Verfahrensgang
LG Essen (Urteil vom 03.12.2015; Aktenzeichen 2 O 321/14) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das am 03.12.2015 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des LG Essen - wie folgt - abgeändert:
Die Beklagten werden verurteilt, dem Kläger Auskunft zu allen Schenkungen einschließlich etwaiger Anstandsschenkungen und Pflichtschenkungen, die die am ...2010 verstorbene Erblasserin A in den letzten 10 Jahren vor ihrem Tode an Dritte oder die Beklagten zu 2. und 3. oder ohne zeitliche Begrenzung an den Beklagten zu 1. vorgenommen hat, zu erteilen.
Die weiter gehenden in der ersten Stufe der Stufenklage gestellten Anträge sowie der Feststellungsantrag zu Ziff. 4. der Klage bleiben abgewiesen.
Im Übrigen wird das angefochtene Urteil - auch bezüglich des Kostenausspruchs - aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung über die zweite und dritte Stufe der Stufenklage sowie über die Kosten des Rechtsstreits an das erstinstanzliche Gericht zurückverwiesen, das auch über die Kosten des Berufungsverfahrens zu entscheiden hat.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagten können die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe eines Betrages von 3.000,- EUR abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird endgültig auf 853.902,86 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Kläger macht als Träger der Sozialhilfe übergeleitete Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüche des am ...1976 geborenen B nach dessen am ...2010 verstorbenen Mutter A (im Folgenden: Erblasserin) geltend. B ist aufgrund eines genetisch bedingten Down-Syndroms (Trisomie 21) dauerhaft geistig behindert und steht unter gesetzlicher Betreuung.
Der Beklagte zu 1. ist der Vater von B und war der Ehemann der Erblasserin.
Die Eheleute waren im Güterstand der Gütergemeinschaft verheiratet. Die Beklagten zu 2. und 3. sind die weiteren Kinder der Erblasserin und des Beklagten zu 1..
Der Beklagte zu 1. und die Erblasserin errichteten am 17.12. 2000 privatschriftlich ein gemeinschaftliches Testament in Form eines so genannten Behindertentestaments.
Unter Ziff. I. setzten sie sich gegenseitig und ihre drei Kinder in der Weise als Erben ein, dass der überlebende Ehegatte einen Erbanteil von ½, B einen Anteil in Höhe des 1,1 fachen seines Pflichtteils und seine Geschwister, die Beklagten zu 2. und 3., zu gleichen Teilen das verbleibende Vermögen erhalten.
Unter Ziff. II. bestimmten sie, dass die Erben des Längstlebenden von ihnen ihre drei Kinder sind, B wiederum zu einem Anteil des 1,1-fachen seines Pflichtteils, die Beklagten zu 2. und 3. sollten den übrigen Nachlass erhalten.
Unter Ziff. III. ordneten sie an, dass B in den oben genannten Erbfällen nicht befreiter Vorerbe sein soll, Nacherbe im Falle des Todes des Vorerben sollten der Längstlebende der Eheleute, ersatzweise die Beklagten zu 2. und 3., ersatzweise deren Abkömmlinge, sein.
Für den Erbteil des B ordneten die Eheleute eine Testamentsvollstreckung bis zum Eintritt des Nacherbfalls an. Testamentsvollstrecker sollte der längstlebende Ehegatte sein. Seine Aufgabe sollte die Dauervollstreckung des auf B entfallenen Erbes bis zu dessen Tod sein. Weiter heißt es unter Ziff. III.: "Der Testamentsvollstrecker hat dafür zu sorgen, dass Bs Erbe möglichst erhalten bleibt und er in den Genuss der Erträge und ggf. Vermögenssubstanz kommt, ohne dass ihm andere Zuwendungen und insbesondere staatliche Leistungen verloren gehen. Sollten Zuwendungen des Testamentsvollstreckers gegen dessen Willen insbesondere auf staatliche Leistungen angerechnet werden, so hat er seine Zuwendungen einzustellen. Einen Anspruch auf Herausgabe des Nachlasses sowie von Nachlassgegenständen und Nachlasserträgen hat B nicht." Konkret sollte der Testamentsvollstrecker dafür sorgen, dass der Kauf von Mobiliar und Kleidung, der Erwerb persönlicher Gegenstände, die Finanzierung von Urlaubsreisen, Musik- und Reitunterricht sowie ein erhöhtes Taschengeld "über das vom Sozialhilfeträger geleistete Maß hinaus in großzügiger Weise unter Berücksichtigung Bs Wünschen und Interessen ermöglicht wird".
Für den Fall, dass ein Teil des Testaments unwirksam ist, ordneten die Eheleute unter Ziff. III. 5. an, dass es im Übrigen wirksam sein sollte. Sollte das Testament insgesamt unwirksam sein, sollte B " jedenfalls nur seinen Pflichtteil erhalten".
Wegen der weiteren Einzelheiten der getroffenen Verfügungen wird auf die Kopie der Testamentsurkunde (Bl. 11 - 17 d.A.) Bezug genommen.
Nach dem Tod der Erblasserin erteilte das Nachlassgericht den Beklagten zunächst unter dem 02.05.2011 einen Erbschein, der den Beklagten zu 1. als Miterben zu einem Anteil von 0,25, B zu 0,1375 und die Beklagten zu 2. und 3. zu je 0,30625 auswies. Mit Beschluss vom 20.12.2011 zog es diesen Erbschein als unrichtig wieder ein.
Mit weiterem Beschluss vom 23.02.2012 erteilte das Nachlassgericht einen gemeinschaftlichen Erbschein, der den Beklagt...