Entscheidungsstichwort (Thema)
Beweis des äußeren Bildes eines Einbruchsdiebstahls; Bindung des Berufungsgerichts an die Würdigung einer Zeugenaussage
Leitsatz (amtlich)
1. Auch bei einem Einbruchdiebstahl kann der Versicherungsnehmer ggf. allein durch seine eigene Angaben beweisen, dass ein als gestohlen gemeldeter Gegenstand vor dem Diebstahl am angegebenen Ort vorhanden war (Abgrenzung zum Urteil des BGH v. 18.10.2006 - IV ZR 130/05, VersR 2007,102 = NJW 2007, 372).
Es bleibt offen, ob auch hier (wie es im Fall von Kfz-Diebstählen allgemein anerkannt ist) für den Versicherungsnehmer die Vermutung der Redlichkeit streitet (so OLG Oldenburg VersR 1999, 1490; OLG Düsseldorf VersR 1999, 182).
2. Inwieweit das Berufungsgericht an die Würdigung einer Zeugenaussage durch das Erstgericht gebunden ist, wenn der Zeuge in zweiter Instanz berechtigt das Zeugnis verweigert oder aus sonstigem Grund eine erneute Vernehmung nicht möglich ist, ist zweifelhaft (Abgrenzung zum Urteil des BGH vom 18.10.2006 - IV ZR 130/05, VersR 2007, 102 = NJW 2007, 372).
Normenkette
VVG § 49; ZPO § 398
Verfahrensgang
LG Bochum (Urteil vom 06.10.2004; Aktenzeichen 4 O 1/04) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 6.10.2004 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des LG Bochum wird zurückgewiesen.
Die Kosten der beiden Berufungsverfahren und die Kosten der Revisionsinstanz werden dem Kläger auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Dem Kläger bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % der nach dem Urteil vollstreckbaren Beträge abzuwenden, falls nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe der beizutreibenden Beträge leistet.
Gründe
I. Mit der Behauptung, es sei in der Zeit vom 18.-21.10.2002 in seine Wohn- und Büroräume in R eingebrochen und dabei ein Tresor mit Schmuck und Bargeld entwendet worden, begehrt der Kläger aus einer bei der Beklagten genommenen Geschäftsversicherung Zahlung von - nunmehr noch - 61.374,05 EUR nebst Zinsen.
Das LG hat als Zeugin u.a. die Mutter des Klägers gehört. Diese hat dessen Behauptung bestätigt, dass er von seinen Eltern in den Jahren 2001 und 2002 zwei Darlehen - 50.000 DM und 30.000 EUR - erhalten habe. Das LG hat diese Aussage als nicht lebensnah, wenig plausibel und nicht nachvollziehbar erachtet. Es ist deshalb und wegen anderer Indizien - u.a. hat, was das LG sogar als "entscheidend" bezeichnet hat (S. 5 letzter Absatz des Urteils), nach dem Sachstand in erster Instanz das von dem Kläger geführte Kassenbuch die angebliche Darlehensgewährung des Jahres 2001 nicht ausgewiesen - zu der Überzeugung gelangt, dass es die behaupteten Darlehen tatsächlich nicht gegeben habe. Das LG ist insgesamt zu dem Ergebnis gekommen, dass der behauptete Diebstahl mit erheblicher Wahrscheinlichkeit vorgetäuscht sei, und hat daher die Klage abgewiesen. Wegen der Begründung und der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes in erster Instanz wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.
Hiergegen hat der Kläger Berufung eingelegt, mit welcher er seinen erstinstanzlichen Antrag weiterverfolgt hat.
Mit Urteil vom 20.4.2005 hat der Senat das Urteil des LG teilweise abgeändert und die Beklagte - wegen der von dem Kläger geltend gemachten Beschädigungen, des Tresors und des als gestohlen gemeldeten Schmucks - verurteilt, an den Kläger 61.374,05 EUR nebst Zinsen zu zahlen.
Vor dem Senat ist unstreitig gewesen, dass in erster Instanz die Kopien aus dem Kassenbuch unvollständig gewesen sind und auch das Darlehen des Jahres 2001 in dem Buch verzeichnet war. Der Senat ist u.a. deshalb zu der Auffassung gelangt, dass i.S.d. § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO neue Feststellungen zu treffen seien. Er hat die Mutter des Klägers erneut gehört; diese hat aber das Zeugnis verweigert (§ 383 Abs. 1 Nr. 3 ZPO). Der Senat hat die von dem LG protokollierte Aussage der Mutter und die sonstigen Umstände erneut gewürdigt und ist - anders als das LG - zu dem Ergebnis gekommen, dass nicht (positiv) feststehe, dass es die behaupteten Darlehen tatsächlich nicht gegeben habe (Senatsurteil S. 6 ff. unter II.2b bb (1), dort erster, dritter und vierter Absatz sowie - S. 8 - letzter Absatz vor (2)). Er hat die Aussage der Mutter vor dem LG nicht als glaubhaft, aber eben auch nicht - anders als das LG - als widerlegt angesehen (vgl. S. 7 des Senatsurteils: "kann es durchaus sein"; "durchaus vorstellbar"; "nicht widerlegbar"; "erscheint ungewöhnlich, ist aber gleichfalls durchaus vorstellbar"; "nicht zu widerlegen"). Auch im Übrigen hat der Senat gemeint, dass die Beklagte, die hierfür die Beweislast trifft, keine Tatsachen bewiesen habe, aus welchen sich eine erhebliche Wahrscheinlichkeit der Vortäuschung ergebe.
Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung und des damaligen Sach- und Streitstandes wird auf das Urteil Bezug genommen.
Auf die hiergegen von der Beklagten eingelegte Revision hat der BGH das Senatsurteil im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist, und hat d...