Leitsatz (amtlich)
1. Versicherungsagenten können Empfangsboten sein, auch wenn (abweichend von § 43 Nr. 2 VVG) in den Versicherungsbedingungen (wie z.B. in § 12 Abs. 1 Satz 3 ALB 86) bestimmt ist, dass die Agenten zur Entgegennahme von Erklärungen nicht "bevollmächtigt" sind (Bestätigung von OLG Hamm VersR 2001, 1499 = NVersZ 2001, 258 = r+s 2001, 399). Leitet ein solcher Agent eine ihm vom Versicherungsnehmer übergegebene Erklärung nicht an den Versicherer weiter, ist diese Erklärung dem Versicherer im Rechtssinne zugegangen zu dem Zeitpunkt, zu welchem nach dem regelmäßigen Lauf der Dinge mit dem Eingang dort zu rechnen war.
2. Als schriftliche Anzeige einer Abtretung durch den bisher Berechtigten (§ 13 Abs. 4 Satz 1 ALB 86) genügt es, wenn der abtretende Versicherungsnehmer eine von ihm und dem Abtretungsempfänger unterschriebene Abtretungsvereinbarung dem Versicherer übergibt.
3. Hat der Versicherungsnehmer Ansprüche aus einer Lebensversicherung zur Sicherheit an einen Dritten abgetreten und wird über das Vermögen des Versicherungsnehmers das Insolvenzverfahren eröffnet, so ist der Insolvenzverwalter gem. § 166 Abs. 2 InsO befugt, die Versicherung zu kündigen und den Rückkaufswert einzuziehen. Der absonderungsberechtigte Abtretungsempfänger hat einen Anspruch auf Auskehrung des Rückkaufswerts abzgl. der Feststellungs- und Verwertungskosten des Insolvenzverwalters gem. § 171 InsO.
Normenkette
ALB 86 §§ 12-13; VVG § 43; InsO § 166 Abs. 2, § 171
Verfahrensgang
LG Münster (Urteil vom 15.02.2007; Aktenzeichen 15 O 568/06) |
Tenor
Die Berufung der Kläger gegen das am 15.2.2007 verkündete Urteil der 15. Zivilkammer des LG Münster wird zurückgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten der Berufung.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Die Kläger gewährten ihrem Schwiegersohn ... im März 2003 Darlehen von insgesamt 50.000 EUR. Anschließend vereinbarten sie mit diesem unter dem 30.3.2003 schriftlich, dass er "zur Absicherung" Ansprüche aus drei bei der Beklagten genommenen Lebensversicherungen an sie abtrete.
Der Schwiegersohn der Kläger (im Folgenden: Versicherungsnehmer) übergab an einem der folgenden Tage ein Exemplar der Abtretungsvereinbarung dem Agenten A der Beklagten. Der Agent erklärt, damit sei alles in Ordnung. Die Abtretungsvereinbarung wurde der Beklagten nicht zugeleitet.
Die vereinbarten Versicherungsbedingungen sehen vor, dass die Abtretung nur wirksam ist, wenn sie der Beklagten ("uns") vom Berechtigten schriftlich angezeigt worden ist. Außerdem bestimmen die Bedingungen, dass Mitteilungen wirksam werden, wenn sie der Beklagten zugehen, und dass Versicherungsvertreter "zu ihrer Entgegennahme nicht bevollmächtigt" sind.
Über das Vermögen des Versicherungsnehmer wurde im November 2004 ein Insolvenzverfahren eröffnet. Der Insolvenzverwalter, der in erster Instanz diesem Rechtsstreit auf Seiten der Kläger beigetreten ist, erklärte die Kündigung der Versicherungsverträge und verlangte Auszahlung des Rückkaufswerts an sich. Die Kläger widersprachen einer Auszahlung an den Insolvenzverwalter. Die Beklagte stellte sich auf den Standpunkt, dass die Abtretung mangels Anzeige an sie unwirksam sei, und zahlte an den Insolvenzverwalter einen Betrag von insgesamt 31.086,04 EUR.
Mit ihrer Klage haben die Kläger Zahlung von 31.086,04 EUR nebst Zinsen begehrt. Sie haben gemeint, sie - allein - seien forderungsberechtigt. Hilfsweise haben sie geltend gemacht, dass sie aus eigenem oder jedenfalls aus abgetretenem Recht des Versicherungsnehmers einen Anspruch auf Schadensersatz hätten.
Die Beklagte hat erklärt, sie wolle sich nicht auf eine Unwirksamkeit der Abtretung berufen; gem. § 166 Abs. 2 InsO sei der Insolvenzverwalter in jedem Fall zur Einziehung befugt gewesen; die Kläger hätten von diesem Auskehrung zu verlangen; ein ersatzfähiger Schaden sei nicht entstanden.
Das LG hat die Klage abgewiesen. Es hat gemeint, die Abtretung sei unwirksam und auch ein Schadensersatzanspruch stehe den Klägern nicht zu: Diese seien nicht in den Schutzbereich des Versicherungsverhältnisses einbezogen, und dem Versicherungsnehmer sei kein Schaden entstanden. Wegen der Einzelheiten der Begründung und des Sach- und Streitstandes in erster Instanz wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.
Mit der Berufung verfolgen die Kläger ihren erstinstanzlichen Antrag weiter und beantragen hilfsweise, festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihnen den aus der Nicht-Weiterleitung des Abtretungsvertrages entstandenen Schaden zu ersetzen.
Die Beklagte verteidigt das Urteil.
Beide Parteien wiederholen und vertiefen ihr erstinstanzliches Vorbringen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen; diese sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
II. Die Berufung ist unbegründet. Im Ergebnis zu Recht hat das LG die Klage abgewiesen. Auch der in dieser Instanz hilfsweise gestellte Feststellungsantrag ist unbegründet.
1. Die Kläger haben gegen die Beklagten keinen (Erfüllungs-)Anspruch auf Auszahlung des Rü...