Leitsatz (amtlich)

1. Der Umstand, dass der unterhaltsberechtigte Ehegatte krankheitsbedingt zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht in der Lage ist, schließt seinen Anspruch auf Zahlung von Altersvorsorgeunterhalt nicht aus.

2. Die Vornahme einer Befristung des nichtehelichen Unterhalts nach § 1578b II BGB setzt voraus, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Unterhaltsanspruch hinreichend gesicherte Erkenntnisse vorliegen, die es dem Gericht ermöglichen, mit der hierfür erforderlichen Sicherheit den Zeitpunkt der Befristung in der Zukunft zu bestimmen. Liegen die hierfür erforderlichen Erkenntnisse zum Zeitpunkt der Entscheidung noch nicht vor, ist die Befristung einer späteren Abänderung nach § 238 FamG vorzubehalten.

 

Normenkette

BGB § 1578 III, § 1578b

 

Verfahrensgang

AG Bottrop (Urteil vom 04.11.2010; Aktenzeichen 21 F 23/09)

 

Tenor

1) Auf die Berufung der Antragstellerin wird das am 4.11.2010 verkündete Scheidungsverbundurteil des AG - Familiengericht - Bottrop in Ziff. III.1. seines Tenors zum Ehegattenunterhalt, unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung der Antragsgegnerin, teilweise abgeändert.

Der Antragsteller wird verurteilt, an die Antragsgegnerin ab Rechtskraft der Scheidung am 17.3.2011 einen monatlichen Ehegattenunterhalt i.H.v. 1.069 EUR, davon 218 EUR für den Altersvorsorgeunterhalt und 851 EUR für den Elementarunterhalt, fällig jeweils zum 3. Werktag eines jeden Monats im Voraus, zu zahlen.

2) Die Anschlussberufung des Antragsgegners wird zurückgewiesen.

3) Von den Kosten des Rechtsstreits in zweiter Instanz tragen der Antragsteller 3/4, die Antragsgegnerin 1/4 mit Ausnahme der Kosten des Teilvergleichs. Die Kosten des Teilvergleichs vom 31.3.2011 werden gegeneinander aufgehoben. Im Übrigen verbleibt es bei der Kostenentscheidung in erster Instanz.

4) Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

5) Der Streitwert für Rechtsmittelinstanz wird auf 8.484 EUR festgesetzt. Davon entfallen auf die Berufung 6.372 EUR (1.632 EUR für den Kindesunterhalt und 4.740 EUR für den Ehegattenunterhalt) und auf die Anschlussberufung 2.112 EUR.

 

Gründe

A. Die Parteien streiten um die Höhe des der Antragsgegnerin zustehenden Ehegattenunterhalts für die Zeit ab Rechtskraft der Scheidung. Sie haben ihre Ehe im Juli 1997 geschossen und leben seit Februar 2007 getrennt voneinander. Die Antragsgegnerin ist am 2.8.1964 und der Antragsteller am 23.10.1964 geboren. Die beiden aus der Ehe hervorgegangenen gemeinsamen Kinder B (geb. am 20.12.1997) und M (geb. am 18.12.1998) leben im Haushalt der Antragsgegnerin und werden von ihr erzogen und versorgt.

Der Antragsteller ist Schichtmeister bei der Firma "C2". Sein monatliches Nettoeinkommen beträgt - wie zwischen den Parteien in zweiter Instanz unstreitig geworden ist - 4.420,16 EUR monatsdurchschnittlich. Davon sind Fahrtkosten i.H.v. 110 EUR monatlich, der Gewerkschaftsbeitrag mit 31,69 EUR monatlich, Aufwendungen für seine Altersvorsorge (Direktversicherung und Riesterrente) i.H.v. insgesamt 104,88 EUR monatlich und eine anteilige Darlehnsrate an seine Eltern mit 40 EUR monatlich abzusetzen, mit der Folge, dass von einem anrechenbaren Einkommen des Antragstellers i.H.v. 4.133,59 EUR auszugehen ist.

Die Antragsgegnerin ist derzeit krankheitsbedingt erwerbslos wegen einer schweren chronischen psychischen Störung, die bereits in ihrer Kindheit angelegt war und spätestens seit Januar 2008 zur vollständigen Aufhebung ihrer Erwerbsfähigkeit geführt hat. Sie bezieht eine Rente wegen Erwerbsminderung i.H.v. 816,88 EUR netto monatlich. Ihre bisherige Erwerbsbiografie stellt sich wie folgt dar: Sie hat nach Beendigung ihrer Schulausbildung im Jahr 1981 eine Ausbildung zur Industriekauffrau abgeschlossen. Im Anschluss daran hat sie bis Januar 1986 und, nach einer Unterbrechung ihrer Erwerbstätigkeit wegen der Betreuung ihres vor der Ehe mit dem Antragsteller geborenen Sohnes N, von Oktober 1989 bis Juli 1992 vollschichtig und danach bis Juli 1997 teilschichtig in ihrem Beruf gearbeitet. In der Ehe mit dem Antragsteller hat sie nicht gearbeitet, sondern sich der Haushaltsführung und der Kindererziehung gewidmet.

Die Antragsgegnerin hat im Scheidungsverbund beantragt, den Antragsteller ab Rechtskraft der Scheidung zur Zahlung von Ehegattenunterhalt i.H.v. 1.339 EUR, davon 286 EUR für den Altersvorsorgeunterhalt und 1.053 EUR für den Elementarunterhalt, bzw. ab Januar 2011 zur Zahlung von Ehegattenunterhalt i.H.v. 1.290 EUR, davon 271 EUR für den Altersvorsorgeunterhalt und 1.019 EUR für den Elementarunterhalt, sowie zur Zahlung von monatlichem Kindesunterhalt - in Abänderung der Jugendamtsurkunden der Stadt C vom 8.2.2008 (Urk. Nr. 22/2008 und 23/2008) - i.H.v. 556 EUR für B und 462 EUR für M, bzw. i.H.v. 556 EUR für jedes Kind ab Januar 2011 zu verurteilen.

Der Antragsteller hat beantragt, die Anträge der Antragsgegnerin abzuweisen, hilfsweise den Ehegattenunterhalt zeitlich zu befristen.

Das Familiengericht hat ein Sachverständigengutachten des Dr. med. S vom 5.12.2009 zur Frage der Er...

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