Verfahrensgang

AG Essen (Urteil vom 10.05.2000; Aktenzeichen 106 F 307/99)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das am 10. Mai 2000 verkündete Urteil des Amtsgerichts – Familiengericht – Essen unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert.

Der Beklagte bleibt verurteilt, an die Klägerin für die Zeit vom 1. September bis zum 31. Dezember 1999 monatlich 253,00 DM Unterhalt zu zahlen. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin zu 85 % und der Beklagte zu 15 % zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

Die zulässige Berufung des Beklagten hat weitgehend Erfolg. Dies beruht darauf, dass sich die Erwerbseinkünfte der Parteien aufgrund der Änderung der Steuerklassen im Jahre 2000 gegenüber dem Vorjahr in weitergehendem Umfang verändert haben, als dies vom Familiengericht angenommen worden ist.

Die Klägerin hat im Senatstermin ihren eigenen Berufungsantrag nicht mehr gestellt, worin eine stillschweigende Berufungsrücknahme zu sehen ist.

Für die Zeit von August bis Dezember 1999 ergibt sich gegenüber der Berechnungsweise des Familiengerichts eine Änderung insoweit, dass auf Seiten der Klägerin geringere berufsbedingte Fahrtkosten zu berücksichtigen sind und auf Seiten des Beklagten anstelle der Pkw-Kreditrate die berufsbedingten Fahrtkosten von seinem Einkommen abzuziehen sind.

Die berufsbedingten Fahrtkosten der Klägerin hält der Senat mit monatlich 550,00 DM für angemessen berücksichtigt. Dabei ist bei einer einfachen Wegstrecke zwischen der Wohnung der Klägerin und ihrer Arbeitsstelle von 50 km und 220 Arbeitstagen ein Kilometersatz von 0,30 DM zugrunde gelegt worden. Diese von Ziffer 6 der Hammer Leitlinien abweichende Ermittlung der berufsbedingten Fahrtkosten entspricht der ständigen Rechtsprechung des Senats bei „Vielfahrern” und findet ihre Rechtfertigung, darin, dass bei Fahrleistungen von deutlich mehr als 15.000 km jährlich die mit der Haltung eines Pkw verbundenen Festkosten bei einem Kilometersatz von 0,42 DM in einem Umgang Berücksichtigung finden würden, der den tatsächlichen Aufwand für einen Klein- bis Mittelklassewagen übersteigen würde. Von dem unstreitigen Nettoeinkommen der Klägerin im Jahr 1999 von monatlich 1.695,18 DM sind somit 550,00 DM berufsbedingte Fahrtkosten abzusetzen, so dass in die Differenzmethode einzustellendes bereinigtes monatliches Einkommen der Klägerin von 1.145,00 DM verbleibt. Entgegen der Auffassung des Beklagten muss sich die Klägerin nicht auf die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel verweisen lassen, da sie während des ehelichen Zusammenlebens für die Fahrten zur Arbeitsstelle ebenfalls einen Pkw benutzt hat und im übrigen neben ihrer Berufstätigkeit zwei Kinder im Alter von 15 und 16 Jahren zu betreuen hat, was besondere Belastungen in zeitlicher Hinsicht mit sich bringt. Der Umstand, dass es sich nicht um gemeinsame Kinder der Parteien handelt, ist für den Trennungsunterhalt ohne Bedeutung, da die Betreuung der Kinder die ehelichen Lebensverhältnisse geprägt hat. Aus dem gleichen Grunde kann die Klägerin während der Trennungszeit auch nicht auf eine vollschichtige Erwerbstätigkeit anstelle ihrer derzeit ausgeübten Teilzeittätigkeit verwiesen werden.

Auf Seiten des Beklagten ist für 1999 von dem unstreitigen monatlichen Nettoeinkommen von 4.290,25 DM auszugehen. Hiervon abzusetzen sind die berufsbedingten Fahrtkosten mit monatlich 231,00 DM (15 km × 2 × 220 Tage × 0,42 DM: 12 Monate). Daneben kann die Kreditrate für den Pkw von monatlich 552,21 DM nicht zusätzlich einkommensmindernd berücksichtigt werden. Nach nochmaliger Prüfung hält der Senat an der im Verhandlungstermin geäußerten gegenteiligen Auffassung und einer entsprechenden früheren Handhabung im Einzelfall nicht fest.

Bei dem Pkw-Kredit handelt es sich zwar um eine Verbindlichkeit, die aus der Zeit des Zusammenlebens der Parteien herrührt und somit ihre ehelichen Lebensverhältnisse geprägt hat, jedoch ist andererseits auch von der Benutzung des Pkw eine die ehelichen Lebensverhältnisse prägende Wirkung ausgegangen. Es handelt sich um Nutzungen im Sinne des § 100 BGB, die als geldwerter Vorteil dem Einkommen hinzuzurechnen sind. Insoweit gelten die gleichen Erwägungen wie bei dem Vorteil des mietfreien Wohnens im Eigenheim (vgl. zuletzt BGH FamRZ 2000, 950). Werden die Nutzungen nach der Trennung der Eheleute nur noch von einem Ehepartner gezogen, so sind sie diesem grundsätzlich als geldwerter Vorteil zuzurechnen, es sei denn er würde aufgrund der durch die Trennung geänderten persönlichen Verhältnisse keinen oder zumindest einen kleinen Pkw benutzen, wenn nicht aus der Zeit des Zusammenlebens ein Pkw zur Verfügung stünde. Auch insoweit sind ähnliche Überlegungen anzustellen wie bei der Frage des Wohnwertes unter dem Gesichtspunkt der Nutzung des sogenannten toten Kapitals. Dies führt im Ergebnis dazu, dass den Aufwendungen für die Nutzung des Pkw, die nach der Trennung der Eheleute ein Ehegatte allein zieht, der geldwerte Vorte...

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