Verfahrensgang
LG Essen (Aktenzeichen 19 O 254/15) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 12.8.2016 verkündete Urteil des Landgerichts Münster abgeändert und der Beklagte verurteilt, 22.039,71 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22.2.2014 und Kosten in Höhe von 1.354,47 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 6.5.2014 an die Klägerin zu zahlen; im Übrigen bleibt die Klage abgewiesen.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 56 % und der Beklagte zu 44 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Beide Parteien können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
I. Die Klägerin verlangt von dem Beklagten als ihrem Gesellschafter Ausgleich eines Fehlbetrages aus einer Auseinandersetzungsbilanz wegen unterlassener Mitwirkung an einem Sanierungskonzept.
1. Die Klägerin ist ein geschlossener Immobilienfonds, der in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts betrieben wird. Gegründet wurde die Klägerin im Jahre 1989 mit einem Eigenkapital in Höhe von 22.752.488,72 EUR. Zweck der Gesellschaft ist die Errichtung und Bewirtschaftung eines öffentlich geförderten Bauvorhabens in C, um hieraus Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu erzielen. Wegen des Inhalts des Gesellschaftsvertrages der Klägerin wird auf die zur Akte gereichte Vertragskopie Bezug genommen (Anlage K 5).
Der Beklagte trat der Klägerin durch Zeichnungserklärung vom 9.12.1989 mit einer Einlage in Höhe von 200.000,00 DM (= 102.258,38 EUR) bei. Dies entsprach einer Beteiligung von 0,449438 %. Die Klägerin nahm die Zeichnungserklärung am 28.12.1989 an (Anlage K 7).
Zur Finanzierung der Immobilie nahm die Klägerin Darlehen bei der C2 AG und der J-Bank C (J) auf. Außerdem wurde die Immobilie vom Land C im Wege des sozialen Wohnungsbauprogramms öffentlich gefördert. Die öffentliche Förderung lief zum 30.11.2006 aus, ohne dass eine Anschlussförderung gewährt wurde. Dies war insbesondere die Ursache dafür, dass die Klägerin in den Jahren 2007 und 2008 in eine existenzbedrohende wirtschaftliche Krise geriet. Infolgedessen fassten die Gesellschafter am 4.8.2007 und 11.4.2008 Sanierungsbeschlüsse, die freiwillige Nachschüsse der Gesellschafter in Höhe von insgesamt 54,6 % des ursprünglich eingezahlten Nominalkapitals zum Gegenstand hatten. Der Beklagte nahm daran teil und zahlte insgesamt 55.834,09 EUR an die Klägerin.
Mit Schreiben vom 1.3.2012 lud die Klägerin zu einer Gesellschafterversammlung vom 30.3.2012 (Anlage K 11). Darin wies sie darauf hin, dass nach wie vor eine Kündigung des Immobilienfinanzierungsdarlehens durch die den Grundstückserwerb finanzierende Bank, die C2 AG, und die persönliche Inanspruchnahme der Gesellschafter drohe. Der Einladung beigefügt war ein von der Klägerin erstelltes Konzept "Sanieren oder Ausscheiden" vom 1.3.2012, das einen Sanierungsbedarf von 19.403.027,85 EUR vorsah. Wegen der Einzelheiten wird auf das der Klageschrift als Anlage beigefügte Sanierungskonzept Bezug genommen (Anlage K 12).
In der Gesellschafterversammlung vom 30.3.2012 stimmten die Gesellschafter mit einer Mehrheit von 91,86 % für die Umsetzung dieses Konzepts. Das beschlossene Sanierungskonzept sah unter anderem vor, das Nominalkapital der Gesellschaft zunächst auf 22.752,49 EUR herabzusetzen und anschließend um bis zu 19.403.027,85 EUR auf bis zu 19.425.780,34 EUR zu erhöhen. Die Gesellschafter sollten Sanierungsbeiträge in Höhe von 85,28 % des ursprünglichen Eigenkapitals leisten, wobei die in den Jahren 2007 und 2008 geleisteten Sanierungsbeiträge angerechnet werden sollten. Diejenigen Gesellschafter, die den auf sie entfallenden Kapitalerhöhungsbetrag bis zum Sanierungsstichtag nicht zahlen, sollten aus der Gesellschaft ausscheiden. Wegen der Einzelheiten wird auf das zur Akte gereichte Versammlungsprotokoll der Gesellschafterversammlung vom 30.3.2012 Bezug genommen (Anlage K 9).
Der Beklagte hätte unter Anrechnung der Teilnahme an den Kapitalerhöhungen vom 4.8.2007 und 11.4.2008 nochmals 30,68 % seiner Einlage leisten müssen, also 31.371,86 EUR. Dazu war er nicht bereit. Er stimmte dem Gesellschafterbeschluss vom 30.3.2012 nicht zu und leistete bis zum Stichtag, dem 13.12.2012, keine weiteren Zahlungen an die Klägerin.
Deren Steuerberater legte am 2.9.2013 einen Bericht über die Erstellung einer Auseinandersetzungsbilanz mit Ermittlung des Abfindungsanspruchs zum Stichtag 13.12.2012 vor. Darin gelangte er zu einer Unterdeckung des Gesellschaftsvermögens am Stichtag in Höhe von 23.451.927,99 EUR und nahm an, dass ein "Mustergesellschafter" mit einem Anteil von 103,07 % seiner Zeichnungssumme für diesen Fehlbetrag hafte. Dabei ging der Steuerberater von einem Verkehrswert der Immobili...