Entscheidungsstichwort (Thema)
Höhe des Betreuungsunterhalts eines minderjährigen Kindes nach Tod eines Elternteils
Verfahrensgang
AG Hamm (Urteil vom 15.10.2003; Aktenzeichen 33 F 7/03) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 15.10.2003 verkündete Urteil des AG - FamG - Hamm teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin für die Zeit von August 2001 bis Juli 2003 Kindesunterhalt i.H.v. monatlich 90 Euro zu zahlen.
Die weiter gehende Klage wird abgewiesen.
Die weiter gehende Berufung wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz und zweiter Instanz werden gegeneinander aufgehoben.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Beklagte ist der Vater der Klägerin, die am 24.5.1988 geboren ist. Sie hat nach dem Tod der Mutter zunächst mit ihren beiden Geschwistern M., geboren am 7.4.1984, und J., geboren am 1.8.1990, im Haushalt ihres Vaters gelebt. Im August 2000 wechselte sie im Einverständnis des Beklagten in den Haushalt ihrer Großeltern, wo sie bis einschließlich Juli 2003 betreut worden ist. Im August 2003 ist sie in den Haushalt des Vaters zurückgekehrt, wohnt aber seit Ende März 2004 erneut bei den Großeltern.
Gegenstand des vorliegenden Verfahrens sind die Unterhaltsansprüche der Klägerin für die Zeit von August 2001 bis Juli 2003. In dieser Zeit hat der Beklagte jeweils das volle Kindergeld und die der Klägerin zustehende Halbwaisenrente von monatlich 175,61 Euro an diese bzw. die Großeltern weitergeleitet. Die Klägerin verlangt darüber hinaus - auf der Grundlage der Berechnungen im Beschluss des Senats vom 2.6.2003 (OLG Hamm, Beschl. v. 2.6.2003 - 11 WF 58/03, NJW-RR 2004, 152), auf den Bezug genommen wird (Bl. 65 ff. GA) - monatlich weitere 181 Euro.
Die Klägerin hat beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an sie für die Zeit von August 2001 bis Juli 2003 monatlich 181 Euro zu zahlen.
Der Beklagte hat den Anspruch i.H.v. monatlich 34,38 Euro anerkannt und im Übrigen beantragt, die Klage abzuweisen.
Er hat geltend gemacht, auf das Bar-Existenzminimum der Klägerin von monatlich 364 Euro (135 % des Regelbetrags) sei das volle Kindergeld von 154 Euro und die volle Halbwaisenrente von 175,61 Euro anzurechnen. Dann verbleibe nur eine ungedeckte Bedarfslücke von 34,39 Euro.
Das AG hat nur den anerkannten Betrag zugesprochen und die Klage im Übrigen abgewiesen. Es hat ausgeführt, gemäß den Ausführungen des Senats im Beschluss vom 2.6.2003 sei lediglich von einem Barbedarf der Klägerin von monatlich 269 Euro auszugehen, da der Betreuungsaufwand nach wie vor nicht näher dargelegt sei und daher nicht beziffert werden könne. Auf diesen Bedarf sei das Kindergeld in voller Höhe anzurechnen, denn die Vorschrift des § 1612b Abs. 5 BGB passe nicht; vielmehr sei § 1612b Abs. 3 BGB analog anzuwenden, der die volle Anrechnung des Kindergeldes vorsehe. Ebenso sei die an die Klägerin ausgezahlte Halbwaisenrente in voller Höhe anzurechnen. Dann bleibe nicht mehr als der anerkannte Betrag.
Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin mit der Berufung, mit der sie den Anspruch auf Zahlung von monatlich 181 Euro für die Zeit von August 2001 bis Juli 2003 weiterverfolgt.
Sie macht geltend, der Betreuungsbedarf dürfe nicht gänzlich außer Betracht bleiben, sondern sei zu schätzen. Sie sei von den Großeltern verpflegt und beherbergt worden. Sie hätten ihre Wäsche gewaschen, sie bei den Hausaufgaben unterstützt und ihr als Vertraute zur Seite gestanden.
Aber auch wenn der Betreuungsbedarf außer Betracht bleibe, sei die Entscheidung des AG nicht haltbar, denn § 1612b Abs. 5 BGB sei sehr wohl anwendbar. Folge man nämlich der Auffassung des AG, sei ihr Mindestbedarf auch nicht annähernd gedeckt.
Die Klägerin beantragt, den Beklagten abändernd zu verurteilen, an sie für den Zeitraum von August 2001 bis Juli 2003 monatlichen Unterhalt von 181 Euro zu zahlen.
Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt die Entscheidung des AG, insb. die Auffassung, dass die auf den Fall einer Unterhaltspflicht beider Elternteile zugeschnittenen Regeln zur Anrechnung des Kindergeldes in § 1612b BGB nicht anwendbar seien. Auch die von der Berufung postulierte nur hälftige Anrechnung der Halbwaisenrente sei nicht gerechtfertigt, denn die innere Rechtfertigung für die nur hälftige Anrechnung entfalle, wenn nur noch ein Elternteil lebe und sowohl den Betreuungs- wie auch den Barbedarf abzudecken habe.
Darüber hinaus stelle sich die Frage, ob die Durchsetzung des Anspruchs wirklich den Interessen der Klägerin diene, weil er einen etwaigen Rückstand nicht zahlen könne und durch eine Vollstreckung der eigene laufende Unterhalt der Klägerin gefährdet würde.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist zulässig und hat teilweise Erfolg, denn der Bedarf der Klägerin ist höher als vom AG angenommen.
1. Auf Grund der Pflegerbestellung ist die Klägerin im Prozess gegen ihren nach wie vor s...