Leitsatz (amtlich)
Eine Kostenerstattung ist auch in Ehewohnungssachen nach § 200 Abs. 1 Nr. 1 FamFG nur zurückhaltend anzuordnen, sofern die Wohnungszuweisung nicht auf einer schuldhaften Begehung der in § 1361b Abs. 2 Satz 1 BGB genannten Rechtsverletzungen beruht und insbesondere Belange eines im Haushalt lebenden minderjährigen Kindes für die Zuweisung der Ehewohnung maßgeblich sind.
Verfahrensgang
AG Freiburg i. Br. (Aktenzeichen 49 F 480/21) |
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde des Antragsgegners wird Ziffer 7 des Beschlusses des Amtsgerichts - Familiengericht - Freiburg vom 16.03.2021 wie folgt abgeändert und neu gefasst:
Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
3. Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf bis zu 500 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Antragsgegner wendet sich gegen eine Kostenentscheidung in einem einstweiligen Anordnungsverfahren wegen Zuweisung einer Ehewohnung.
Die Antragstellerin und der Antragsgegner bewohnten mit ihren vier minderjährigen Kindern als Mieter eine Wohnung in ..., .... Am 19.10.2020 verließ die Antragstellerin mit den Kindern die Wohnung und zog vorläufig zu ihren Eltern nach .... In der Folgezeit zog die neue Lebensgefährtin des Antragsgegners, eine Nachbarin, mit ihren zwei Kindern, die sie im Wechselmodell betreut, zu ihm in die Wohnung.
Die Antragstellerin beantragte mit Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 08.02.2021 im Wege der einstweiligen Anordnung die Zuweisung der Ehewohnung an sich. Der Antragsgegner ist dem Antrag entgegengetreten und begehrte seinerseits die Zuweisung der Ehewohnung an sich.
Durch Beschluss vom 16.03.2021 wies das Amtsgericht Freiburg die Ehewohnung für die Dauer des Getrenntlebens der Antragstellerin zur alleinigen Benutzung zu und gab dem Antragsgegner auf, die Wohnung zu räumen und an die Antragstellerin herauszugeben. Der Antrag des Antragsgegners auf Zuweisung der Ehewohnung an ihn wurde zurückgewiesen. In Ziffer 7 des Beschlusses wurden die Kosten des Verfahrens dem Antragsgegner auferlegt, da es im billigen Interesse liege, dass der unterlegene Antragsgegner die Verfahrenskosten trage.
Gegen den Beschluss, ein Empfangsbekenntnis der Verfahrensbevollmächtigten des Antragsgegners ist nicht bei der Akte, legte der Antragsgegner durch seine Verfahrensbevollmächtigte am 30.03.2021 per Fax Beschwerde ein, die sich lediglich gegen die Kostenentscheidung richtet. Zur Begründung führt er aus, dass in gleichgelagerten Fällen regelmäßig eine Kostenaufhebung erfolge. Das erstinstanzliche Gericht habe die Kostenentscheidung nicht begründet und unberücksichtigt gelassen, dass die Antragstellerin die Wohnung verlassen und sie zur anderweitigen Vermietung angeboten habe. Auch habe sie ihm eine Liste der Gegenstände übermittelt, die sie mitnehmen möchte, so dass er davon ausgegangen sei, in der Ehewohnung verbleiben zu können.
Die Antragstellerin hat zu der Beschwerde des Antragsgegners keine Stellungnahme abgegeben.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II. Die nach §§ 57 Satz 2 Nr. 5, 58 Abs. 1, 63 Abs. 2 Nr. 1, 64 Abs. 2 FamFG zulässige Beschwerde des Antragsgegners hat in der Sache Erfolg.
1. Die Beschwerde wurde fristgerecht eingelegt. Zwar ist kein Empfangsbekenntnis der Verfahrensbevollmächtigten des Antragsgegners zur Akte gelangt. Da der erstinstanzliche Beschluss vom 16.03.2021 stammt und die Beschwerde des Antragsgegners am 30.03.2021 per Fax beim Amtsgericht Freiburg einging, ist die Frist von zwei Wochen gemäß § 63 Abs. 2 Nr. 1 FamFG eingehalten.
2. Die isolierte Anfechtung der Kostenentscheidung ist in Familiensachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit zulässig. Unerheblich ist, dass der Wert des Beschwerdegegenstandes bei der vom Antragsgegner angestrebten Kostenaufhebung den Beschwerdewert von 600 EUR gemäß § 61 Abs. 1 FamFG nicht übersteigt, da es sich bei dem vorliegenden Verfahren in einer Ehewohnungssache nicht um eine vermögensrechtliche Angelegenheit im Sinne der Vorschrift handelt (BGH vom 25.09.2013 - XII ZB 464/12, juris Rn. 14; OLG Karlsruhe vom 13.07.2021 - 18 WF 78/21, juris Rn. 7; Prütting/Helms/Abramenko, FamFG, 6. Auflage 2023, § 61 Rn. 3).
3. Für den vorliegenden Fall kann dahinstehen, ob das Beschwerdegericht bei der Überprüfung einer Kostenentscheidung gemäß § 81 Abs. 1 Satz 1 FamFG darauf beschränkt ist, die angefochtene Entscheidung auf Ermessensfehler zu überprüfen oder ob es eine eigene Ermessensentscheidung zu treffen hat. Denn das Amtsgericht hat seine Kostenentscheidung nicht näher begründet, sondern nur festgestellt, dass es im billigen Interesse liegt, dass der unterlegene Antragsgegner die Kosten des Verfahrens trägt. Es kann daher nicht festgestellt werden, dass das von § 81 Abs. 1 Satz 1 FamFG gebotene Ermessen überhaupt ausgeübt wurde. Das Beschwerdegericht ist danach nicht gehindert, eine eigene Ermessensentscheidung zu treffen (hierzu ausführlich: Musielak/Borth/Frank...