Leitsatz (amtlich)
1. Wenn es unstreitig ist, in welchen Räumen ein Wasserschaden aufgetreten ist und wenn bereits eine Teilregulierung des Schadens erfolgt ist, dann stellt ein Gericht übersteigerte Anforderungen an die Substantiierungslast des Versicherungsnehmers für Ansprüche aus der Wohngebäudeversicherung, wenn es für die Schlüssigkeit der Klage die Darlegung verlangt, welcher Gebäudeschaden durch geplatzte Rohre entstanden, wie viele und an welchen Stellen die Rohre geplatzt, in welchen Räumen in welchem Umfang dadurch Wasser ausgetreten und welche Gebäudeteile, insbesondere welche Wände und Wandteile und welcher Teil der Decken und/oder des Bodens in Mitleidenschaft gezogen seien.
2. Mit derart weitgehenden Anforderungen an die Substantiierung muss auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbevollmächtigter nicht rechnen, so dass es eines hierauf bezogenen ausdrücklichen Hinweises nach § 139 Abs. 1, Abs. 2 ZPO bedarf, bei dessen Fehlen eine Aufhebung und Zurückverweisung nach § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO in Betracht kommt.
Verfahrensgang
LG Arnsberg (Urteil vom 20.01.2011; Aktenzeichen 2 O 270/10) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das am 20.1.2011 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des LG Arnsberg einschließlich des zugrunde liegenden Verfahrens aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Berufungsinstanz, an das LG Arnsberg zurückverwiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
A. Der Kläger ist Eigentümer der Immobilie in A und begehrt aus Anlass eines - dem Grunde nach unstreitigen - Leitungswasserschadens vom 4.12.2009, den die Beklagte vorprozessual bereits mit 15.000 EUR reguliert hat, restliche Entschädigungsleistungen aus einer bei der Beklagten unterhaltenen Wohngebäudeversicherung.
Unstreitig platzten im Dezember 2009 frostbedingt an diversen Stellen des v.g. Gebäudes Wasserleitungen. Ebenfalls unstreitig war das Gebäude vom Ober- bis zum Untergeschoss durch auslaufendes Wasser betroffen. Die Parteien streiten, nachdem die Beklagte vorprozessual auf den entstandenen Schaden bereits 15.000 EUR gezahlt hat, allein um die Höhe des Schadens, den der Kläger unter Verweis auf das von ihm vorprozessual in Auftrag gegebene Gutachten des Sachverständigen F vom 13.12.2009 betreffend den Gebäudeschaden (= Anlage 2 zur Klageschrift vom 15.4.2010), den Kostenvoranschlag der Fa. G vom 16.12.2009 betreffend die Kosten der Heizungsreparatur (= Anlage 4 zur Klageschrift), den Kostenvoranschlag der Fa. S vom 14.12.2009 betreffend die Elektroinstallationen (= Anlage 3 zur Klageschrift) sowie die Rechnung der Fa. E vom 22.2.2010 (= Anlage 5a zur Klageschrift) über die tatsächlich zur Schadensbeseitigung ausgeführten Arbeiten mit insgesamt 46.648 EUR beziffert. Demgegenüber geht die Beklagte unter Verweis auf das von ihr vorprozessual in Auftrag gegebene Gutachten des Sachverständigen W vom 4.2.2010 (= Anlage 6 zur Klageschrift) von einem Gesamtschaden i.H.v. lediglich 14.114,88 EUR aus.
Der Kläger hat mit näherer Darlegung behauptet, dass die von der Fa. E in der Zeit vom 10.01. bis 22.2.2010 durchgeführten und in der o.g. Rechnung vom 22.2.2010 ausgewiesenen Arbeiten zur vollständigen Beseitigung des in Rede stehenden Wasserschadens erforderlich gewesen seien. Insbesondere lägen vom Versicherungsfall unabhängige Schäden durch aufsteigende Feuchtigkeit nicht vor.
Auf Antrag der Beklagten hat das LG im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 14.10.2010 ein klageabweisendes Versäumnisurteil erlassen. Gegen dieses Versäumnisurteil hat der Kläger mit Schriftsatz vom 28.10.2010 form- und fristgerecht Einspruch eingelegt und beantragt, die Beklagte unter Aufhebung des Versäumnisurteils vom 14.10.2010 zu verurteilen, an ihn 30.648 EUR nebst 5 % Zinsen i.H.v. 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, das Versäumnisurteil vom 14.10.2010 aufrechtzuerhalten.
Sie hat unter Verweis auf das von ihr in Auftrag gegebene o.g. Gutachten des Sachverständigen W vom 4.2.2010 sowie ihre Leistungsabrechung vom 19.3.2010 (Anlage B 1 zur Klageerwiderung vom 25.8.2010, Bl. 20 d.A.) die Ansicht vertreten, dass der in Rede stehende Wasserschaden bereits überzahlt sei. Hierzu hat sie mit näherer Darlegung die vom Kläger geltend gemachten Schadenspositionen, insbesondere die in Ansatz gebrachten Mengen und Preise sowie die Erforderlichkeit der geltend gemachten Rückbauarbeiten (i. e. Beseitigung von Wand- und Bodenbelägen, Ausbau und Entsorgung von Türzargen und -blättern, Rohrleitungskästen, Treppenunterbauten etc.) im Einzelnen bestritten.
Das LG hat die Klage ohne Beweisaufnahme abgewiesen mit der Begründung, dass der Kläger den geltend gemachten Entschädigungsanspruch nicht schlüssig dargelegt habe. Zwar sei zwischen den Parteien unstreitig, dass es durch Platzen von Rohrleitungen zu einem Wasserschaden im Gebäude gekommen sei. Der Kläger habe aber nicht substantiiert, welcher Schaden auf das Platzen der Rohrleitungen...