Leitsatz (amtlich)

1. Zum Nachweis des äußeren Bildes eines Einbruchsdiebstahls durch Aufbrechen einer Haustür gehört es nicht, dass der Profilzylinder der Tür am Tatort aufgefunden wird.

2. Bestehen an der Echtheit gestohlenen Schmuckes keine Zweifel, sind jedoch mangels Anschaffungsbelege und Lichtbilder gesicherte Erkenntnisse zum Wert nicht zu erlangen, kann den dadurch bedingten Unwägbarkeiten durch Schätzung nach § 287 ZPO Rechnung getragen werden.

 

Verfahrensgang

LG Bochum (Urteil vom 02.02.2011; Aktenzeichen 4 O 96/10)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird - unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen - das am 2.2.2011 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des LG Bochum abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 12.932,16 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 9.10.2009 zu zahlen.

Im Übrigen bleibt die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

(gemäß § 313a Abs. 1 ZPO)

A. Die Parteien streiten aus Anlass eines behaupteten Einbruchdiebstahls vom 10.10.2006 um die Schadensregulierung aus einer bei der Beklagten unterhaltenen Hausratversicherung, der die VHB 2005 (Variant) mit Unterversicherungsverzicht zugrunde liegen.

Wegen der Einzelheiten des in 1. Instanz vorgetragenen Sachverhalts wird gem. § 540 ZPO auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils des LG Bochum Bezug genommen.

Das LG hat die Klage nach Vernehmung der Zeugin X P abgewiesen mit der Begründung, der Kläger habe den ihm obliegenden Nachweis, dass ihm aufgrund eines Einbruchs die in der Schadensmeldung vom 30.10.2006 angegebenen Gegenstände entwendet wurden, nicht erbringen können. Bereits das Vorliegen stimmiger Einbruchspuren sei zweifelhaft. Jedenfalls bestehe aber eine erhebliche Wahrscheinlichkeit der Vortäuschung des Versicherungsfalls; insbesondere bestehe eine erhebliche Wahrscheinlichkeit dafür, dass der Kläger im Hinblick auf die Höhe des Schadens getäuscht habe. Schließlich habe der Kläger auch nicht den Vollbeweis dafür erbringen können, dass die angeblich entwendeten Gegenstände tatsächlich gestohlen wurden, da er entsprechenden Beweis nicht angeboten habe.

Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner form- und fristgerecht eingelegten Berufung. Er rügt im Wesentlichen:

  • Das LG habe die Anforderungen an die Darlegung des äußeren Bildes eines Einbruchdiebstahls überspannt.
  • Zu Unrecht habe das LG zudem aus vermeintlichen Widersprüchen zwischen den Angaben des Klägers und seiner Ehefrau auf die erhebliche Wahrscheinlichkeit der Vortäuschung eines Einbruchdiebstahls geschlossen. Diese hätten - wenn überhaupt - allenfalls bei der Höhe des Regulierungsanspruches berücksichtigt werden dürfen.

Der Kläger beantragt, unter Abänderung der angefochtenen Entscheidung die Beklagte zu verurteilen, an ihn 26.649 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 9.10.2009 zzgl. außergerichtlicher Rechtsanwaltsgebühren von 1.221,42 EUR zu zahlen.

Die Beklagte beantragt unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens, die Berufung zurückzuweisen.

Der Senat hat den Kläger persönlich angehört sowie Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen X und A P. Wegen des Ergebnisses der Anhörung sowie der durchgeführten Beweisaufnahme wird auf den Berichterstattervermerk vom 7.10.2011 Bezug genommen.

B. Die zulässige Berufung des Klägers ist nur zum Teil begründet.

I. Dem Kläger steht aufgrund des Einbruchdiebstahls vom 10.10.2006 gegen die Beklagte im Ergebnis ein Erstattungsanspruch i.H.v. 12.747,99 EUR aus §§ 1 Abs. 1 S. 1, 49 VVG i.V.m. §§ 1, 3 Nr. 1. b), 5 Nr. 1. a), 28 der in den Vertrag einbezogenen Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Hausratversicherung (VHB 2005) zu.

Der insoweit darlegungs- und beweisbelastete Kläger hat nach dem Ergebnis der in 2. Instanz durchgeführten Beweisaufnahme - unter Berücksichtigung der ihm teils zugute kommenden Beweiserleichterungen - den Nachweis erbracht, dass der von ihm behauptete Einbruch stattgefunden hat und ihm die in der Schadensmeldung vom 30.10.2006 angegebenen Gegenstände sämtlich entwendet worden sind. Lediglich was die Höhe der für die gestohlenen Gegenstände in Ansatz gebrachten Werte angeht, unterliegt die Klage - insoweit allerdings zu einem beträchtlichen, nämlich in etwa hälftigen Teil - der Abweisung.

1. Nach ständiger Rechtsprechung kommen einem Versicherungsnehmer, der einen Einbruchdiebstahl behauptet, Beweiserleichterungen zugute. Er genügt seiner Beweislast schon dann, wenn er das äußere Bild einer bedingungsgemäßen Entwendung beweist, also ein Mindestmaß an Tatsachen, die nach der Lebenserfahrung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit den Schluss auf eine solche Entwendung zulassen (vgl. BGH, Urt. v. 18.10.2006 - IV ZR 130/05, Vers 2007, 102; BGH, Urt. v. 18.10.1989, IVa ZR 341/88, VersR 1990, 45; jeweils m.w.N.).

Zum äußeren Bild eines Einbruchsdiebstahls gehören dabei zunächst, wenn - wie hier - ein Nachsc...

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