Leitsatz (amtlich)
›1. Beantragt der Versicherungsnehmer Haftpflicht- und Kaskoversicherung ab Zulassungsdatum und wird ihm sog. Doppelkarte ausgehändigt, dann besteht auch für die Kaskoversicherung vorläufiger Deckungsschutz, wenn nicht der Versicherungsagent ausdrücklich darauf hinweist, daß sich die vorläufige Deckung nur auf die Haftpflichtversicherung bezieht.
2. In der Fahrzeugversicherung endet die vorläufige Deckung nicht schon mit dem Scheitern des Hauptvertrages.‹
Verfahrensgang
LG Bielefeld (Aktenzeichen 6 O 285/96) |
Gründe
Der Kläger verlangt wegen Diebstahls seines Fahrzeuges Kaskoentschädigung.
Am 07.09.1995 ließ der Kläger aufgrund einer Versicherungsbestätigung nach § 29 a StVZO (sogenannte Doppelkarte) seinen Pkw zu. Am 08.09.1995 unterzeichnete er bei dem Versicherungsagenten einen Versicherungsantrag, womit er zum 07.09.1995 Haftpflicht und Kaskoschutz beantragte. Am 03.11.1995 erhielt er den Versicherungsschein, mit welchem die Kaskoversicherung abgelehnt wurde. Am 09.11.1995 wurde dem Kläger das Fahrzeug in Polen gestohlen. Die Parteien streiten im wesentlichen darüber, ob dem Kläger vorläufiger Deckungsschutz für die Kaskoversicherung erteilt worden ist.
Der Kläger hat behauptet, der Agent habe mehrfach vorläufigen Deckungsschutz zugesagt, auch noch nach der Ablehnung. Das Landgericht hat nach Beweisaufnahme dies nicht für erwiesen erachtet und die Klage abgewiesen. Dagegen richtet sich die Berufung des Klägers.
Die Berufung ist überwiegend begründet.
Der Kläger kann wegen des Diebstahls des Fahrzeuges gemäß §§ 12 Nr. 1 I b, 1 Nr. 2 AKB Kaskoentschädigung in Höhe von 24.900,00 DM verlangen.
1.
Die Beklagte ist aufgrund vorläufiger Deckungszusage (§ 1 Nr. 2 AKB) leistungspflichtig. Mit Erhalt der Doppelkarte, die der Kläger auf Veranlassung des Agenten in einer Agentur in abgeholt hatte, ist hier konkludent vorläufige Deckung auch bezüglich der Fahrzeugversicherung zugesagt worden. Zwar enthält die Doppelkarte in der Regel nur die Bestätigung der vorläufigen Deckung in der Haftpflichtversicherung. Der Kläger hat hier aber von Anfang an Vollkaskoversicherungsschutz begehrt. Er wollte den Wagen, den er von seinem Vater übernahm, wie er im Senatstermin ergänzend erklärt hatte, so weiterversichert haben, wie er auch für seinen Vater versichert war, nämlich mit Haftpflicht und Kaskoschutz. Dies ist unter den Parteien auch nicht im Streit und wird auch von dem Versicherungsagenten in seiner schriftlichen Stellungnahme vom 17.11.1995 bestätigt. Ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer darf in aller Regel davon ausgehen, daß sein einheitlicher Wunsch nach umfassenden Versicherungsschutz auch einheitlich behandelt wird, solange ihm nichts gegenteiliges erklärt wird (BGH VersR 86, 541; Senat VersR 90, 82, 84). Einen ausdrücklichen Hinweis des Agenten, daß nur vorläufiger Deckungsschutz in der Haftpflicht - und nicht auch in der Kaskoversicherung besteht, hat der Kläger nicht erhalten. Der Versicherungsagent stellt in seiner schriftlichen Stellungnahme insoweit nur in Abrede, dem Kläger ausdrücklich Versicherungsschutz für die Vollkaskoversicherung zugesagt zu haben. Ein ausdrücklich gegenteiliger Hinweis wird nicht behauptet. Der am nächsten Tag von dem Kläger unterzeichnete Versicherungsantrag mußte ihn in der Annahme bestärken, es bestehe Versicherungsschutz auch für die Vollkaskoversicherung. So wurde als Versicherungsbeginn für Haftpflicht- und Fahrzeugvollversicherung der 07.09.1995, das war der Tag der Zulassung, beantragt. Einem durchschnittlichen Versicherungsnehmer sind die Unterschiede zwischen materiellem und formellem Versicherungsbeginn nicht bekannt, ebensowenig kennt er den Begriff der Rückwärtsversicherung. Der Kläger durfte daher zu Recht davon ausgehen, daß er entsprechend seinem nicht widersprochenen Wunsch ab dem 07.09.1995 Deckung in dem beantragten Umfang habe würde.
Ob der Versicherungsagent sogar ausdrücklich und mehrfach vorläufige Deckung auch für die Vollkaskoversicherung zugesagt hat, wie dies der Kläger behauptet kann nach alledem dahinstehen. Jedenfalls hat er zu Anfang keinen gegenteiligen Hinweis gegeben, zu dem er aber nach Lage der Dinge verpflichtet gewesen wäre. Vorläufiger Deckungsschutz bestand daher.
Dem steht nicht entgegen, daß auf dem Antrag auf Seite 2 die Rubrik zur vorläufigen Deckung nicht angekreuzt ist. Zu diesem Zeitpunkt war der Vertrag über die vorläufige Deckung schon zustandegekommen, nämlich durch Aushändigung der Doppelkarte. Zum anderen hatte der Kläger keine Veranlassung, den Antragstext im einzelnen dahin zu überprüfen, ob seinem vom Versicherungsagenten entgegengenommenen und nicht widersprochenen Antrag auf sofortigen umfassenden Versicherungsschutz ohne jeden Hinweis nicht entsprochen wurde.
3.
Die Vollmacht zur Erteilung der vorläufigen Deckung auch in der Kaskoversicherung ist nicht zweifelhaft, wie aus Nr. 14 des Versicherungsantrages folgt. Im übrigen würde die Beklagte auch bei fehlender Vollmacht aus versicherungsrechtlicher Vertrauenshaftu...