Leitsatz (amtlich)

Werden dem Reiseveranstalter Reisemängel in Folge einer entsprechenden Mängelanzeige des Reiseteilnehmers bei der örtlichen Reiseleitung sowie das Ausbleiben einer Abhilfe der Mängel innerhalb der Frist des § 651 f. BGB bekannt, kann in dem ebenfalls fristgemäß zur Kenntnis gelangten Widerruf der Bankeinzugsermächtigung hinsichtlich des gesamten Reisepreises die Geltendmachung von Gewährleistungsansprüchen durch den Reiseteilnehmer liegen.

 

Verfahrensgang

LG Essen (Urteil vom 15.04.2008; Aktenzeichen 3 O 431/07)

 

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird - unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels - das am 15.4.2008 verkündete Teilanerkenntnis- und Schlussurteil der 3. Zivilkammer des LG Essen abgeändert und so neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 4.062 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 14.9.2007 zu zahlen.

Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des ersten Rechtszuges tragen die Klägerin zu einem Viertel und der Beklagte zu drei Vierteln.

Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin 54 % und der Beklagte 46 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

A. Die Klägerin begehrt Zahlung des vereinbarten Reisepreises von 5.288 EUR (+ 6 EUR Rücklastschriftgebühren) für eine Flugpauschalreise auf die T, die der Beklagte am 19.12.2006 über ihre Reiseagentur M gebucht und mit der Zeugin J in der Zeit vom 25.12.2006 bis 6.1.2007 durchgeführt hatte. Der Beklagte hat während des Rechtsstreits die Forderung i.H.v. von 2.600 EUR anerkannt und sich für die Verweigerung der Restzahlung auf - erstinstanzlich unstreitig gewordene - Mangelhaftigkeit des gebuchten Hotels, deretwegen er und seine Begleiterin auf eigene Kosten ein anderes Hotel am Urlaubsort in Anspruch genommen haben, berufen.

Das LG hat der Klage durch das angefochtene Teilanerkenntnis- und Schlussurteil in voller Höhe stattgegeben, weil es Reisegewährleistungsansprüche des Beklagten wegen Nichteinhaltung der Monatsfrist des § 651g I 1 BGB für die Geltendmachung ausgeschlossen erachtet hat.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes bis zum Abschluss der ersten Instanz wird auf das angefochtene Urteil einschließlich seiner Entscheidungsgründe Bezug genommen.

Mit seiner Berufung beantragt der Beklagte - soweit nicht anerkannt - weiterhin Klagabweisung.

Er rügt, das LG habe materiell-rechtlich fehlerhaft verkannt, dass er selbst noch während der Reise ggü. der örtlichen Reiseleitung der Klägerin die Mängel des Hotels angezeigt und Gewährleistungsrechte geltend gemacht habe. Er behauptet, am 26.12.2006 ggü. der Reiseleiterin über die erstinstanzlich vorgetragene Mängelanzeige und das Abhilfeverlangen hinaus auch unmissverständlich die Geltendmachung von Gewährleistungsrechten und insbesondere die Kündigung erklärt zu haben und benennt auch dafür den Zeugen C, den zu vernehmen das LG versäumt habe. Dieses habe ebenfalls bei seiner Beweiswürdigung verkannt, dass die Zeugin J die Mängelrüge und Zurückweisung des nicht vertragsgemäßen Hotels sowie das - nach seiner Auffassung nicht akzeptable - Ausweichangebot der Reiseleiterin bei ihrer Vernehmung bestätigt habe.

Jedenfalls durch seinen Widerruf der Bankeinzugsermächtigung für die vereinbarte Vergütung habe er, für die Klägerin aus der kompletten Rückbuchung des Reisepreises erkennbar, Gewährleistungsrechte geltend gemacht.

Er meint, aus der Mangelhaftigkeit des Hotels begründe sich eine Minderung des Reisepreises um 70 %. Außerdem errechnet er sich einen Schadensersatzanspruch wegen vertanen Urlaubs i.H.v. 60 EUR pro Tag, mithin 720 EUR.

Hilfsweise erklärt er die Aufrechnung mit einem Ersatzanspruch für seine Aufwendungen zur Anmietung zweier Ersatzhotelzimmer i.H.v. 1.066 EUR.

Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält an ihrem Sachvortrag fest, verteidigt das angefochtene Urteil, bestreitet eine Anmeldung von Gewährleistungsansprüchen ggü. der örtlichen Reiseleitung und rügt entsprechenden Sachvortrag des Beklagten als zweitinstanzlich verspätet.

B. Die Berufung hat zum Teil Erfolg, weil die vom LG über das Anerkenntnis hinaus mit 2.688 EUR zugesprochene Vergütungsforderung der Klägerin aus § 651a I S. 2 BGB i.H.v. 100 EUR wegen eines Reisemangels gemindert und i.H.v. 1.126 EUR durch Aufrechnung mit Schadenersatzansprüchen des Beklagten erloschen ist.

I. Die Reiseleistung der Klägerin war i.S.v. § 651c BGB mangelhaft, denn es ist nach Tatbestand und Entscheidungsgründen des LGU ausdrücklich unstreitig, dass sich das gebuchte Hotel infolge Anhaftung von Schimmel, Dreck und Uringestank in einem "nicht hinnehmbaren Zustand" befand. Dagegen wehrt sich die Klägerin auch in der Berufungsinstanz nicht.

II. Entgegen der Auffassung des LG sind jedoch Gewährleistungsansprüche des Beklagten nicht deshalb ausgeschlossen, weil der Beklagte die grundsätzlich ab vertraglichem Reiseende laufende Monatsfrist des § 651g I BGB für ihre Anmeldung nicht eingehalten hätte.

a) Nach Beendigung der R...

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