Entscheidungsstichwort (Thema)
Überprüfung der Versicherungssumme eine Gebäudeversicherung bei Umbauvorhaben durch Versicherungsmakler
Leitsatz (amtlich)
Ein für ein Umbauvorhaben umfassend beauftragter Versicherungsmakler hat die Versicherungssumme einer bestehenden Gebäudeversicherung bei der Erstellung der Deckungsanalyse zu überprüfen, wenn die Gebäudeversicherung die Substanz des Altbaus weiterhin absichern soll. Erteilt der Auftraggeber keine ausreichenden Informationen zu der bestehenden Gebäudeversicherung und kann ihn der Makler deswegen nicht umfassend beraten, hat der Makler auf diesen Umstand hinzuweisen. Unterbleibt der Hinweis, kommt eine Haftung des Maklers in Betracht, wenn der Altbau unterversichert ist und die vom Auftraggeber im Schadensfall zu beanspruchenden Versicherungsleistungen die tatsächlichen Wiederherstellungkosten nicht abdecken.
Normenkette
BGB § 280
Verfahrensgang
LG Essen (Urteil vom 27.06.2006) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 27.6.2006 verkündete Urteil des Einzelrichters der 12. Zivilkammer des LG Essen unter Zurückweisung des weiter gehenden Rechtsmittels abgeändert.
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtliche durch den Brand des Gebäudes B-Straße 168 in F am 29.5.2004 erlittenen Vermögensschäden zu ersetzen, die der Klägerin dadurch entstanden sind, dass es die Beklagte unterlassen hat, ihr eine Gebäudeversicherung mit einer Versicherungssumme zu vermitteln, die die Wiederherstellungskosten für den zerstörten Altbau vollständig abdeckt.
Die weiter gehende Feststellungsklage bleibt abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung der Klägerin aus diesem Urteil durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Das Urteil beschwert beide Parteien mit mehr als 20.000 EUR; die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
A. Sachverhaltsdarstellung
Der Senat nimmt Bezug auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil. Der Sachverhalt stellt sich nunmehr wie folgt dar:
Durch notariellen Kaufvertrag vom 20.12.2002 erwarb die Klägerin das mit einem Wohnhaus bebaute Grundstück B-Straße 168 in F zum Preise von 450.000 EUR. Am 7.9.2004 wurde sie als Eigentümerin in das Grundbuch eingetragen.
Die Klägerin beabsichtigte, das Haus zu einem Bürogebäude umzubauen und an die Unternehmensberatung E, Dr. O & Partner zu vermieten. Das Gebäude war durch die Voreigentümer bei der B mit einer Versicherungssumme 1914 von 60.000 Mark zum gleitenden Neuwert versichert.
Schon vor Eigentumserwerb begann die Klägerin mit Um- und Ausbaumaßnahmen. Zuvor hatte sie durch die Zeugin R telefonisch Kontakt aufgenommen zu dem Geschäftsführer M der Beklagten, die als Versicherungsmaklerin tätig ist. Die Klägerin wünschte die Vermittlung der Versicherung des Gebäudes. Über den konkreten Inhalt des der Beklagten erteilten Maklerauftrages streiten die Parteien. Beiden war jedoch bekannt, dass durch die Voreigentümer eine Gebäudeversicherung bestand. Der Versicherungsvertrag befand sich noch in Händen der Voreigentümer und war im Detail nicht bekannt.
In Erfüllung ihres Maklerauftrages vermittelte die Beklagte der Klägerin u.a. den Abschluss einer Bauleistungsversicherung einschließlich der Sonderklauseln 55 und 80 sowie den Abschluss einer Bauherrenhaftpflichtversicherung, jeweils bei der W AG. Die Einzelheiten zur vermittelten Bauleistungsversicherung ergeben sich aus dem Versicherungsschein (Anlage B 3, Bl. 118-125 GA) nebst einbezogenen Bedingungen einer "Charta-Spezialpolice" des Versicherers (Anlage B 4, Bl. 149-164 GA).
Nach dem Beginn der Bauarbeiten durch die Klägerin wurde das Gebäude am 29.5.2004 durch einen Brand in großem Umfang - nach Ansicht der Klägerin sogar vollständig - zerstört.
Die bei der B bestehende Gebäudeversicherung ist eingetreten. Sie hat den Neuwert der alten Bausubstanz einschließlich zu berücksichtigender Kosten nach einem von ihr eingeholten Gutachten der Sachverständigen S + Partner vom 4.4.2005 (in Auszügen Bl. 693-732 GA) auf 626.450,96 EUR beziffert und einen geringeren Betrag als "Zeitwertschaden" erstattet. Wegen der aus Sicht der Klägerin offenen "Neuwertspitze" führt sie gegen die B einen Rechtsstreit, der noch nicht rechtskräftig abgeschlossen ist.
Die von der Beklagten vermittelte Bauleistungsversicherung ist ebenfalls eingetreten und hat für den Verlust der Ausbauarbeiten aufgrund einer erteilten Abrechnung (Bl. 334-336 GA) ca. 50.000 EUR als Entschädigung gezahlt. Die Klägerin berechnet ihren Ausbauaufwand auf etwa 135.000 EUR (Bl. 325 GA). Das insgesamt geplante Umbauvolumen beziffert sie auf ca. 300.000 EUR (Bl. 4 GA) und legt hierzu eine Kostenschätzung ihres Architekten S2 vor, die einen Kostenaufwand von ca. 460.000 EUR aufzeigt (Bl. 337/338 GA).
Im vorliegenden Rechtsstreit nimmt die Klägerin die Be...