Leitsatz (amtlich)
1. Die Vaterschaftsfeststellung durch ein russisches Gericht ohne Einholung eines medizinischen Gutachtens schließt die Anerkennung der Entscheidung durch ein deutsches Gericht nicht aus.
2. Macht ein russisches Kind Unterhaltsansprüche gegen seinen in Deutschland lebenden Vater geltend, so beschränkt sich sein Anspruch auf quotenmäßige Beteiligung am Einkommen des Vaters auf sein Existenzminimum, wenn auch dem Vater nur das Existenzminimum verbleibt.
3. Der Anspruch des russischen Kindes ist gem. Art. 18 EGBGB zusammen mit den weiteren nach deutschem Recht zu erfüllenden Unterhaltsansprüchen in eine Mangelberechnung nach deutschem Recht einzustellen.
Normenkette
ZPO § 328; EGBGB Art. 18 Abs. 7; FamGB russ. Förd. Art. 81, 83
Verfahrensgang
AG Hamm (Aktenzeichen 32 F 332/00) |
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das am 31.7.2001 verkündete Urteil des AG – FamG – Hamm teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin wie folgt Kindesunterhalt zu zahlen:
a) für die Zeit von November 1997 bis Dezember 1998 monatlich 6 Euro;
b) für die Zeit von Januar 1999 bis Juni 1999 monatlich 20,50 Euro;
c) für die Zeit von Juli 1999 bis Dezember 1999 monatlich 20 Euro;
d) für die Zeit von Januar 2000 bis Dezember 2000 monatlich 30 Euro;
e) für Januar 2001 37 Euro;
f) für die Zeit von August 2001 bis September 2001 monatlich 44,50 Euro;
g) für die Zeit von Oktober 2001 bis Dezember 2001 monatlich 43 Euro;
h) für Januar 2002 27 Euro;
i) ab Februar 2002 monatlich 56 Euro.
Die weiter gehende Klage wird abgewiesen.
Die weiter gehende Berufung wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens in erster Instanz tragen die Klägerin zu 3/4 und der Beklagte zu 1/4.
Die Kosten der Berufungsinstanz werden dem Beklagten zu 1/3 und der Klägerin zu 2/3 auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Der Beklagte stammt aus Russland. Dort hat er seine Frau M. geheiratet. Aus der Ehe stammen zwei Kinder, die am 25.10.1983 geborene Tochter O. und der am 3.1.1994 geborene Sohn A.
1990 hatte der Beklagte eine Beziehung zur Mutter der Klägerin. Ob er mit dieser zusammengelebt hat, ist streitig. Die Klägerin wurde am 24.6.1991 geboren. Da der Beklagte die Vaterschaft nicht anerkannt hat, leitete die Mutter der Klägerin ein gerichtliches Verfahren beim Volksgericht der Stadt Slawgorod ein. Der Beklagte hat bei seiner Anhörung eingeräumt, die Mutter der Klägerin besucht und bei ihr übernachtet zu haben (Bl. 6, 52 R).
Das Gericht hat Zeugen darüber gehört, ob der Beklagte und die Mutter der Klägerin zusammengelebt und sich ein gemeinsames Kind gewünscht haben. Auf Grund dieser Aussagen hat das Gericht mit Beschluss vom 21.6.1993 die Vaterschaft des Beklagten festgestellt und angeordnet, dass 1/4 aller Einkünfte des Beklagten als Unterhalt für die Klägerin einzuziehen seien.
1996 ist der Beklagte mit seiner Familie in die Bundesrepublik übergesiedelt. Hier ist er von der Klägerin ermittelt worden.
Sie hat im November 2000 Stufenklage auf Auskunft und Unterhaltszahlung ab dem 1.11.1997 erhoben. Nach Auskunftserteilung hat sie geltend gemacht, der Beklagte habe von März 2000 bis Januar 2001 monatlich 2.645,95 DM verdient. Dieses Einkommen sei für die gesamte Zeit ab November 1997 zu Grunde zu legen. Dann sei ihr Bedarf unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse in Russland einerseits und der gehobenen Einkommensverhältnisse in der Bundesrepublik andererseits mit monatlich 250 DM zu bemessen.
Die Klägerin hat beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an sie ab November 1997 Unterhalt i.H.v. monatlich 250 DM zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Er hat geltend gemacht, er sei nicht der Vater der Klägerin und i.Ü. auch nicht leistungsfähig, da er seit dem 12.3.2001 keine Arbeit mehr habe und nur Arbeitslosengeld i.H.v. 1.700 DM erzielen werde.
Das AG hat der Klage zum größeren Teil stattgegeben. Es hat gemeint, die Vaterschaft sei nach russischem Recht ordnungsgemäß festgestellt. Davon sei auszugehen.
Grundlage für die Unterhaltsberechnung sei das von der Klägerin unbestritten vorgetragene Einkommen von monatlich 2.646 DM. Auch wenn der Klägerin nach dem russischen Recht 1/4 dieses Einkommens zustehe, sei ihr Bedarf unter Berücksichtigung der weiteren Unterhaltspflichten des Beklagten und der Lebensverhältnisse in Russland auf 250 DM zu begrenzen. Auf der Grundlage dieses Bedarfs hat es unter Berücksichtigung der weiteren nach deutschem Recht zu beurteilenden Unterhaltspflichten des Beklagten eine Mangelverteilung vorgenommen. Wegen der Einzelheiten wird auf das Urteil Bezug genommen.
Für die Zeit von Februar bis Juli 2001 hat es die Klage wegen Leistungsunfähigkeit des Beklagten abgewiesen, ihm aber für die Folgezeit ein fiktives Einkommen in bisheriger Höhe zugerechnet. Die Unterhaltsansprüche der Tochter O. hat es ab dem 1.11.2001 wegen Erreichens der Volljährigkeit nicht mehr als gleichrangig angesehen. Ab diesem Zeitpunkt hat es der Klägerin den vollen Bedarf von mo...