Leitsatz (amtlich)
Die Werbung für ein Zahngesundheitsprogramm als deutschlandweit "einziges Vollprogramm", bei dem der Patient zahnärztliche Leistungen erhält, ist irreführend und damit unzulässig, wenn nicht alle über die gesetzliche Regelversorgung hinausgehenden Leistungen angeboten werden.
Normenkette
UWG §§ 3, 5, 8
Verfahrensgang
LG Essen (Urteil vom 10.04.2013; Aktenzeichen 42 O 13/13) |
Tenor
Auf die Berufung der Antragsgegnerin wird das am 10.4.2013 verkündete Urteil der 2. Kammer für Handelssachen des LG Essen teilweise abgeändert:
Die einstweilige Verfügung wird teilweise aufgehoben. Der auf ihren Erlass gerichtete Verfügungsantrag wird zurückgewiesen, soweit es um die Verbote zu 1. b) und 2. geht.
Die weiter gehende Berufung wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtstreits tragen die Antragstellerin zu 1/3 und die Antragsgegnerin zu 2/3.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
A. Die Antragstellerin ist eine Gesellschaft, die auf die Erbringung von Managementdienstleistungen im Gesundheitswesen ausgerichtet ist. Sie hat mit über 50 Krankenkassen und Krankenversicherern Verträge über die besondere ambulante Versorgung mit vertragszahnärztlichen Leistungen nach § 73c SGB V abgeschlossen. Mithilfe dieser sog. Selektivverträge können für Teile der zahnärztlichen Versorgung für gesetzlich Krankenversicherte Versorgungsinhalte außerhalb der sog. Regelversorgung vereinbart werden. Als Träger einer Einrichtung, die eine besondere ambulante Versorgung vertragszahnärztlicher Leistungserbringer anbietet (§ 73c Abs. 3 Ziff. 3 SGB V) unterhält sie Verträge mit Zahnärzten, die die zahnärztlichen Leistungen erbringen, und einem Zahnlabor. Im Internet betreibt die Antragstellerin das Netzwerk "E" und wirbt auf ihrer Internetplattform www.*Internetadresse1*. de (Anlage AS1) um interessierte Zahnpatienten.
Wie die Antragstellerin bietet auch die Antragsgegnerin Managementdienstleistungen im Gesundheitswesen an. Sie hat hierfür mit 12 Krankenkassen Verträge über die besondere ambulante vertragszahnärztliche Versorgung nach § 73c SGB V abschlossen.
Auf ihrer Webseite www.*Internetadresse*. de warb die Antragsgegnerin am 20.3.2013 bei den Mitgliedern dieser Krankenkassen für ihr Zahngesundheitsprogramm, und zwar u.a. wie folgt:
"1. Leistungsgarantie
...
Es ist deutschlandweit das einzige Vollprogramm, bei dem Sie umfangreiche Leistungen zur Zahnvorsorge (PZR, Kinderprophylaxe), Zahnerhaltung (Kunststofffüllungen), für Zahnersatz (Kronen, Brücken, Prothesen) und für Implantate (auch Knochenaufbau und Sinuslift) erhalten.
...
2. Preisgarantie
...
Diese Festpreise und Pauschalen sind in Deutschland einzigartig. Sie bieten dem Patienten eine Transparenz, die er sonst nirgendwo in Deutschland bekommt. Dadurch sind Sie vor bösen Überraschungen und hohen Zuzahlungen geschützt, weil es hier keine frei kalkulierbaren Privatleistungen und Gebührenfaktoren gibt.
..."
Ferner findet sich auf einer gesonderten Unterseite folgende Aussage:
"Leistungsgarantie
Hier werden Sie besser behandelt."
Wegen der näheren Einzelheiten wird auf den als Anlage AS 2 zu den Akten gereichten Screenshot vom 20.3.2013 Bezug genommen.
Mit anwaltlichem Schreiben vom 8.3.2013 (Anlage AS 3) mahnte die Antragstellerin die Antragsgegnerin wegen irreführender Alleinstellungswerbung ab und forderte sie zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf. Dies lehnte die Antragsgegnerin ab.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien erster Instanz einschließlich der Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Auf Antrag vom 12.10.2012 hat das LG Essen der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Verfügung unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel aufgegeben, es zu unterlassen,
1. damit zu werben oder werben zu lassen,
a) dass das Zahngesundheits-Programm "X" deutschlandweit das einzige Vollprogramm ist, bei dem der Zahnpatient umfangreiche Leistungen zur Zahnvorsorge (PZR, Kinderprophylaxe), Zahnerhaltung (Kunststofffüllungen), für Zahnersatz (Kronen, Brücken, Prothesen) und für Implantate (auch Knochenaufbau und Sinuslift) erhält, und/oder
b) dass die Festpreise und Pauschalen des Zahngesundheits-Programmes "X" in Deutschland einzigartig sind und dem Zahnpatienten eine Transparenz bieten, die er sonst nirgendwo in Deutschland bekommt, wenn dies wie in der sodann im Tenor eingefügten Anlage AS 2 (Bl. 24 d.A.) geschieht.
2. das Zahngesundheits-Programm "X" mit der Aussage "Leistungsgarantie- Hier werden Sie besser behandelt" zu bewerben oder bewerben zu lassen, wenn dies wie in der sodann im Tenor eingefügten Anlage AS 2 (Bl. 25 d.A.) geschieht.
Es hat dies wie folgt begründet:
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sei zulässig und begründet.
Der Verfügungsanspruch bezüglich des Antrags zu Ziff. 1. a) folge jedenfalls aus §§ 5 Abs. 1 Ziff. 1 i.V.m. § 8 Abs. 3 Ziff. 1 UWG. Die Parteien seien Mitbewerber.
Die mit Ziff. 1. a) verfolgte Unterlassungshandlung betreffe eine Werbeaussage, die eine irreführende Alleinstellung betreffe...