Entscheidungsstichwort (Thema)
Nachehelicher Unterhalt: Bewerbungsbemühungen des arbeitslosen Unterhaltsverpflichteten
Leitsatz (redaktionell)
Hat der arbeitslose Unterhaltsverpflichtete umfangreiche Bewerbungsbemühungen sowohl über das Arbeitsamt als auch über Zeitungsannoncen dargelegt und glaubhaft gemacht, kann ihm bei der Berechnung des nachehelichen Unterhalts kein fiktives Einkommen mehr zugerechnet werden.
Normenkette
BGB §§ 1570, 1573
Verfahrensgang
AG Blomberg (Urteil vom 23.09.2005; Aktenzeichen 3 F 281/03) |
Tenor
Auf die Berufung des Antragstellers wird das am 23.9.2005 verkündete Urteil des AG - FamG - Blomberg im Ausspruch zum nachehelichen Unterhalt (Ziff. 3. des Tenors) abgeändert.
Die Klage der Antragsgegnerin auf nachehelichen Unterhalt wird abgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Antragsgegnerin.
Hinsichtlich der Kosten des Verfahrens erster Instanz verbleibt es bei der Kostenentscheidung des AG - FamG - Blomberg.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Die Parteien haben am 17.10.1987 vor dem Standesamt in P/Russland die Ehe geschlossen. Sie sind im Jahr 1994 in die Bundesrepublik Deutschland übergesiedelt und nunmehr beide deutsche Staatsangehörige. Aus ihrer Ehe sind zwei Kinder hervorgegangen: die am 2.4.1988 geborene Tochter N und der am 25.10.1996 geborene Sohn N2. Beide Kinder leben bei der Antragsgegnerin. Die Tochter hat zum 1.8.2005 eine Ausbildung zur Friseurin begonnen; der Sohn N2 besucht die 3. Schulklasse.
Der Antragsteller hat in Russland den Beruf des Schweißers erlernt. Er hat vor der Übersiedlung nach Deutschland in einer Kolchose gearbeitet und dort alle in einem großen landwirtschaftlichen Betrieb anfallenden Arbeiten erledigt. In Deutschland hat er in 1995/1996 eine Umschulung zum Tischler absolviert. Danach war er bis zum 12.2.2002 vollschichtig erwerbstätig, allerdings nur kurzfristig in dem Beruf als Tischler und zum Teil auch nur in befristeten Arbeitsverhältnissen. Danach war der Antragsteller fast durchgängig arbeitslos, unterbrochen lediglich durch von vornherein kurzzeitig befristeten oder noch in der Probezeit beendeten Beschäftigungsverhältnissen.
In dem Verfahren -3 F 50/03, AG Blomberg ist der Antragsteller mit Urteil vom 31.10.2003 zur Zahlung von Trennungsunterhalt ab August 2002 an die Antragsgegnerin verpflichtet worden. Für die hiergegen gerichtete Berufung des Antragstellers hat der Senat mit Beschlüssen vom 9.2.2004 und vom 4.3.2004 - 6 UF 240/03 - die Gewährung von Prozesskostenhilfe versagt. Zur Begründung hat er im Wesentlichen ausgeführt, dass dem Antragsteller mangels hinreichender Erwerbsbemühungen ein monatliches Nettoeinkommen von 1.500 EUR fiktiv zuzurechnen und der Antragsgegner daher in Hinsicht auf den ausgeurteilten Trennungs- und auch Kindesunterhalt als leistungsfähig zu behandeln sei.
Die Parteien streiten nun im Wesentlichen um die Frage, ob diese Fiktion auch noch für die Zeit nach der Scheidung der Ehe aufrechtzuerhalten ist oder ob der Antragsteller inzwischen hinreichende Erwerbsbemühungen entfaltet und dargelegt hat.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes sowie des Parteivorbringens und der Anträge in erster Instanz wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.
Das AG hat der auf nachehelichen Unterhalt von monatlich 241 EUR gerichteten Klage lediglich i.H.v. 193 EUR monatlich stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen.
Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Antragsgegnerin könne vom Antragsteller gem. §§ 1569, 1570 BGB wegen der Betreuung und Versorgung der beiden gemeinsamen minderjährigen Kinder nachehelichen Unterhalt von 193 EUR monatlich verlangen.
Die Antragsgegnerin sei wegen des Alters des jüngeren Sohnes N2 keinesfalls verpflichtet, ihre Erwerbstätigkeit über das bislang ausgeübte Maß hinaus auszuweiten.
Der Antragsteller berufe sich hingegen ohne Erfolg auf eine mangelnde Leistungsfähigkeit. Zwar habe er ab dem 1.1.2005 nur noch Leistungen nach dem SGB II i.H.v. 499,81 EUR erhalten. Ihm seien aber fiktive Einkünfte von monatlich 1.500 EUR netto weiter zuzurechnen, die er während seiner Arbeit bei der Fa. Q in C in 2000/2001 erzielt habe und die er bei Entfaltung hinreichender Bewerbungsbemühungen auch weiter hätte erzielen können. Zum einen habe er bislang nicht nachvollziehbar dargelegt, aus welchem Grund das Arbeitsverhältnis bei der Fa. Q seinerzeit beendet worden sei. Zum anderen habe er hinreichende Bewerbungsbemühungen nicht dargetan (was im Einzelnen ausgeführt wird). Weiterhin könne er sich auch nicht pauschal darauf berufen, dass die Arbeitsmarktsituation und das Lohnniveau im Handwerk ein Nettoeinkommen von durchschnittlich monatlich 1.500 EUR nicht zulassen würden.
Auch der Umstand, dass der Antragsteller nunmehr nach Steuerklasse I und mit 1,0 Kinderfreibetrag zu versteuern habe, lasse ein Nettoeinkommen von 1.500 EUR nicht unmöglich erscheinen. Insoweit sei er auf die Inanspruchnahme des begrenzten Realsplittings zu verweisen.
Sodann sei der Un...