rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Verjährungsbeginn bei Serienschäden
Leitsatz (amtlich)
1. Die Verjährungsfrist nach § 68 StBerG beginnt mit der Entstehung des Schadens; die für die Schadensentstehung notwendigen Verschlechterungen der Vermögenslage tritt mit Bekanntgabe des belastenden Steuerbescheides ohne Rücksicht auf dessen Bestandskraft ein.
2. Hat der Steuerberater fehlerhafte Steuererklärungen erstellt, indem er anstelle einer degressiven die lineare Abschreibung bei einer Zeitrente gewählt hat, ist der Schaden mit Zugang des ersten belastenden Einkommensteuerbescheides entstanden.
3. Eine Sekundärverjährung scheidet dann aus, wenn Erkenntnisse, dass die zunächst getroffene Prognose falsch war, bei jährlicher Überprüfung in den Folgejahren nicht erkennbar waren; sodann besteht keine Veranlassung, den geschädigten Mandanten auf etwaige Schadensersatzansprüche und deren Verjährung hinzuweisen.
Tatbestand
Der Kläger (Steuerberater) verlangt von dem Beklagten (früherer Mandant) die Bezahlung eines Steuerberaterhonorars in Höhe von 1.613,11 EUR nebst Zinsen.
Der Beklagte rechnet gegen den nach Grund und Höhe nicht angegriffenen Gebührenanspruch mit einem Schadensersatzanspruch gegen den Kläger in Höhe von insgesamt 7.561,29 EUR wegen des fehlerhaften Ansatzes von Werbungskosten in den Einkommensteuererklärungen für die Jahre 1993 bis 1998 auf und macht den übersteigenden Betrag im Wege der Widerklage geltend.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben und Widerklage abgewiesen. Hiergegen wendet sich die Berufung.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.
Der nach Grund und Höhe nicht im Streit stehende Gebührenanspruch des Klägers in Höhe von 1.613,11 EUR gemäß §§ 675, 611 BGB ist nicht durch Aufrechnung seitens des Beklagten mit einem Schadenersatzanspruch aus pVV des Steuerberatervertrages erloschen.
Es kann dahinstehen, ob der Kläger eine schuldhafte Pflichtverletzung beging, als er für die Berechnung des als Werbungskosten abziehbaren Zinsanteils einer von dem Beklagten für den Erwerb von Geschäftsanteilen an einer GmbH gezahlten Zeitrente eine lineare anstelle einer degressiven Abzugsmethode wählte bzw. dem Beklagten nicht die Vor- und Nachteile der jeweiligen Methode gegenüber stellte und die Wahl dann ihm überließ. Darüber hinaus kann offen bleiben, ob und in welchem Umfang dem Beklagten aufgrund dessen ein Schaden entstanden ist, was sich abschließend erst nach erfolgter steuerlicher Veranlagung des Beklagten für 2002 feststellen lassen wird.
Die Aufrechnung ist nämlich nach § 390 S. 1 BGB a. F. ausgeschlossen, weil ein Schadenersatzanspruch des Beklagten nach § 68 StBerG verjährt ist. Die dreijährige Verjährungsfrist beginnt mit der Entstehung des Schadens. Führt die Pflichtverletzung des Steuerberaters zu einer fehlerhaften Steuererklärung und daraus folgend zu einer nachteiligen steuerlichen Veranlagung seines Mandanten, tritt die für eine Schadensentstehung notwendige Verschlechterung der Vermögenslage mit Bekanntgabe des belastenden Steuerbescheides ein. Auf den Eintritt der Bestandskraft kommt es nicht an (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 11.05.1995, IX ZR 140/94, zitiert nach JurisWeb). Die dem Kläger angelastete Pflichtverletzung führte hier aus der Sicht des Beklagten zu der Erstellung fehlerhafter Steuererklärungen, denn er wirft dem Kläger vor, den als Werbungskosten abzugsfähigen Zinsanteil in der von ihn, dem Beklagten, für den Erwerb von Geschäftsanteilen an einer GmbH gezahlten Zeitrente zu unrecht linear statt degressiv berechnet zu haben, was sich erstmals bei der Erstellung der Einkommensteuererklärung für das Jahr 1993 auswirkte. Die Vermögenslage des Beklagten verschlechterte sich dementsprechend, als ihm der Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1993, der aufgrund der linearen Abzugsmethode gegenüber der degressiven Berechnungsmethode zu einer steuerlichen Mehrbelastung führte, zugestellt wurde.
Der vom 22.12.1997 datierte Steuerbescheid gilt nach § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO drei Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Da der 25.12.1997 ein gesetzlicher Feiertag war, ist auf den nächsten Werktag, den 27.12.1997 abzustellen.
Soweit der dem Beklagten entstandene Gesamtschaden erst unter Berücksichtigung des gesamten Zeitraumes, auf den der Zinsanteil der Zeitrente als Werbungskosten verteilt werden konnte, d.h. einschließlich des Veranlagungszeitraumes für das Jahr 2002, errechnet werden kann, folgt daraus nicht, dass für den Schadenseintritt auf einen späteren Zeitpunkt abgestellt werden muss. Denn für den Anspruch auf Ersatz des Steuerschadens läuft eine einheitliche Verjährungsfrist, die mit der Entstehung der für das Jahr 1993 festgesetzten steuerlichen Mehrbelastung begann und steuerliche Mehrbelastungen der Folgejahre als adäquat verursachte, zurechen- und voraussehbare Nachteile umfasste (vgl. BGH NJW 1998, 1488 (1488)). Die dreijährige Verjährungsfrist lief dementsprechend am 27.12.2000 ab.
Der Kläger ist auch nicht verpflichtet, den Beklagten...