Verfahrensgang
LG Siegen (Entscheidung vom 11.04.2006; Aktenzeichen 6 O 96/05) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Siegen vom 11. April 2006 wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufung werden der Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht zuvor die Klägerin Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Klägerin, eine in V. ansässige Betreiberin von Supermärkten, nimmt die Beklagte, eine deutsche Versicherungsgesellschaft, aus zwei Bürgschaften auf erstes Anfordern vom 18.10.2001 auf Zahlung in Höhe von insgesamt 167.255,-- EUR in Anspruch.
Am 6.4.2001 schloss die Klägerin als Bauherrin mit der Einzelhandelsfirma T. aus T. als Generalunternehmerin und der Firma W. GmbH als Auftragnehmerin zwei Bauverträge, die jeweils die Errichtung eines C.-Supermarktes in D. zum Gegenstand hatten. Der Inhaber der Generalunternehmerin T. war und ist auch Präsident der V GmbH. Der Vertrag Nr. 06/301 sah in Ziff. XI 4 für den Gewährleistungsfall die Gestellung einer Bankbürgschaft durch die Generalunternehmerin vor; der Vertrag Nr. 07/302 sah in der ansonsten wortgleichen Bestimmung in Ziff. XI 4 die Gestellung einer Bankbürgschaft durch die Auftragnehmerin vor. Während die jeweils in Ziff. VIII 5 der Verträge geregelten Erfüllungsbürgschaften solche auf erstes Verlangen sein sollten, war dies für die Gewährleistungsbürgschaften nicht vorgeschrieben.
In den Bürgschaften vom 18.10.2001, die die Beklagte für die Fa. T. als Hauptschuldnerin für die "Gewährleistung gemäß Vertrag" übernahm, verpflichtete sich die Beklagte zur Zahlung auf erste schriftliche Anforderung. Vor Begebung der Bürgschaften hatte die Beklagte den Inhalt der in Bezug genommenen Bauverträge, insbesondere auch den der Sicherungsabreden, nicht überprüft.
Mit Schreiben vom 14.10.2002, 20.1.2003 und 18.2.2003 forderte die Klägerin die Beklagte unter Hinweis auf zahlreiche Mängel an beiden Bauobjekten vergeblich zur Zahlung auf.
Die Parteien streiten, ob die Klägerin aus den Bürgschaften auf erstes Anfordern vorgehen darf. Das Vorhandensein von Mängeln ist streitig; die Beklagte beruft sich außerdem auf die Verjährung etwaiger Gewährleistungsansprüche.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß zur Zahlung verurteilt und die auf Herausgabe der Bürgschaftsurkunden gerichtete Widerklage abgewiesen.
Da die Beklagte sich in den Bürgschaften wirksam zur Zahlung auf erstes Anfordern verpflichtet habe, könne sie ihre Einwendungen erst in einem Rückforderungsprozess geltend machen. Das Vorgehen der Klägerin aus den Bürgschaften sei nicht rechtsmissbräuchlich, weil nicht unstreitig bzw. liquide beweisbar sei, dass der Bürgschaftsfall nicht eingetreten sei.
Die Beklagte könne auch nicht geltend machen, die Hauptschuldnerin schulde keine Bürgschaft auf erstes Anfordern. Rechtsgrund für die Hingabe der Bürgschaften seien nicht die Sicherungsabreden zwischen der Klägerin und der Fa. T., sondern allein die Bürgschaftsverträge der Parteien. Durch das Unterlassen der Überprüfung der Bauverträge habe die Beklagte bewusst das Risiko übernommen, dass die Bürgschaften von den Sicherungsabreden abwichen.
Die Beklagte hat gegen das Urteil form- und fristgerecht Berufung eingelegt. Sie begründet ihr Rechtsmittel unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens im Wesentlichen wie folgt:
Entgegen der Annahme des Landgerichts habe bei ihr kein Rechtsbindungswille bestanden, eine von der jeweiligen Sicherungsabrede abweichende Bürgschaft zu stellen.
Nach dem Vertrag Nr. 06/301 sei die in der korrespondierenden Bürgschaft bezeichnete Hauptschuldnerin, die Fa. T., gar nicht zur Gestellung einer Gewährleistungssicherheit, nach dem Vertrag Nr. 07/302 nur zur Gestellung einer "einfachen" Bürgschaft verpflichtet gewesen. Diese Sicherungsabreden seien nicht nachträglich durch die Bauvertragsparteien geändert worden, insbesondere habe die Übersendung des Musters der Versicherungsbürgschaft auf erstes Anfordern durch die Fa. T. keine Vertragsänderung herbeigeführt. Hierüber hätte das Landgericht Beweis erheben müssen.
Werde aber nach den Hauptverträgen die Gestellung von Bürgschaften auf erstes Anfordern nicht geschuldet, könne sie, die Beklagte, von der Klägerin verlangen, nur wie eine selbstschuldnerische Bürgin in Anspruch genommen zu werden. Ihren Einwendungen gegen die von der Klägerin geltend gemachten Gewährleistungsansprüche sei daher nachzugehen.
Die Beklagte beantragt,
abändernd
1.
die Klage abzuweisen,
2.
auf die Widerklage
die Klägerin zu verurteilen, an sie, die Beklagte, deren Bürgschaftserklärung gemäß Bürgschaftsurkunde Nr. ... Bg-Nr. 1 vom 18.10.2001 sowie deren Bürgschaftserklärung gemäß Bürgschaftsurkunde Nr. ... B...