Leitsatz (amtlich)
Zur Haftung des beklagten Landes für einen vorschnell herausgegebenen Lamborghini, der im Zuge eines Strafverfahrens beschlagnahmt worden war und um dessen Eigentum eine vermeintlich Geschädigte und der letzte Gewahrsamsinhaber zivilgerichtlich stritten.
Normenkette
BGB §§ 280, 839; GG Art. 34; StPO §§ 94, 98, 111-113
Verfahrensgang
LG Essen (Aktenzeichen 4 O 222/15) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das am 05.03.2020 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Essen teilweise abgeändert.
Das beklagte Land wird verurteilt, an den Kläger 52.500,00 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 21.05.2015 zu zahlen Zug um Zug gegen die Übertragung eines etwaigen Miteigentumsanteils von 3/4 am Fahrzeug Lamborghini Gallardo mit der N01 und Übertragung des etwaigen Anspruchs auf Herausgabe dieses Fahrzeugs zur Durchsetzung des Miteigentumsanteils.
Im Übrigen bleibt die Klage abgewiesen.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen der Kläger 77 Prozent und das beklagte Land 23 Prozent; von der Kosten der Nebenintervention in erster Instanz trägt das beklagte Land 23 Prozent. Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger 60 Prozent und das beklagte Land 40 Prozent; von den Kosten der Nebenintervention im Berufungsverfahren trägt das beklagte Land 40 Prozent. Im Übrigen trägt die Streithelferin die Kosten der Nebenintervention.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Beide Parteien können eine Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei beziehungsweise die Streithelferin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
I. Der Kläger begehrt vom beklagten Land Schadensersatz wegen von ihm behaupteter Amtspflichtverletzungen im Zusammenhang mit der Beschlagnahme eines Pkw Lamborghini Gallardo.
Am 03.08.2012 brachte die am Verfahren nicht beteiligte Frau S. O. in Turin/Italien zur Anzeige, dass am 20.07.2012 ein in ihrem Eigentum stehender und von ihr zum Verkauf angebotener Pkw Lamborghini Gallardo durch den ebenfalls am Verfahren nicht beteiligten Herrn L. U. entwendet worden sei, der vorgegeben habe, mit dem Fahrzeug lediglich eine Probefahrt durchführen zu wollen.
Der Pkw gelangte in der Folge unter zwischen den Parteien streitigen Umständen in den Besitz des Klägers, der wiederum zu Beginn des Jahres 2014 den Verkauf des Fahrzeugs über die Firma Autozentrum V., Inhaber T. G., beabsichtigte. Zu diesem Zweck wurde das Fahrzeug durch die Firma Autozentrum V. über das Internetportal Auto Scout 24 zum Preis von 67.000,00 Euro zum Kauf angeboten.
Die auf die Anzeige aufmerksam gewordene Frau O. vereinbarte in Absprache mit den Polizeibehörden einen Termin zur Besichtigung des Fahrzeugs für den 13.02.2014 bei der Firma Autozentrum V.. Nachdem der Pkw zum Zwecke der Besichtigung auf das Firmengelände verbracht worden war, wurde das Fahrzeug durch anwesende Polizeibeamte zur Beweis- und Eigentumssicherung beschlagnahmt und in den Gewahrsam der Staatsanwaltschaft Essen genommen.
Die von der Staatsanwaltschaft Essen gegen den Kläger und Herrn G. eingeleiteten Strafverfahren (Staatsanwaltschaft Essen - 9 Js 252/14) wurden mit Verfügung der Staatsanwaltschaft vom 23.04.2014 gemäß § 170 Abs. 2 StPO mangels hinreichenden Tatverdachts eingestellt. Mit gleicher Verfügung wurde auch das unter demselben Aktenzeichen gegen Herrn U. eingeleitete Strafverfahren mit der Begründung eingestellt, gegen diesen würden bereits in Italien Ermittlungen durchgeführt, weshalb das Verbot der Doppelverfolgung zu beachten sei.
Nachdem der Kläger über seinen früheren Bevollmächtigten mit Schriftsatz vom 16.05.2014 gegenüber der Staatsanwaltschaft angeregt hatte, eine Entscheidung des Gerichts gemäß § 111k StPO - seinerzeit geltend in der Fassung vom 24.10.2006 (im Folgenden: a.F.) - herbeizuführen, wurde die Akte durch die Staatsanwaltschaft mit Verfügung vom 26.05.2014 dem Amtsgericht Essen mit dem Antrag vorgelegt, gemäß § 111k StPO a.F. über die Herausgabe des Fahrzeugs zu entscheiden. Nachdem der Kläger und Frau O. mit Verfügung des Amtsgerichts Essen vom 30.05.2014 zu diesem Antrag angehört worden waren und über ihre Bevollmächtigten jeweils die Herausgabe an sich beantragt hatten, gab das Amtsgericht Essen mit Beschluss vom 15.07.2014 (44 Gs 2031/14) dem Kläger auf, binnen eines Monats nach Zustellung des Beschlusses Klage gegen Frau O. auf Feststellung des Eigentums an dem Fahrzeug zu erheben und dies dem Gericht schriftlich nachzuweisen; nach fruchtlosem Fristablauf werde das Fahrzeug an Frau O. herausgegeben (Blatt 139 der Ermittlungsakte).
Innerhalb der gesetzten Frist reichte der Kläger mit Schriftsatz vom 06.08.2014 beim Landgericht Essen Klage gegen Frau O. mit dem Antrag ein, das Eigentum des Klägers an dem Fahrze...