Entscheidungsstichwort (Thema)
Behinderten-Pauschbetrag wird bei Unterhaltsbedarf nicht berücksichtigt. Nachehelicher Unterhalt: Einkommensermittlung zur Berechnung von Elementar- und Altersvorsorgeunterhalt. Berücksichtigungsfähigkeit eines steuerlich gewährten Behinderten-Pauschbetrages für ein Kind
Leitsatz (redaktionell)
Einkommen, das aus einem dem unterhaltspflichtigen Ehegatten für ein behindertes Kind gewährten Steuerfreibetrag resultiert (sog. Behinderten-Pauschbetrag), ist bei der Ermittlung des Unterhaltsbedarfs nach § 1578 Abs. 1 BGB nicht zu berücksichtigen.
Normenkette
EStG § 33b Abs. 5; BGB § 1573 Abs. 2, § 1578 Abs. 1
Verfahrensgang
AG Herne (Aktenzeichen 16 F 402/04) |
Tenor
Der Antragsteller wird verurteilt, an die Antragsgegnerin Nachscheidungsunterhalt
- für die Zeit vom 3.3. bis zum 31.12.2007 i.H.v. monatlich 127,58 EUR, davon 25,62 EUR Altersvorsorgeunterhalt und 101,96 EUR Elementarunterhalt, und
- für die Zeit ab dem 1.1.2008 i.H.v. monatlich 282,94 EUR, davon 56,94 EUR Altersvorsorgeunterhalt und 226 EUR Elementarunterhalt,
zu zahlen;
die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen; der weitergehende Antrag wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten der Berufung werden gegeneinander aufgehoben.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
(abgekürzt nach § 540 Abs. 1 ZPO):
I. Die Parteien schlossen am 16.12.1988 die Ehe miteinander, aus der der am 23.5.1990 geborene Sohn M. hervorgegangen ist, der wegen seiner Diabetes als behindert gilt und der im Haushalt der Antragsgegnerin lebt. Die Parteien trennten sich am 12.12.2002. Der Antragsteller ist Bühnentechniker bei ... Die Antragsgegnerin ist seit Dezember 2006 wieder in ihrem Beruf als Arzthelferin vollschichtig tätig. Im gemeinsamen Eigentum der Parteien steht die frühere Ehewohnung (Größe 63,31 m2) in einem Mehrfamilienhaus, die der Antragsteller weiterhin nutzt. Über die Frage der Asbestbelastung von Abluftkanälen und damit verbundener Sanierungskosten schwebt ein Rechtsstreit mit der Eigentümer-Gemeinschaft. Im Jahre 1994 nahm der Antragsteller bei seinem Bruder ein mit 2 % p.a. verzinsliches Darlehen über 35.000 DM im Zusammenhang mit der Ablösung eines Arbeitgeber-Darlehens auf, das entsprechend dem handschriftlichen Vertrag "je nach Möglichkeit" des Antragstellers und "je nach.. Notwendigkeit" des Darlehensgebers zurückgezahlt werden sollte. Seit September 2003 tilgt der Antragsteller dieses Darlehen mit monatlich 300 EUR. Der Antragsteller bringt Grundbesitzabgaben (monatlich 17,79 EUR), "Hausgeld" (211 EUR) sowie Versicherungsprämien (monatlich 10,51 EUR) auf. Der Unterhalt für M. ist in einer Jugendamtsurkunde vom 1.8.2005 mit dem Zahlbetrag von 316 EUR tituliert. Das Scheidungsurteil ist seit dem 3.3.2007 rechtskräftig.
Die Antragsgegnerin, die bis Dezember 2006 noch als Reinigungskraft mit 25 Wochenstunden tätig war, hat die Auffassung vertreten, angesichts der Diabetes-Erkrankung des Sohnes keiner weitergehenden Tätigkeit nachgehen zu müssen. Sie hat behauptet, der Mietwert der im gemeinsamen Eigentum stehenden Wohnung belaufe sich bei einem Mietzins von 5,48 EUR/m2 auf 346,93 EUR; davon seien keine Abzüge mehr vorzunehmen. Sie hat weiter gemeint, die Rückzahlung des Darlehens an den Bruder des Antragstellers könne bei der Unterhaltsermittlung keine Berücksichtigung finden, da eine entsprechende Verpflichtung des Antragstellers nicht bestehe. Überdies müsse er sich daran festhalten lassen, die Darlehensverbindlichkeit im Rahmen des Zugewinnausgleichs heranzuziehen, weil er sie vorprozessual in voller Höhe als eigene Verbindlichkeit abgesetzt habe.
Sie hat beantragt, den Antragsteller zu verurteilen, an sie nachehelichen Unterhalt i.H.v. 682 EUR monatlich, davon 136 EUR Altersvorsorgeunterhalt, zu zahlen.
Der Antragsteller hat beantragt den Antrag abzuweisen, hilfsweise den Unterhaltsanspruch zu befristen.
Er hat die Auffassung vertreten, die Antragsgegnerin verletzte ihre Obliegenheit zur vollschichtigen Tätigkeit. Als Arzthelferin könne sie 1.230 EUR netto monatlich verdienen. Ihre Bewerbungsbemühungen seien unzureichend. Schon damit verbleibe kein Raum mehr für einen Anspruch auf Aufstockungsunterhalt. Auf seiner Seite seien hingegen sowohl die Kreditrate von 300 EUR als auch der Umstand zu berücksichtigen, dass der Mietwert der Wohnung aufgrund einer Asbestbelastung um ca. 70 % gemindert sei, so dass keinerlei positiver Wohnwert mehr verbleibe.
Das FamG hat der Klage in Höhe eines monatlichen Anspruchs von 349 EUR (davon 70 EUR Altersvorsorgeunterhalt) stattgegeben. Dabei hat es der Antragsgegnerin ein bereinigtes monatliches Netto-Einkommen von 1.100 EUR aus vollschichtiger Tätigkeit zugeschrieben, dem Antragsteller ein solches von 2.171,70 EUR, worin ein Wohnvorteil von 107,70 EUR (auf der Basis eines objektiven Wohnwertes von 347 EUR und Belastungen i.H.v. 239,30 EUR) enthalten ist.
Mit seiner Berufung verfolgt der Antragsteller seinen Abweisungsantrag weiter. Er meint, das Urteil des FamG verstoße ge...