Entscheidungsstichwort (Thema)
Schriftliche Feststellung der Invalidität nach § 7 I AUB 88
Leitsatz (amtlich)
Nach inzwischen gefestigter Rspr. wird verlangt, dass die ärztliche Feststellung der Invalidität nach § 7 I Nr. 1 AUB 88 schriftlich erfolgen muss. An die ärztliche Feststellung sind keine hohen Anforderungen zu stellen, sie muss weder den Grad der Invalidität angeben noch sich an der Gliedertaxe orientieren, sie braucht nicht einmal richtig zu sein.
Eine Benennung des Arztes als Zeugen für die fristgemäße „Feststellung” der Invalidität reicht daher nicht.
Normenkette
AUB 88 § 7 I Nr. 1
Verfahrensgang
LG Münster (Urteil vom 31.10.2002; Aktenzeichen 15 O 384/02) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 31.10.2002 verkündete Urteil der 15. Zivilkammer des LG Münster wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufung trägt der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Dem Kläger bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des nach dem Urteil vollstreckbaren Betrages abzuwenden, sofern nicht die Beklagte zuvor Sicherheit i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages beibringt.
Gründe
I. Der Kläger nimmt die Beklagte auf Invaliditätsleistungen aus einer Unfallversicherung in Anspruch. Vereinbart sind die AUB 88. Die Invaliditätssumme beträgt 185.000 DM „mit Mehrleistungen bei einem Invaliditätsgrad ab 90 %”.
Der Kläger erlitt im August 1998 im Urlaub in Italien eine cerebrale Blutung. Dokumentiert ist eine Aufnahme ins Krankenhaus von R. am 8.8.1998. Auf eigenen Wunsch wurde der Kläger dort am 11.8.1998 entlassen und suchte nach der Rückkehr nach Deutschland die Klinik für Neurologie in G. auf, wo er vom 14.8.1998 bis zum 28.8.1998 stationär behandelt wurde. Dort wurde im MRT eine kleine Blutung im Bereich der Vierhügelplatte festgestellt, die ein inkomplettes Parynaud-Syndrom auslöste. Es schloss sich eine REHA (Sehtraining, Ergotherapie) in den A. Kliniken S. vom 1.9.1998 bis zum 20.10.1998 an. Im Entlassungsbericht wird eine deutliche Rückbildung der vertikalen Blickparese dokumentiert und wegen der „guten Rückbildungstendenz” eine „gute Prognose” gestellt; angeregt wurde eine stufenweise Wiederaufnahme der Berufstätigkeit 14 Tage nach Entlassung.
Der Kläger klagte jedoch weiterhin über folgende Beschwerden:
- Schmerzen im Kopf-Halsbereich,
- Schmerzen im Schulter-Armbereich,
- Schwindel/Gleichgewichtsstörungen,
- Sehstörungen (Doppelbilder),
- Kiefergelenkschmerzen,
- Sensibilitätsstörungen und Kraftminderung im linken Arm, der linken Hand und im übrigen Wirbelsäulenbereich.
Der Kläger erstattete bei der Beklagten im August 1999 eine Unfall-Schadenanzeige und gab einen Badeunfall vom 5.8.1998 an.
Die Beklagte reagierte mit Schreiben vom 11.8.1999 und wies den Kläger auf die Fristen (§ 7 I Nr. 1 AUB) hin. Nach Einblick in Behandlungsunterlagen lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 15.8.2000 die Zahlung einer Invaliditätsentschädigung ab.
Der Kläger hat behauptet, am 7.8.1998 einen Badeunfall erlitten zu haben. Er sei in der Adria von einer „riesigen Wasserwelle” überrollt worden, die ihn im Kopf-, HWS- BWS- und Schultergürtelbereich getroffen und nach vorn geschleudert habe. Er habe sogleich extreme Schmerzen im Nacken- und Schulterbereich und brennenden Schmerz und Druck im Augenbereich verspürt. Am selben Abend seien zusätzlich Sehstörungen, Übelkeit, Erbrechen hinzugekommen.
Der Kläger hat beantragt, die Beklagte zur Zahlung von 94.589 Euro nebst Zinsen zu verurteilen.
Die Beklagte hat die Abweisung der Klage beantragt.
Sie hat den behaupteten Unfallhergang bestritten; am 7.8.1998 sei in R. bei ablandigem Wind der behauptete Wellenaufbau nicht möglich gewesen. Im Übrigen sei das behauptete Unfallereignis nicht geeignet, eine Hirnblutung auszulösen. Schließlich hat die Beklagte gerügt, dass es an einer fristgemäßen ärztlichen Feststellung der Invalidität fehle.
Das LG hat durch das am 31.10.2002 verkündete Urteil, auf das Bezug genommen wird, die Klage wegen Fehlens der ärztlichen Feststellung der Invalidität gem. § 7 I Nr. 1 Abs. 2 AUB 88 abgewiesen.
Diese Entscheidung greift der Kläger mit der Berufung an.
Er rügt, dass das LG eine schriftliche ärztliche Feststellung gem. § 7 I Nr. 1 AUB 88 gefordert habe. § 7 AUB sage nichts über eine Schriftform aus. Der Kläger wiederholt seinen Antrag aus erster Instanz, den behandelnden Arzt Dr. L. als Zeugen zu vernehmen; dieser habe bereits innerhalb von 15 Monaten angenommen, dass mit einer Besserung der Beschwerden nicht zu rechnen sei.
Sodann rügt der Kläger einen Verstoß gegen § 139 ZPO durch das LG. Das LG habe nicht darauf hingewiesen, dass innerhalb der ersten 15 Monate nach dem Unfall eine schriftliche ärztliche Feststellung erfolgt sein müsse, dass der attestierte Dauerschaden Folge des Unfalls sein müsse, dass letztere Voraussetzung durch das vorgelegte Attest von Dr. L. vom 13.1.2000 nicht erfüllt sei.
Der Kläger behauptet, von dem Augenarzt Dr. G. sei ein unfallbedingtes Augenleiden bereits bis Oktober 1999 als Dauerschaden festgestell...