Kosten sowie die Hälfte der Gerichtskosten.
Im Übrigen trägt die Beklagte die Kosten der Berufungsinstanz.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Beiden Parteien wird gestattet, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
I. Mit seiner Ende 2015 erhobenen Klage hat der Kläger von der Beklagten, einer VW-Vertragshändlerin mit Sitz in C, ursprünglich die Rückabwicklung eines Kaufvertrags über ein Gebrauchtfahrzeug vom Typ VW Passat CC 2.0 TDI verlangt.
Mit Vertrag vom 16.06.2015 erwarb der Kläger das streitgegenständliche Fahrzeug zum Preis von 27.125 EUR. Der Kaufpreis wurde vollumfänglich über ein von der Beklagten vermitteltes Darlehen der VW Bank finanziert.
Im Herbst 2015 erfuhr der Kläger, dass sein Fahrzeug, das mit einem Motor vom Typ EA 189 ausgestattet ist, vom sog. Abgasskandal betroffen ist. Mit Anwaltsschreiben vom 29.10.2015 erklärte er deswegen den Rücktritt vom Vertrag und setzte der Beklagten unter dem 02.11.2015 eine Frist zur Rückabwicklung bis zum 09.11.2015. Die Beklagte ging darauf nicht ein, sondern wies mit Schreiben vom 04.11.2015 darauf hin, dass die VW AG mit Hochdruck an technischen Maßnahmen zur Beseitigung der fehlerhaften Software arbeite.
Am 28.12.2015 hat der Kläger seine auf Rückabwicklung des Kaufs gerichtete Klage erhoben. Er hat das Fahrzeug wegen der Ausgestaltung der Motorsteuerung und deren Folgen in vielfältiger Hinsicht als sachmangelhaft gerügt und sich auf den Standpunkt gestellt, eine Nacherfüllungsaufforderung vor Ausspruch des Rücktritts sei entbehrlich gewesen und die gerügten Sachmängel seien nicht unerheblich i.S. des § 323 Abs. 5 S. 2 BGB.
Unter Abzug einer mit 904,17 EUR bezifferten Nutzungsentschädigung hat der Kläger (rechnerisch fehlerhaft) eine Zahlungsforderung von 26.221,71 EUR ermittelt und in erster Instanz beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn
1.) 26.221,71 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit Zug um Zug gegen "Rückgabe" des Fahrzeugs VW CC 2.0 TDI, DSG, Fahrzeug-Ident.-Nr. ..., sowie
2.) vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten und -gebühren in Höhe von 1.050,77 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit
zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist dem Sachvorbringen des Klägers mit näheren Ausführungen entgegen getreten.
Das Landgericht Bochum hat die Klage abgewiesen.
Zur Begründung hat die Kammer ausgeführt, es könne offen bleiben, ob das Fahrzeug wegen der beanstandeten Software mangelhaft sei; jedenfalls wäre ein etwaiger Mangel unerheblich und berechtigte deshalb nach § 323 Abs. 5 S. 2 BGB nicht zum Rücktritt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes sowie der Entscheidungsgründe wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.
Mit der form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Berufung hat der Kläger zunächst sein erstinstanzliches Klagebegehren weiterverfolgt und hierzu sein Vorbringen wiederholt und vertieft.
Mit Schriftsatz vom 06.04.2017 hat er sodann - in Reaktion auf einen gerichtlichen Hinweis - sein Hauptbegehren im Antrag zu 1.) dahin "umgestellt", dass er Zahlung von 5.108 EUR an sich und Zahlung weiterer 22.130,34 EUR an die VW Bank GmbH jeweils nebst Rechtshängigkeitszinsen abzüglich einer - unstreitig gestellten - Nutzungsentschädigung von 1.356,25 EUR Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs hat verlangen wollen.
Die Beklagte, die zunächst der Berufung in der Sache entgegen getreten ist, hat sodann - wie mit Anwaltsschreiben vom 28.06.2017 angekündigt "aus Kulanzgründen und ohne Anerkennung einer Rechtspflicht" - die Ursprungsklageforderung über 26.221,71 EUR zzgl. Zinsen und vorgerichtlichen Anwaltskosten beglichen ...