Verfahrensgang

LG Bochum (Urteil vom 04.02.1988; Aktenzeichen 3 O 438/87)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Bochum vom 4. Februar 1988 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beschwer der Klägerin liegt unter 40.000,00 DM.

 

Gründe

Die Berufung ist nicht begründet. Die Klägerin hat wegen des behaupteten Durchnässungsschadens, den der Arbeitsfilm „Schertgens-Buch Minister f. Verkehr” aufgrund des Wasserrohrbruchs in der Toilettenanlage im Zwischengeschoß in der Nacht vom 20. zum 21.1.1987 davongetragen haben soll, aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt einen Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte.

Die Parteien haben wirksam einen Haftungsausschluß der Beklagten vereinbart. Der behauptete Schaden fällt darunter. Der Haftungsausschluß ergibt sich aus § 6 S. I des Mietvertrages vom 24. März 1983. Danach verpflichtet der Mieter sich, sofort eine ausreichende Inhalt-, Feuer- und Leitungswasserversicherung abzuschließen. Darin liegt zwar kein ausdrücklicher Haftungsausschluß zugunsten des Vermieters. Die diesem gegenüber begründete Verpflichtung, eine ausreichende Versicherung u.a. für Leitungswasserschäden abzuschließen, ist aber bei objektiver Betrachtung nach Treu und Glauben in Anbetracht der tatsächlichen Gegebenheiten und der Interessenlage so zu verstehen, daß der Vermieter für Schäden, die dem Mieter u.a. durch Leitungswasser entstehen, nicht haftet, daß der Mieter das risiko eines Leitungswasserschadens vielmehr selbst durch eine Versicherung abdecken muß. Die vermieteten Räume befinden sich in einem Haus, das um die Jahrhundertwende errichtet wurde und nicht dem neuestens Stand der Technik entspricht. Die zwischen den Geschossen liegenden Toiletten haben über Putz verlegte Wasserleitungen, was heutigem Standard nicht entspricht und die Gefahr für frostbedingte Leitungswasserschäden erhöht. Die Mieträume sollten zum Betrieb eines Fotosatzstudios gewerblich genutzt werden. Es war offenkundig, daß die Klägerin nicht unerhebliche Sachwerte an Arbeitsgeräten und Materialien einbringen würde. Es war naheliegend, daß sie ihre Arbeitsergebnisse dort zumindest zeitweise aufbewahren würde. Es lag daher auch nahe, das Risiko einer Beschädigung von Arbeitsgeräten, Arbeitsmaterial und wertvollen Arbeitsergebnissen u.a. durch möglicherweise austretendes Leitungswasser zu Lasten der Klägerin abzusichern. Die Klägerin konnte den Wert von Geräten, Materialien und Arbeitsergebnissen ausreichend zuverlässig beurteilen. Der Beklagten fehlte die erforderliche Kenntnis. Es war daher vernünftig, wenn die Klägerin die notwendige Versicherungssumme selbst abklärte. Die Vereinbarung eines Haftungsausschlusses entsprach auch der Interessenlage beider Parteien. Ohne die Klausal würde die Beklagte für Schäden der Klägerin, die auf Leitungswasser zurückzuführen sind, haften, soweit sie sie schuldhaft verursacht hat oder soweit sie nach § 538 BGB gewährleistungspflichtig ist. Daß die Beklagte im Rahmen einer Gebäudeversicherung gegen Leitungswasserschaden versichert und daß sie auch haftpflichtversichert ist, steht ihrem Interesse an einem Haftungsausschluß nicht entgegen. Die Beklagte hatte, was wirtschaftlich einleuchtet, ein Interesse daran, ihre Versicherung für Leitungswasserschäden im Geschäftsbereich der Klägerin nicht in Anspruch nehmen zu müssen und von Auseinandersatzungen über Ursache Art und Umfang solcher Schäden verschont zu bleiben. Die Klägerin, die empfindliches Filmmaterial – sog. Lithos –, die eine Vorstufe für den Druck zusammengestellter Bild- und Textkombinationen sind, herstellt, war daran interessiert, gegen jedes Risiko ausreichend abgesichert zu sein. Wenn sie sich daher der Beklagten gegenüber vertraglich verpflichtete, sich entsprechend zu versichern, bedeutete das, daß sie es übernahm für mögliche Schäden als Folge u.a. von Feuer oder austretendem Leitungswasser, die eigentliche Haftung in den Bereich der Beklagten fielen, selbst einzustehen. Für Schäden, die sie selbst schuldhaft verursacht hatte, war eine Verpflichtung der Beklagten gegenüber nämlich überflüssig, da hierfür eine Haftung der Beklagten nicht ausgelöst wurde.

Der demnach zugunsten der Beklagten vereinbarte Haftungsausschluß ist wirksam. Ein Verstoß gegen das AGB-Gesetz kommt nicht in Betracht; denn es handelt sich um einen Individualvertrag, den die Parteien für dieses Mietobjekt ausgehandelt haben. Der Haftungsausschluß gilt, was grundsätzlich zulässig ist (Palandt-Putzo, BGB, 47. Aufl., § 538 Anm. 1; BGBZ 29/295) für Gewährleistungsansprüche; denn die Haftung des Vermeiters kommt insbesondere in Gewährleistungsfällen in Betracht, in denen häufig streitig ist, ob es sich überhaupt um Gewährleistungsmängel handelt. Bei vernünftiger Würdigung ist davon auszugehen, daß darüberhinaus jegliche und damit auch die Haftung aus positiver Vertragsverletzung und aus unerlaubter Handlung erfaßt ist (vgl. dazu Voelskow in MK § 538 Rdnr. 16; OLG Frkft VersR 73, 425).

D...

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