Entscheidungsstichwort (Thema)

Unterbrechung des Unterhaltsprozesses durch Insolvenzverfahren. Unterbrechung des Unterhaltsprozesses durch insolvenzverfahren

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Unterhaltsverpflichteten unterbricht den Unterhaltsprozess wegen der bis Eröffnung fällig gewordenen Ansprüche. Die künftigen Unterhaltsansprüche werden von der Verfahrensunterbrechung nicht erfasst. Insoweit kann bei Entscheidungsreife und Abgrenzbarkeit ein vertikales Teilurteil ergehen.

2. Bei gesteigerter Unterhaltspflicht gem. § 1603 Abs. 2 BGB sind an die Bemühungen um eine Arbeitsplatzsuche hohe Anforderungen zu stellen. Die bloße Meldung beim Arbeitsamt als arbeitssuchend reicht nicht aus. Bleiben die Erwerbsbemühungen des Unterhaltsverpflichteten hinter den zu stellenden Anforderungen zurück, sind ihm fiktive Einkünfte anzurechnen.

 

Normenkette

ZPO § 240; BGB § 1603 Abs. 2

 

Verfahrensgang

AG Beckum (Urteil vom 09.10.2003; Aktenzeichen 6 F 207/03)

 

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das am 9.10.2003 verkündete Urteil des AG - FamG - Beckum wird zurückgewiesen, soweit er sich hiermit für die Zeit ab November 2003 gegen seine ausgeurteilte Verpflichtung zur Zahlung von Kindesunterhalt in Höhe von monatlich 184 Euro für die Klägerin zu 1) und monatlich 152 Euro für die Klägerin zu 2) wendet.

Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Tatbestand

Die am 9.1.1997 geborene Klägerin zu 1) und die am 23.10.2000 geborene Klägerin zu 2) sind die Töchter des Beklagten aus seiner seit dem 9.1.2003 rechtskräftig geschiedenen Ehe mit der - inzwischen wiederverheirateten - Kindesmutter und gesetzlichen Vertreterin der Klägerinnen, in deren Haushalt die Klägerinnen leben. Beide Klägerinnen haben bis einschließlich April 2003 Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz (UVG) erhalten, eine Rückabtretung übergegangener Ansprüche ist nicht erfolgt.

Der am 24.9.1964 geborene Beklagte ist gelernter Betriebsschlosser mit abgeschlossener Weiterbildung zum Maschinenbautechniker, seit Januar 2001 aber (im Wesentlichen) durchgängig arbeitslos. Das zuletzt erzielte Erwerbseinkommen des Beklagten betrug monatlich rund 2.300 DM = 1.175,97 Euro, ab dem 19.2.2001 bezog der Beklagte anschließend bis zum 12.8.2001 Kranken- und Übergangsgeld, danach zunächst Sozialhilfe, später dann Arbeitslosengeld in Höhe von kalendertäglich 24,07 Euro; seit dem 23.5.2003 erhält er inzwischen Arbeitslosenhilfe in Höhe von kalendertäglich 22,38 Euro. Ein Rentenantrag des Beklagten ist abschlägig beschieden worden. Seit dem 22.9.2003 hat der Beklagte vorübergehend im Rahmen einer Nebentätigkeit mit einem Einkommen von monatlich 160 Euro als Aushilfsfahrer gearbeitet, diese Tätigkeit nach eigenen Angaben aber inzwischen wegen aufgelaufener Zahlungsrückstände des Arbeitgebers wieder eingestellt.

Mit Beschluss vom 29.10.2003 ist über das Vermögen des Beklagten das Insolvenzverfahren eröffnet worden.

Nach vorangegangenem vorprozessualen Auskunftsverlangen mit Schriftsatz ihres damaligen Bevollmächtigten vom 5.6.2001 nehmen die Klägerinnen den Beklagten für die Zeit ab 1.6.2001 auf Kindesunterhalt - bis April 2003 allerdings nur in Höhe des Differenzbetrages zwischen Regelbetrag und gewährten Leistungen nach dem UVG - in Anspruch.

Die Klägerinnen haben behauptet, der Beklagte sei entgegen eigener Darstellung vollschichtig erwerbsfähig und aufgrund seiner Ausbildung in der Lage, ein Bruttoeinkommen von monatlich mindestens 2.500 Euro zu erzielen.

Der Beklagte hat hinsichtlich des rückständigen Unterhalts fehlenden Verzug gerügt, die Aktivlegitimation der Klägerin wegen angeblichen Sozialhilfebezugs bestritten und sich im Übrigen wegen gesundheitlicher Beeinträchtigungen in Form von Hüft- und Rückenbeschwerden auf fehlende Leistungsfähigkeit berufen. Er hat insoweit eingewandt, aus gesundheitlichen Gründen nur noch eingeschränkt erwerbsfähig zu sein. Bewerbungen um eine neue Anstellung habe er seit Anfang Juni 2003 - bislang erfolglos - unternommen.

Das AG hat der Klage teilweise stattgegeben und den Beklagten durch das angefochtene Urteil unter Abweisung der weiter gehenden Klage verurteilt, für die Klägerin zu 1) als rückständigen Kindesunterhalt für die Zeit vom 1.6.2001 bis 30.4.2003 insgesamt 818,57 Euro und ab Mai 2003 monatlich 184,00 Euro zu zahlen, für die Klägerin zu 2) dagegen als rückständigen Unterhalt für die Zeit vom 1.6.2001 bis 30.4.2003 insgesamt 850,57 Euro und ab Mai 2003 monatlich 152,00 Euro. Zur Begründung hat das AG ausgeführt, für die Zeit bis Februar 2002 sei auf das tatsächliche Einkommen des Beklagten abzustellen, während er sich ab März 2002 ein fiktives Erwerbseinkommen in früher erzielter Höhe von monatlich 1.175,97 Euro zurechnen lassen müsse, da er sich mangels ausreichender Darlegung geltend gemachter gesundheitlicher Beeinträchtigungen als erwerbsfähig behandeln lassen müsse. Auch danach sei allerdings die Leistungsfähigkeit des Bekla...

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