Leitsatz (amtlich)
1. Die durch den Insolvenzverwalter einer Kommanditgesellschaft geltend gemachte Haftung von Kommanditisten gem. §§ 171, 172 Abs. 4 HGB setzt u.a. voraus, dass die Klageforderung zur Befriedigung der Gläubiger erforderlich ist. Bei der Prüfung dieser Frage sind grds. alle zur Tabelle angemeldeten Insolvenzforderungen in die Rechnung einzustellen, auch soweit sie nicht festgestellt worden sind. Allerdings ist der Insolvenzverwalter nicht befugt, die Kommanditistenhaftung wegen solcher Forderungen zu verfolgen, für die eine Haftung der Kommanditisten nicht gegeben ist.
2. Dem Insolvenzverwalter fehlt die Einziehungsbefugnis zu dem Zweck, einen Innenausgleich zwischen den Gesellschaftern vorzunehmen.
Normenkette
BGB § 735; HGB §§ 128, 161 Abs. 2, §§ 171, 172 Abs. 4; InsO §§ 1, 35, 199 S. 2
Verfahrensgang
LG Dortmund (Aktenzeichen 3 O 9/18) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 15.05.2018 verkündete Urteil des Landgerichts Dortmund wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Dieses und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der E GmbH & Co. KG (im Folgenden: Insolvenzschuldnerin). Bei dieser handelt es sich um einen im Jahre 1995 gegründeten Publikumsfonds, der ein Chemikalienschiff erwarb und vercharterte. Der Beklagte war an der Insolvenzschuldnerin mit einer Kommanditeinlage in Höhe von 51.129,19 EUR beteiligt. Nach Leistung der Einlage erhielt er im Zeitraum von 1999 bis 2007 Ausschüttungen in Höhe von insgesamt 30.677,51 EUR, obwohl sein Kapitalanteil durch Verluste jeweils unter den Betrag seiner Hafteinlage herabgemindert war. Hiervon zahlte er 25.564,60 EUR an die Insolvenzschuldnerin zurück. Der Kläger verfolgt mit der vorliegenden Klage die noch offene Differenz i. H. v. 5.112,91 EUR.
Die Insolvenzmasse beläuft sich auf rund 2,14 Mio. EUR. Ein Teilbetrag hiervon i. H. v. 855.444,21 EUR stammt aus Zahlungen von Kommanditisten auf Außenhaftungsansprüche im Sinne von § 171 HGB.
Aus dem Verkauf des Tankschiffs im Jahr 2014 nach Insolvenzeröffnung resultiert eine als Masseverbindlichkeit geltend gemachte Gewerbesteuerforderung in Höhe von rund 1,55 Mio. EUR. Die Kosten des Insolvenzverfahrens belaufen sich auf ca. 192.000,- EUR.
Zur Insolvenztabelle sind Forderungen i. H. v. rund 5,8 Mio. angemeldet, von denen ein Teil i. H. v. 86.616,86 EUR festgestellt ist. Der Restbetrag beinhaltet zum einen Entgelt- und Darlehensforderungen der Geschäftsbesorgerin i. H. v. insg. 276.695,67 EUR. Weiterhin sind Forderungen von Kommanditisten aus oder im Zusammenhang mit vorinsolvenzlich erfolgten Rückzahlungen von Ausschüttungen sowie solche auf Erstattung der Kommanditeinlage angemeldet. Darauf entfallende Zinsansprüche der Kommanditisten sind i. H. v. 148.527,45 EUR zur Tabelle angemeldet. In Höhe von 54.825,67 EUR haben Kommanditisten Rechtsverfolgungskosten angemeldet, die vor Insolvenzeröffnung durch die Verteidigung gegen unberechtigte Rückforderungen von als Darlehen verbuchten Ausschüttungen entstanden sein sollen.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Inanspruchnahme des Beklagten sei im Gläubigerinteresse erforderlich. Dieser hafte u. a. auch für die Gewerbesteuerforderung. Zudem machten auch die Forderungen der Geschäftsbesorgerin und die von Kommanditisten angemeldeten Zinsansprüche sowie Rechtsverfolgungskosten jedenfalls im Hinblick auf zu bildende Rückstellungen eine Inanspruchnahme des Beklagten erforderlich. Unabhängig davon hat der Kläger geltend gemacht, zur Herbeiführung des Innenausgleichs zwischen den Kommanditisten berufen zu sein.
Nachdem das Landgericht die Klage abgewiesen hat, verfolgt der Kläger mit der Berufung sein Klagebegehren weiter.
Von einer weiteren Darstellung des Sach- und Streitstandes wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 S. 1 ZPO, § 26 Nr. 8 S. 1 EGZPO abgesehen.
II. Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet. Das Landgericht hat die Klage zu Recht durch Sachurteil abgewiesen.
1. Die Klage ist zulässig; insbesondere liegt keine Teilklage vor. Anders als bei der Geltendmachung der persönlichen Haftung des Gesellschafters einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts gemäß § 93 InsO stellt die Inanspruchnahme eines Kommanditisten durch den Insolvenzverwalter gemäß § 171 HGB keine Teilklage dar, wenn dessen noch offene Haftsumme insgesamt geltend gemacht wird. Es bedarf dann keiner Klarstellung, welche konkreten Gläubigerforderungen in welcher Reihenfolge geltend gemacht werden. Denn der Kommanditist haftet im Gegensatz zum Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts nicht unbeschränkt, sondern nur im Umfang seiner Haftungssumme. Die vom Insolvenzverwalter einzuziehende Hafteinlage dient der gleichmäßigen anteiligen Befriedigung aller berechtigten Gläubiger (BGH, Urt. v. 20.02.2018, II ZR 272/16). Daher definiert in der Insolvenz nicht die einzelne Gläubigerforderung, sondern die insgesamt bestehende Außenhaftung des Kommanditisten den Streitgegenstan...