Verfahrensgang

LG Essen (Entscheidung vom 11.06.1981; Aktenzeichen 6 O 206/81)

 

Tenor

Die Anschlussberufung des Beklagten gegen das am 11. Juni 1981 verkündete Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Essen wird zurückgewiesen.

Auf die Berufung des Klägers wird unter Zurückweisung des-Rechtsmittels im Übrigen das genannte Urteil so abgeändert:

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 10.000 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 15. Mai 1181 zu zahlen.

Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger den gesamten künftigen Schaden zu ersetzen, der ihm - dem Kläger - daraus entstehen kann, dass ihm der Beklagte am 4. April 1990 eine Bleikugel in den rechten Augenraum geschossen hat.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des ersten Rechtszuges hat der Beklagte zu tragen.

Von den Kosten des zweiten Rechtszuges werden dem Kläger 54 % und dem Beklagten 46 % auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Es beschwert den Kläger in Höhe von 10.000 DM und den Beklagten um 9.500 DM.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt vom Beklagten die Zahlung eines Schmerzensgeldes und die Feststellung der Ersatzpflicht des Beklagten für zukünftig auftretende Schäden aus einem Vorfall vom 4.4.1990.

Die Parteien sind befreundet. Am Abend des 4.4.1930 hielt sich der Kläger, der damals gerade 17 Jahre alt war, mit mehreren befreundeten Jugendlichen in der Wohnung der Familie xxx auf. Gegen 20.45 Uhr kam auch der damals 16 Jahre und 9 Monate alte Beklagte hinzu. Er brachte seine Co2 Gasdruck-Pistole Kaliber 4,5 mm, mit, die er einige Monate zuvor käuflich erworben hatte. Als er das Zimmer betrat, richtete er die Pistole auf den Kläger und forderte diesen auf und heraus, "feige" zu sagen. Dabei lachte der Beklagte. Der Kläger ging darauf ein und sagte: "feige". Daraufhin drückte der Beklagte ab. Er war der Annahme, die Pistole sei nicht geladen. Der Kläger wurde von dem "xxx", einer Bleikugel, im Bereich des rechten Augenraums getroffen. Die Kugel drang durch das rechte Oberlid in die Augenhöhle, schlug schläfenwärts auf den Augapfel und drang, von diesem abgelenkt, in die Spitze der knöchernen Augenhöhle ein, wo sie heute noch steckt. Vom 4. bis zum 17.4.1980 wurde der Kläger stationär in der Augenklinik der xxx behandelt.

Der Kläger hat behauptet:

Die Sehkraft auf dem rechten Auge sei durch den Vorfall auf 35 % der Norm vermindert. Das im Augenraum steckende Bleigeschoss, dessen Entfernung zu riskant sei, könne jederzeit weiteren Schaden verursachen. Insbesondere sei zu befürchten, dass eine Entzündung des rechten Auges auf das gesunde linke Auge übergreifen könne.

Der Beklagte hat behauptet, der Kläger dramatisiere die Folgen der Schussverletzung. Eine nennenswerte Sichtbehinderung sei nicht eingetreten. Die in der Augenhöhle verbliebene Kugel könne auch keinen weiteren Schaden anrichten. Außerdem müsse sich der Kläger ein erhebliches Mitverschulden anlasten lassen.

Das Landgericht hat den Beklagten unter Annahme einer Haftungsquote von 80 % zur Zahlung eines Schmerzensgeldes von 4.800 DM verurteilt und festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet sei, dem Kläger 4/5 aller Schäden zu ersetzen, die dieser in Zukunft dadurch erleiden werde, dass sich durch den im Augenraum verbliebenen Bleikörper die Sehfähigkeit weiter vermindere, insbesondere durch den Verlust der Sehfähigkeit des linken Auges, aus welchen Gründen dies auch immer eintreten möge.

Gegen dieses Urteil, auf dessen vorgetragenen Inhalt gemäß § 543 ZPO Bezug genommen wird, hat der Kläger Berufung eingelegt, mit der er nunmehr die Zahlung eines Schmerzensgeldes von insgesamt 20.000 DM und die Feststellung begehrt, dass der Beklagte verpflichtet ist, ihm - dem Kläger - allen zukünftigen Schaden aus dem Vorfall vom 4.4.1980 zu ersetzen. Der Beklagte hat Anschlussberufung eingelegt, mit der er eine Reduzierung des zuerkannten Schmerzensgeldes anstrebt.

Der Kläger wiederholt sein erstinstanzliches Vorbringen. Er behauptet, geltend, dass nach der letzten mündlichen Verhandlung in erster Instanz sich weitere Komplikationen ergeben hätten. Es sei ein Wundstar aufgetreten, der zu einer Trübung der Linse geführt habe, die immer weiter fortschreite und befürchten lasse, dass die Sehkraft auf dem rechten Auge vollständig ausfalle.

Der Kläger wendet sich ferner gegen die Feststellung eines Mitverschuldens. Er habe niemals damit rechnen können, dass der Beklagte den Auslöser betätigen würde, erst recht nicht damit, dass der Beklagte sich zuvor nicht 100-prozentig darüber vergewissert haben könnte, dass die Pistole ungeladen sei. Auch wenn entgegen seiner Auffassung ein Mitverschulden anzunehmen sei, so sei dies doch so gering zu veranschlagen, dass es hinter dem leichtsinnigen Verhalten des Beklagten völlig zurücktreten müsse.

Das vom Landgericht zugebilligte Schmerzensgeld sei bei Augenverletzungen der hier vorliegenden Art unverhältnismäßig gering. Angesichts seiner Jugend und des Umstandes, sein ganzes Leben mit dieser Behinderung, insbesondere der Gefahr der völligen Erblindun...

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