Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Werbung mit Geburtstagsrabatten
Leitsatz (amtlich)
1. Es ist nicht rechtsmissbräuchlich, wenn der Kläger einen Gerichtsstand nach den Erfolgsaussichten auswählt.
2. Es stellt keine irreführende Alterswerbung dar, wenn zum 5-jährigen Geburtstag eines Unternehmens mit einem Geburtstagsrabatt geworben wird, der gegenwärtige Unternehmensinhaber das Unternehmen aber nicht seit 5 Jahren betreibt. Die Behauptung ist wahr, da es nicht auf die Identität des Unternehmensträgers, sondern auf die Kontinuität des Unternehmens ankommt. Der Wechsel des Inhabers hat für den Verbraucher im Hinblick auf die Unternehmenskontinuität, an die er die Vorstellung von Zuverlässigkeit und Qualität anknüpft, bei gleichem Warenbestand, gleichem Ladenlokal und gleichem Personal keine Bedeutung.
3. Ebenso stellt es keine irreführende Alterswerbung dar, wenn eine Werbung ein geringeres als das tatsächliche Alter im Sinne der Unternehmenskontinuität, hier 5 statt 7 Jahre, zum Ausdruck bringt.
Verfahrensgang
LG Essen (Urteil vom 06.06.2011; Aktenzeichen 44 O 90/10) |
Tenor
Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 4. Kammer für Han-delssachen des LG Essen vom 6.6.2011 abgeändert und die Klage vollständig abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Gründe
A. Die Parteien vertreiben über das Internet Produkte zur Nagelpflege. Die Beklagte verkauft solche Ware auch in ihrem Ladenlokal in O2. In Newslettern, die an eine Vielzahl von Empfängern gerichtet waren, warb die Beklagte mit einer Ausgabe vom 31.5.2010 noch im Juni mit der Aussage: "Wir feiern 5 Jahre Nailsdepot"(GA 13) und der Grafik "Happy Birthday" (GA 4) und bot den Kauf von Waren zu einem Rabatt von 30 % an. Unstreitig hatte die Beklagte das Unternehmen, das schon eine Reihe von Jahren bestand, im März 2010 von dem bisherigen Inhaber, dem Zeugen N, übernommen.
Der Kläger hat diese Werbung aus dem Grunde für irreführend gehalten, weil bei den angesprochenen Verbrauchern der unrichtige Eindruck erweckt werde, die Beklagte selbst sei schon fünf Jahre in dem Unternehmen German NailsDepot tätig. Er hat die Beklagte nach einer Berechtigungsanfrage mit Schreiben vom 1.7.2010 wegen einer solchen irreführenden Werbung abgemahnt und zur Zahlung der für die Abmahnung anfallenden Anwaltskosten von 1.005,40 EUR nach einem Streitwert von 30.000 EUR erfolglos aufgefordert.
Mit der vorliegenden Klage hat der Kläger neben der Erstattung der Abmahnkosten i.H.v. 1.005,40 EUR nebst Zinsen, hilfsweise Freistellung von einer solchen Forderung des Rechtsanwalts Dr. T2 vom 12.7.2010, von der Beklagten verlangt, es unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr mit Produkten zur Nagelpflege in der Werbung den Eindruck zu erwecken, sie betreibe den Betrieb unter der Geschäftsbezeichnung "German NailsDepot" seit 5 Jahren, wie geschehen in der Newsletterwerbung im Juni 2010 u.a. mit der Darstellung wenn dies nicht tatsächlich der Fall ist.
Nach einem Hinweis der Kammer in der mündlichen Verhandlung vom 17.11.2010 hat der Kläger seinen Unterlassungsantrag vorsorglich auch darauf gestützt, dass das von der Beklagten vom Zeugen N übernommene Unternehmen nicht fünf Jahre, sondern nach seiner Gründung sieben Jahre am Markt tätig gewesen sei, wie sich aus einer Zeugenaussage ihrer Steuerberaterin G in einem anderen Verfahren ergebe. Das im Juni 2010 beworbene Jubiläum könne somit ohnehin nicht zutreffend gewesen sein.
Die Beklagte hat sich gegen die Klage verteidigt. Sie hat geltend gemacht, dass das von ihr übernommene Unternehmen, auf das es ankomme, im Juni 2010 wenigstens fünf Jahre bestanden habe. Es habe unter dem jetzigen Namen die Geschäftsräume im jetzigen Lokal im März 2005 bezogen und seit April/Mai 2005 dort Zubehör für Nagelstudios gelagert und verkauft. Eine etwaige im Hinblick auf den genauen Geburtstag unrichtige Werbung sei auch nicht wettbewerbsrechtlich relevant. Sie hält die Klage für rechtsmissbräuchlich, wie sich insbesondere aus der Wahl des von den Betriebssitzen der Parteien so weit entfernten Gerichtsstands ergebe.
Das LG hat es der Beklagten bei Meidung der gesetzlichen Ordnungsmittel untersagt, im geschäftlichen Verkehr mit Produkten zur Nagelpflege in der Werbung den Eindruck zu erwecken, sie habe den Betrieb unter der Geschäftsbezeichnung "German NailsDepot" im Juni 2010 seit 5 Jahren betrieben, wie geschehen in der Newsletterwerbung im Juni 2010 u.a. mit der Darstellung wenn dies tatsächlich nicht der Fall ist, und die weiter gehende Klage abgewiesen.
Die Klage sei zulässig. Das LG sei örtlich zuständig, weil die beanstandete Internetwerbung auch im Bereich des LG Essen für Endkunden abrufbar gewesen sei. Es...