Leitsatz (amtlich)
1. Zur Frage der Wirksamkeit von Preisanpassungsklauseln in Energieversorgungsverträgen mit Sonderkunden, für die nicht die allgemeinen Energieversorgungstarife gelten.
2. Die widerspruchslose Hinnahme und Begleichung von Rechnungen mit erhöhten Preisen und der Weiterbezug von Energie führt in Vertragsverhältnissen mit Sonderkunden nicht ohne weiteres zu einer konkludenten Einigung auf die erhöhten Preise.
Verfahrensgang
LG Dortmund (Entscheidung vom 18.01.2008; Aktenzeichen 6 O 341/06) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 18. Januar 2008 verkündete Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Dortmund wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleitung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I.
Gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO wird auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils Bezug genommen, soweit sich aus dem Nachfolgenden nichts anderes ergibt.
Mit der Berufung vertritt die Beklagte weiterhin die Auffassung, dass die vorgenommenen Abtretungen unwirksam seien, da auch Geldforderungen vom Kontrahierungszwang erfasst würden. Zudem werde auch gegen § 32 Abs. 5 AVBGasV verstossen, da das dort normierte Zustimmungserfordernis nicht nur für Verpflichtungen bestehe, so dass auch die Abtretung von Rechten der Zustimmung bedürfe.
Die Kunden der Kundengruppen 3 bis 5 seien als Tarifkunden anzusehen, so dass § 4 AVBGasV unmittelbar anwendbar und sie zur Preisanpassung berechtigt sei. Die ursprünglich bestehenden Sonderverträge der Gruppen 3 und 4 seien aufgrund der vereinbarten Durchtarifierung zu Tarifverträgen geworden. Bereits die Betreffzeile der Änderung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (Anlage CC 57) verweise darauf, dass eine solche angetragen werde. Dies gelte auch für das Schreiben Anlage CC8 bzw. CC7. Der Preis habe sich nicht geändert, auch die AVBGasV seien bereits vorher vertraglich einbezogen gewesen. Zudem sei der Kunde nicht schutzbedürftig, da er besser gestellt sei.
Auf eine Annahmeerklärung durch die Kunden habe sie verzichtet. Die Kunden hätten zudem durch weiteren Gasbezug ihr Einverständnis mit der vorgenommenen Änderung zumindest konkludent erklärt. Es sei weiterhin zu beachten, dass sie auch die für die Tarifkunden zu entrichtende Konzessionsabgabe gezahlt habe
Hilfsweise werde geltend gemacht, dass die Sonderverträge von ihr gekündigt worden seien und durch den Weiterbezug von Gas durch die Kunden ein konkludenter Tarifvertrag geschlossen worden sei. Das Kündigungsrecht habe sie durch Übersendung der Schreiben CC7 und CC8 wirksam ausgeübt.
Da die Verträge mit den Kunden der Kundengruppe 5 erst nach der vorgenommenen Durchtarifierung abgeschlossen worden seien, seien diese als Tarifkunden anzusehen. Alle Verträge könnten nur als Tarifverträge ausgelegt werden, die Falschbezeichnung der angegebenen Preise als Sonderpreise schade nicht.
Auch wenn § 4 AVBGasV nicht unmittelbar anwendbar sei, stünden ihr Preisanpassungsrechte aus einer vertraglichen Einbeziehung des § 4 AVBGasV jedenfalls bei den Kundengruppen 1, 3, 4, und 5 zu.
Wenn dies für unwirksam gehalten werde, habe sie jedenfalls aufgrund der sonstigen vertraglich vereinbarten Preisanpassungsklauseln ein Anpassungsrecht. Die Verträge der Kunden der Kundengruppe 1 und 3 enthielten ein zu § 4 AVGBasV inhaltsidentisches Preisanpassungsrecht. Gegenüber den Kunden der Kundengruppe 2 und 4 sei sie zu einer Preisanpassung gemäß § 1 Ziffer 2 AVB-SK der X befugt. Bei den Kunden der Kundengruppe 5 bestehe ein Preisanpassungsrecht aus § 1 Abs. 2 AVB-SK S, bei dem Kunden M ergebe sich dies aus Ziffer 2.3. der Bedingungen zu Sonderabkommen über die Lieferung von Gas. Im übrigen kämen die Kunden in den Genuss der Bestabrechnung.
Das Preisanpassungsrecht sei durch öffentliche Bekanntmachung und Veröffentlichung ordnungsgemäß ausgeübt. Eine Änderung der Tarifpreise sei auch erfolgt. Die Änderungen seien den Kunden bekannt gemacht worden.
Ein Verstoß gegen § 307 BGB sei weder bei einer vertraglichen Einbeziehung des § 4 AVBGasV noch bei den übrigen Preisanpassungsklauseln anzunehmen. Der BGH habe ausdrücklich entschieden, dass den AVB-Regelungen Leitbildfunktion zukomme. Auch habe der Gesetzgeber eine sachliche Gleichbehandlung von Tarif- und Sondervertragskunden angestrebt. Dies gelte umso mehr angesichts der gesetzlichen Wertungen der §§ 310 Abs. 2, 307 Abs. 3 Satz 1 BGB. Zudem reiche das Gebot, in einer einseitigen Preisänderungsklausel die preisbildenden Faktoren zu konkretisieren, nur so weit, wie der Klauselverwender die Möglichkeit hierzu habe. Treu und Glauben geböten nur, dass die Klausel wirtschaftliche Nachteile und Belastungen soweit erkennen lasse, wie dies nach den Umständen gefordert werden könne. Ihr sei es angesich...