Leitsatz (amtlich)

1. Den Besteller kann eine Mitverantwortung an der Schadensentstehung nach § 254 BGB treffen, wenn er auf dem Gewerk des Unternehmers aufbaut und selbst weitere Bauleistungen erbringt (vgl. BGH, BauR 2003, 1213, juris Rdnr. 17).

2. Führt die Beseitigung vom Unternehmer zu vertretender Mängel (hier: Sanierung von Rissen im Estrich) dazu, dass dadurch zwangsläufig auch allein vom Besteller zu vertretende Mängel (hier: nicht auf die Estrichrisse zurückzuführende Risse in den Fliesen) mit beseitigt werden, kann dieses unbillige Ergebnis durch Anwendung (des Rechtsgedankens) von § 254 Abs. 1 BGB korrigiert werden (vgl. Langen, BauR 2011, S. 381 [386 f.]).

 

Normenkette

BGB § 254 Abs. 1, §§ 633, 634 Nr. 2, § 637 Abs. 3

 

Verfahrensgang

LG Münster (Urteil vom 30.01.2014; Aktenzeichen 2 O 469/10)

 

Tenor

Auf die von der Streithelferin der Beklagten geführte Berufung wird das am 30.01.2014 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des LG Münster (Az. 2 O 469/10) teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Kostenvorschuss zur Beseitigung des mangelhaften Estrichs im Wohnzimmer des Hauses der Klägerin (Grundstück Gemarkung G, Flur ..., Flurstück ..., Grundbuch von G Blatt ..., G-Straße 3, G) in Höhe von 3.600,- EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 20.01.2011 zu zahlen.

2. Die Beklagte wird weiter verurteilt, an die Klägerin Privatgutachterkosten in Höhe von 451,18 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 20.01.2011 zu zahlen.

3. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtliche weiteren Kosten in Höhe von 60 % zu ersetzen, die der Klägerin aufgrund der Beseitigung des mangelhaften Estrichs im Wohnzimmer ihres Hauses (Grundstück Gemarkung G, Flur ..., Flurstück ..., Grundbuch von G Blatt ..., G-Straße 3, G) entstehen, soweit sie über die oben genannten Beträge hinausgehen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weiter gehende Berufung wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 40 % und die Beklagte zu 60 %. Die durch die Nebenintervention der Streithelferin der Beklagten verursachten Kosten tragen die Klägerin zu 40 % und im Übrigen die Streithelferin der Beklagten selbst.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

(abgekürzt gemäß §§ 540 Abs. 1, Abs. 2, 313a Abs. 1 Satz 1, 543, 544 ZPO, § 26 Nr. 8 Satz 1 EGZPO)

A. Die zulässige, von der Streithelferin der Beklagten geführte Berufung ist teilweise begründet.

I. Kostenvorschussanspruch der Klägerin zur Beseitigung des mangelhaften Estrichs

Der Klägerin steht gegen die Beklagte nach dem Ergebnis der im Berufungsverfahren ergänzend durchgeführten Beweisaufnahme gemäß §§ 633, 634 Nr. 2, 637 Abs. 3 BGB ein Kostenvorschussanspruch zur Beseitigung des mangelhaften Estrichs im Wohnzimmer ihres Hauses in Höhe von 3.600,- EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 20.01.2011 zu. Im Senatstermin am 10.03.2015 hat die Klägerin ausdrücklich klargestellt, mit der Klage insofern einen Kostenvorschussanspruch geltend zu machen.

1. Nach den nachvollziehbaren und überzeugenden Feststellungen des Sachverständigen Dipl.-Ing. T in seinem schriftlichen Gutachten vom 24.11.2009 des vorangegangenen selbständigen Beweisverfahrens (LG Münster, Az. 2 OH 38/08 = BA) und im Senatstermin am 10.03.2015 ist der von der Beklagten durch ihre Streithelferin im Wohnzimmer des Hauses der Klägerin eingebrachte Estrichboden deswegen i.S.d. § 633 Abs. 2 BGB mangelhaft, weil der im Estrich vorhandene Riss nicht fachgerecht saniert worden ist. Der Sachverständige Dipl.-Ing. T hat hierzu im Senatstermin am 10.03.2015 (ebenso in seinem schriftlichen Gutachten vom 24.11.2009, S. 13 = Anlage d. BA lose) festgestellt, dass die notwendige v-förmige Aufweitung des Estrichrisses fehle, was dazu führe, dass der Rissquerschnitt nicht vollfugig und deswegen letztlich nicht kraftschlüssig verbunden worden sei. Dagegen wenden die Beklagte bzw. ihre Streithelferin nichts Erhebliches ein. Sie bestreiten im Wesentlichen allein die Kausalität dieses Umstandes für den Schadenseintritt (Rissentstehung).

2. Der von der Beklagten durch ihre Streithelferin nicht fachgerecht sanierte Estrichriss war nach dem Ergebnis der im Berufungsverfahren ergänzend durchgeführten Beweisaufnahme (mit-)ursächlich für die Rissentstehung.

Der Sachverständige Dipl.-Ing. T hat im Senatstermin am 10.03.2015 gut nachvollziehbar erläutert, dass die von der Beklagten durch ihre Streithelferin nicht fachgerecht vorgenommene Sanierung des Estrichrisses mit sehr großer Wahrscheinlichkeit zum Auftreten der Fliesenrisse im dortigen Bereich geführt habe. Das ist für den Senat aufgrund der nicht ausreichenden Verklebung des Estrichrisses und der deswegen nicht erreichten kraftschlüssigen Verbindung sowie der unmittelbaren räumlichen Nähe des Fliesenrisses zu demjenigen im Estrich sehr gut nac...

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