Leitsatz (amtlich)

1. Das Versorgungskrankengeld im Sinne des § 16 BVG ist mit einem Schadenersatzanspruch wegen entgangenen Arbeitsentgelts kongruent.

2. § 81a Abs. 1 S. 3 BVG begründet im Gegensatz zu § 116 Abs. 3 SGB X ein uneingeschränktes Quotenvorrecht des Verletzten.

3. Das Quotenvorrecht des § 81a BVG ist auch dann zu beachten, wenn der Geschädigte mit dem Schädiger beziehungsweise der Haftpflichtversicherung des Schädigers einen Abfindungsvergleich geschlossen hat, wobei zur Feststellung der Wirkungen des Quotenvorrechts auf die übergegangenen Schadenersatzansprüche des Verletzten abzustellen ist.

 

Normenkette

SGB X § 116 Abs. 3; BVG §§ 16, 81a

 

Verfahrensgang

LG Dortmund (Aktenzeichen 21 O 369/00)

 

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird – unter Zurückweisung des Rechtsmittels i.Ü. – das am 17.1.2001 verkündete Urteil der 21. Zivilkammer des LG Dortmund abgeändert.

Der Beklagte bleibt verurteilt, an das klagende Land 10.416,09 DM nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank aus 6.767,54 DM seit dem 15.7.2000 und von weiteren 3.648,55 DM seit dem 25.10.2000 zu zahlen.

Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, dem klagenden Land übergangsfähige Aufwendungen zu ersetzen, welche auf den Verkehrsunfall vom 6.5.1990 in K., Kreuzung L.H. bei dem Herr G.R., geb. am 28.1.1968, verletzt worden ist, zurückzuführen sind, auf der Basis einer Haftung des Beklagten dem Grunde nach zu 50 % und unter Beachtung des Quotenvorrechts des Geschädigten R. gem. § 81a BVG.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des gesamten Rechtsstreits tragen das klagende Land 40 % und der Beklagte 60 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Es beschwert das klagende Land i.H.v. 9.890,67 DM und den Beklagten um 15.416,09 DM.

 

Tatbestand

Das klagende Land nimmt den Beklagten aus übergegangenem Recht gem. § 81a Bundesversorgungsgesetz auf Schadenersatz und Feststellung der Ersatzpflicht in Anspruch.

Der Leistungsempfänger, der frühere Bundeswehrsoldat G.R., verunfallte am 6.5.1990 mit seinem Motorrad auf dem Weg zu seiner Einheit in K. An dem Unfall beteiligt war der bei dem Beklagten haftpflichtversicherte W. Der Beklagte haftet für das Unfallgeschehen unstreitig dem Grunde nach mit einer Quote von 50 %. Der Leistungsempfänger R. erlitt unfallbedingt schwere Verletzungen (Stammhirnkontusion, Milzriss, Darmverletzungen, Symphysensprengung, Oberschenkelfraktur links, Innenknöchelfraktur links).

Unter dem 12.2.1992 schloss der Geschädigte R. mit dem Beklagten einen Abfindungsvergleich über 120.000 DM (Bl. 35 d.A.).

Nach der Entlassung des Geschädigten aus der Bundeswehr erkannte das Versorgungsamt Dortmund mit Bescheid vom 19.5.1992 Schädigungsfolgen mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 50 % an und gewährte eine Grundrente.

Der Beklagte zahlte im April 1993 auf Forderungen des Versorgungsträgers aus übergegangenem Recht unter Berücksichtigung der Haftungsquote von 50 % 21.437,80 DM.

Eine verletzungsbedingte Umschulungsmaßnahme von 1997–1999 musste der gelernte Fleischer aus gesundheitlichen Gründen abbrechen. Er ist seit September 1999 unfallbedingt arbeitsunfähig erkrankt und hat Ansprüche auf Zahlung von Versorgungskrankengeld. Seit dem 1.9.1999 wohnt der Geschädigte im Zuständigkeitsbereich des klagenden Landes. Mit Bescheid vom 5.4.2000 (Bl. 10, 11 d.A.) wurde seine Minderung der Erwerbsfähigkeit auf 60 % heraufgesetzt.

Mit der Klage hat das klagende Land Schadenersatz i.H.v. 50 % der an den Geschädigten im Zeitraum vom 1.10.1999 bis zum 25.7.2000 gezahlten Versorgungskrankengelder von 30.613,51 DM begehrt.

Das klagende Land hat die Auffassung vertreten, dass die Ansprüche in o.a. Höhe gem. § 81a BVG übergegangen seien.

Es hat beantragt,

1. den Beklagten zu verurteilen, an das klagende Land 15.306,76 DM nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank aus 8.539,22 DM seit Rechtshängigkeit (25.10.2000) und 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank aus 6.767,54 DM seit dem 15.7.2000 zu zahlen,

2. festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, dem klagenden Land 50 % sämtlicher übergangsfähiger Aufwendungen zu ersetzen, welche auf den Verkehrsunfall vom 6.5.1990 in K., an der Kreuzung L.Straße/H. bei dem Herr G.R., geboren am 28.1.1968, verletzt wurde, zurückzuführen sind.

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Der Beklagte ist der Meinung gewesen, dass ein Anspruchsübergang wegen des Abfindungsvergleichs und des Quotenvorrechts des Geschädigten nicht erfolgt sei.

Das LG hat der Klage stattgegeben und zur Begründung ausgeführt, der Schadenersatzanspruch sei bereits zum Zeitpunkt des schädigenden Ereignisses übergegangen, weshalb der Abfindungsvergleich keine Auswirkungen auf die gegenständlichen Ansprüche habe. Zahlungen des Beklagten an den Geschädigten hätten im Verhältnis zu dem klagenden Land keine Wirkungen gehabt, weil der Beklagte Kenntnis von dem Rechtsübergang gehabt habe. Das Quotenvorrecht des § 81a Abs. 1 S. 3 BVG stehe der Durchsetzun...

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