Leitsatz (amtlich)
Hat sich eine GmbH eine Geschäftsordnung für die Geschäftsführung gegeben, die für bestimmte Geschäftsführungsmaßnahmen die vorherige Zustimmung der Gesellschafterversammlung vorsieht, kann die Gesellschafterversammlung die Geschäftsordnung mit einfacher Mehrheit aufheben. Es ist hierfür auch dann keine satzungsändernde Mehrheit erforderlich, wenn die Satzung die Regelung enthält, dass u.a. solche Geschäftsführungsmaßnahmen, die die Geschäftsordnung bestimmt, der vorherigen Zustimmung der Gesellschafterversammlung bedürfen.
Normenkette
GmbHG § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2
Verfahrensgang
LG Münster (Urteil vom 28.07.2009; Aktenzeichen 25 O 97/08) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 28.7.2009 verkündete Urteil der 5. Kammer für Handelssachen des LG Münster teilweise abgeändert. Der zu Nr. 1 des Urteilstenors beschiedene Klageantrag zu Nr. 1 wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz werden gegeneinander aufgehoben. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Kläger auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Mit der zuletzt in diesem Verfahren noch anhängigen Klage hat der Kläger die Feststellung der Nichtigkeit eines Gesellschafterbeschlusses (Antrag zu 1) sowie die Feststellung der Unwirksamkeit der ihm mit Schreiben vom 25.6.2008 gegenüber erklärten Kündigung (Antrag zu 2) begehrt.
Der Kläger war neben Herrn H Geschäftsführer und Gesellschafter bei der Beklagten. An deren Stammkapital ist der Kläger zu 30 % und Herr H zu 40 % beteiligt; die verbleibenden 30 % der Beteiligung hält die Beklagte mittlerweile selbst.
In der Satzung der Beklagten vom 3.3.1997, auf die im Übrigen Bezug genommen wird (Bl. 36 ff. GA), sind folgende Regelungen enthalten:
"§ 5 Geschäftsführung und Vertretung
(...) (3) Die Rechte und Pflichten der Geschäftsführer ergeben sich aus dem Gesetz, dem Anstellungsvertrag und den von den Gesellschaftern gegebenen Anweisungen. Die Gesellschafter können mit einfacher Mehrheit eine Geschäftsordnung für die Geschäftsführung beschließen.
(4) Die Vertretungsbefugnis der Geschäftsführer im Außenverhältnis ist unbeschränkt. Die Geschäftsführungsmaßnahmen, die über den gewöhnlichen Geschäftsverkehr hinausgehen, und solche, die die Geschäftsordnung bestimmt, bedürfen jedoch (im Innverhältnis) der vorherigen Zustimmung der Gesellschafterversammlung.
§ 6 Gesellschafterversammlung und Gesellschafterbeschlüsse
(...) (8) Beschlüsse über eine Änderung des Gesellschaftsvertrages, Kapitalerhöhungen und Herabsetzungen sowie die Auflösung der Gesellschaft bedürfen einer Mehrheit von 75 % der stimmberechtigten Stimmen, (...)"
Unter Bezugnahme auf § 5 Abs. 3 der Satzung hat sich die Geschäftsführung der Beklagten eine Geschäftsordnung gegeben, auf die Bezug genommen wird (Bl. 70 ff. GA - Anlage K9). Dort heißt es in § 5 unter der Überschrift "Aufhebung, Ergänzung und Änderung der Geschäftsordnung":
"Aufhebung, Ergänzung und Änderung der Geschäftsordnung bedürfen der Zustimmung der Gesellschafterversammlung."
In § 4 heißt es unter der Überschrift "Katalog zustimmungsbedürftiger Geschäfte":
"Die Geschäftsführer bedürfen zur Vornahme der in der Anlage der vorherigen Zustimmung der Gesellschafterversammlung."
Mit Einladung vom 15.5.2008 berief der Geschäftsführer H für den 30.6.2008, 11:00 Uhr in den Geschäftsräumen der Beklagten eine Gesellschafterversammlung ein, die auf Wunsch des Klägers unter Beibehaltung der Uhrzeit auf den 24.6.2008 vorverlegt wurde. Gegenstand der Tagesordnung zu TOP 7 war die "Beschlussfassung über eine Geschäftsordnung".
In der Gesellschafterversammlung vom 24.6.2008 waren beide Gesellschafter, der Kläger und Herr H, die sich zudem der Hilfe anwaltlich und steuerrechtlich beratender Personen bedienten, anwesend.
In dem vom Geschäftsführer H als Versammlungsleiter erstellten Verlaufsprotokoll über die Gesellschafterversammlung (Bl. 58 ff. - Anlage K8) heißt es zu TOP 7:
"Herr T erläutert für die Gesellschaft, dass die Geschäftsordnung die Aufgabenverteilung zwischen den Geschäftsführern regele. Nachdem die Gesellschaft nunmehr nur noch einen Geschäftsführer habe, ein Bedarf an weiteren Geschäftsführern mit Rücksicht auf die Ergebnisse der letzten Jahre nicht erkennbar sei, sei die Geschäftsordnung entbehrlich."
Der Gesellschafter H machte folgenden Beschlussvorschlag:
"Für die Führung der Geschäfte der W GmbH ausreichend und im Kosteninteresse sinnvoll ist, dass die Geschäftsführung einem Geschäftsführer obliegt und vor diesem Hintergrund die zur Regelung der Aufgabenverteilung von mehreren Geschäftsführern verabschiedete Geschäftsordnung der Geschäftsführung der W GmbH vom 1.3.1997 in der Fassung der ergänzenden Beschlüsse vom 21.10.1998 und 24.12.1998 hiermit mit sofortiger Wirkung aufgehoben und außer Kraft gesetzt wird.
Der Kläger machte den Beschlussvorschlag, dass die bisherige Geschäftsordnung aufrechterhalten bleibt.
Nachdem der Gesellschafter H seinem Beschlussvorschlag gegen die ablehnenden Stimmen des Klägers zugestimmt hatte, lehnte er den ...