Verfahrensgang
LG Essen (Urteil vom 04.12.1992; Aktenzeichen 3 O 368/92) |
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das am 04. Dezember 1992 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Essen abgeändert.
Es wird klargestellt, daß das Räumungsbegehren infolge übereinstimmender Erledigungserklärung in der Hauptsache erledigt ist.
Die Zahlungsklage wird, soweit der Beklagte zur Zahlung von mehr als 1.100,00 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 08.08.1992 verurteilt worden ist, abgewiesen.
Von den erstinstanzlichen Kosten tragen der Kläger 3/10, der Bekagte 7/10.
Die Kosten der zweiten Instanz werden dem Kläger zu 3/5 und dem Beklagten zu 2/5 auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beschwer beider Parteien liegt unter 60.000,00 DM.
Tatbestand
Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.
Entscheidungsgründe
I.
Die Berufung, soweit darüber nach der übereinstimmenden Erledigungserklärung bezüglich des Räumungsantrages noch zu entscheiden ist, hat Erfolg. Der Kläger kann vom Beklagten (jedenfalls) nicht mehr als die 1.100,00 DM nebst Zinsen verlangen, deretwegen der Beklagte das Urteil des Landgerichts hinnimmt.
Dem Kläger fehlen Prozeßführungsbefugnis und Aktivlegitimation für die Geltendmachung des Zahlungsanspruchs von (ausgeurteilten 6.497,36 DM abzüglich von der Berufung zugestandener 1.100,00 DM =) 5.397,36 DM, über den die Parteien im Berufungsverfahren noch streiten.
Der Zwangsverwalter darf, als Partei kraft Amtes, gemäß § 152 ZVG zwar die Ansprüche geltend machen, auf die sich die Beschlagnahme des Grundstücks erstreckt, und zu diesen Ansprüchen gehören gemäß §§ 148 Abs. 1 S. 1, 21 Abs. 1 ZVG im Zwangsverwaltungsverfahren auch Miet- und Pachtzinsforderungen. Was vorliegend der Beklagte (allenfalls) noch schuldet, ist aber nicht Miet- oder Pachtzins. Der Pachvertrag zwischen ihm und dem Schuldner … von Oktober 1991 ist im Verhältnis der Parteien unwirksam.
Durch die Beschlagnahme, die gemäß §§ 22 Abs. I S. 1, 146 Abs. 1 ZVG mit Zustellung des Anordnungsbeschlusses vom 12.04.1991 an den Schuldner … (am 17.04.1991) wirksam wurde, ist … gemäß § 148 Abs. 2 ZVG die Verwaltung und Benutzung seines Teileigentums entzogen worden. Da zur Verwaltung auch die Vermietung oder Verpachtung gehört (Zeller/Stöber, ZVG, 13. Auflage, § 148 Rdnr. 3.1), war der Pachtvertrag im Verhältnis zum Kläger unwirksam. Daß der Kläger den Vertrag irgendwann genehmigt hätte, ist nicht ersichtlich. Seine nur „vorsorgliche” Kündigung vom 04.03.1992 ist dafür kein hinreichendes Indiz.
Der Beklagte schuldet deshalb keinen Pachtzins, sondern nur eine Nutzungsentschädigung gemäß § 812 BGB und für die Zeit ab Rechtshängigkeit (08.08.1992) auch gemäß § 987 Abs. 1 BGB.
Bereicherungsansprüche nach § 812 BGB sind nicht Miet- oder Pachtzinsansprüche im Sinne von §§ 148 Abs. 1 S. 1, 21 Abs. 1 ZVG und solchen auch nicht gleichzustellen. Miet- und Pachtzinsansprüche stehen in Zwangsverwaltungsverfahren dem Gläubiger zum Ausgleich dafür zur Befriedigung zu, daß er die vor Beschlagnahme geschlossenen Miet- und Pachtverträge hinnehmen muß (§ 152 Abs. 2 ZVG; vgl. OLG Düsseldorf NJW 1971, 2081). Dieses Surrogationsmotiv entfallt, wenn – wie hier – ein wirksamer Pachtvertrag gar nicht besteht und der Zwangsverwalter jederzeit Herausgabe des Grundstücks verlangen kann.
Anders mag es liegen, wenn der Pächter nach Beendigung eines (wirksamen) Pachtvertrages nicht räumt (vgl. zu dieser Fallgestaltung Wolf/Eckert, Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht- und Leasingrechts, 6. Auflage, Rdnr. 401); der dann resultierende Anspruch (aus § 584 b BGB, im Fall der Miete § 557 BGB) tritt praktisch an die Stelle des vorherigen Pacht- bzw. Mietzinsanspruchs und mag diesem dann zwangsverwaltungsrechtlich gleichzustellen sein. Ein solcher Fall liegt hier aber nicht vor, da der Pachtvertrag von Anfang an (relativ) unwirksam war.
Offenbleiben kann ferner, ob nicht der Anspruch aus § 987 BGB vom Zwangsverwalter geltend gemacht werden kann, da dieser Anspruch letztlich Surrogat für einen (nichterfüllten) Herausgabeanspruch ist, der unzweifelhaft der Verwaltung des Zwangsverwalters unterliegt. Der Anspruch beliefe sich nämlich vorliegend höchstens auf rund 200,00 DM (Nutzungsentschädigung von 800,00 DM abzüglich gezahlter 700,00 DM = 100,00 DM (eventuell zuzüglich Mehrwertsteuer) × knapp zwei Monate (08.08. bis 30.09.1992)), also weniger, als die vom Beklagten bereits zugestandenen 1.100,00 DM.
II.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92, 91 a ZPO. Sie berücksichtigt, daß der Räumungsantrag, eher er sich mit dem Eigentumserwerb des Beklagten im Zwangsversteigerungsverfahren erledigt hat, gemäß § 985 BGB begründet war; der Pachtvertrag mit dem Schuldner … war im Verhältnis zum Kläger unwirksam (siehe oben Ziffer I) und gab dem Beklagten folglich kein Besitzrecht gemäß § 986 Abs. 1 S. 1 BGB.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10 ZPO.
Unterschriften
Jendrek, Zigan, Brumberg
Fundstellen