Leitsatz (amtlich)
1. Schutzzweck des § 264 StGB ist die staatliche Planungs- und Dispositionshoheit.
2. Werden Subventionsgelder (nur) teilweise zweckwidrig verwendet (§ 264 Abs. 1 Nr. 2 StGB), so kann für die Beurteilung der Frage, ob der dem Subventionsgeber entstandene Schaden der Gesamtbetrag der Subvention ist (und nicht nur der zweckwidrig verwendete Betrag), von wesentlicher Bedeutung sein, ob der Subventionsgeber den Zuwendungsakt ermessensfehlerfrei insgesamt widerrufen kann. Das ist jedenfalls bei einer zweckwidrigen Verwendung von mehr als 3,6 % der zugewandten Mittel der Fall.
Verfahrensgang
LG Essen (Entscheidung vom 03.02.2011; Aktenzeichen 3 O 19/10) |
Nachgehend
Tenor
I.
Auf die Berufung des klagenden Landes wird das am 03.02.2011 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Essen teilweise abgeändert.
II.
Der Beklagte wird verurteilt,
1. gesamtschuldnerisch mit den Herren Professor Dr. T und Dr. O und gesamtschuldnerisch mit der F GmbH, an den Kläger 284.310,41 Euro zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 03.02.2010 zu zahlen;
2. gesamtschuldnerisch mit Herrn Professor Dr. T und gesamtschuldnerisch mit der F GmbH, an den Kläger weitere 3.469.823,41 Euro zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 03.02.2010 zu zahlen.
III.
Die weitergehende Klage bleibt abgewiesen. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
IV.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Beklagte zu 71%, das klagende Land zu 29%. Die Kosten der Nebenintervention trägt das klagende Land zu 29%. Im Übrigen trägt sie der Streithelfer des Beklagten selbst.
V.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Parteien wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung seitens der jeweils anderen Partei gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die jeweils vollstreckende Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
VI.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I.
1.
Das klagende Land macht Ansprüche wegen zweckwidrig verwendeter Subventionen aus §§ 823 Abs. 2 BGB, 264 StGB bzw. § 826 BGB gegen den Beklagten geltend. Die Klage richtete sich ursprünglich auch gegen Professor T und Dr. O, wurde aber bzgl. dieser abgetrennt. Dr. O ist als Streithelfer auf Seiten des Beklagten dem Rechtsstreit beigetreten. Die Klageansprüche richten sich auf eine gesamtschuldnerische Haftung des Klägers mit Herrn Professor T und dem jetzigen Streithelfer in Höhe von 284.310,41 Euro und auf eine gesamtschuldnerische Haftung mit Professor T in Höhe von 5.025.928,44 Euro. Die Differenzierung beruht auf einer geringeren Tatbeteiligung des Streithelfers.
Der wirtschaftsberatend tätige Beklagte wurde von Professor T, dem damaligen Rektor der Fachhochschule H, Ende der 90er Jahre angeworben. Es ging um die Errichtung eines “Inkubatorzentrums„, in dem Existenzgründungen “ausgebrütet„, also Existenzgründungen gefördert, werden sollten. In diesem Zusammenhang wurde die F GmbH (nachfolgend J-GmbH genannt) gegründet (Ende 2000), deren Geschäftsführer der Beklagte bis Ende September 2006 blieb. Die Gesellschaft ist insolvent geworden. Beteiligt daran waren die Fachhochschule H, die Stadtsparkasse H und die H2 mbH.
Auf Antrag der Fachhochschule H vom 16.01.2002, unterschrieben von Professor T, wies das Land am 18.03.2002 der Fachhochschule H verwaltungsintern 5.113.000 Euro an Fördermitteln aus dem Landeshaushalt (Kapitel 05021 Titel 89351 - Strukturhilfe) für den Bau und die Einrichtung des Fs zur Förderung hochschulnaher Existenzgründungen zu. Wegen der Einzelheiten wird auf Anlage K 14 (Bl. 1493 ff. d.A.) verwiesen. Der Bescheid wurde durch weiteren Bescheid vom 29.04.2002 ergänzt. Darin heißt es u.a.: “Die Fachhochschule H wird ermächtigt, die bewilligten Mittel gemäß § 44 LHO einschließlich der Nebenbestimmungen zweckgebunden durch eine pauschale Auszahlung der F GmbH zur Verfügung zu stellen„. Weiter heißt es: “Die F GmbH verpflichtet sich vor Auszahlung der Mittel schriftlich in alle Rechte und Pflichten der Fachhochschule H gemäß Bescheid vom 18.03.2002 - einschließlich der in diesem Schreiben enthaltenen Regelungen - einzutreten„.
Mit Bescheid vom 06.05.2002 bewilligte die Fachhochschule diese Mittel der J-GmbH für diesen Zweck. Es wird insoweit Bezug genommen auf Anlage K1 (Anlagenband zur Klage). Unter den Nebenbestimmungen ist aufgeführt, dass die Verwendung der Gelder jährlich in Form eines Zwischennachweises zu dokumentieren ist, dass die Zuwendungen nur zweckgemäß sowie wirtschaftlich und sparsam einzusetzen sind, dass anzuzeigen ist, wenn sich bewilligungsrelevante Umstände verändert haben, und dass die Zuwendung unverzüglich zu erstatten ist, wenn die Zuwendung durch unrichtige Angaben erwirkt worden ist oder nicht mehr für den vorgesehenen Zweck verwendet wird.
In einem weiteren Bescheid vom 03.07.2003 wurde die Förderung von einer institutionellen...