Entscheidungsstichwort (Thema)
Prozesskostenhilfe bei teilweiser, die Berufungssumme nicht erreichender Erfolgsaussicht
Leitsatz (amtlich)
Wenn Berufung in vollem Umfang eingelegt und damit die Berufungssumme erreicht wird, ist hinsichtlich des Erfolg versprechenden Teils dieser Berufung Prozesskostenhilfe zu bewilligen, auch wenn alleine dieser Erfolg versprechende Teil die Berufungssumme nicht erreicht.
Normenkette
ZPO §§ 114, 511
Tenor
Der Beklagten wird Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung unter Beiordnung von Rechtsanwalt Dr. Ammann, Bühl, für den zweiten Rechtszug nach folgender Maßgabe bewilligt:
I. Soweit sie sich gegen die vom Kläger eingelegte Berufung verteidigt (§ 119 ZPO).
II. Hinsichtlich ihrer eigenen Berufung unter Abänderung des Senatsbeschlusses vom 19.9.2005 ab deren Einlegung am 20.10.2005, soweit sie sich gegen eine Verurteilung von mehr als 360,98 EUR richtet.
Im Übrigen wird der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurückgewiesen.
Gründe
Nachdem die Beklagte die mit Schriftsatz vom 22.7.2005 angekündigte Berufung gegen Ziff. 2 des angegriffenen Urteils in vollem Umfang - also i.H.v. 844,98 EUR - eingelegt und damit die Berufungssumme erreicht hat, war ihr hinsichtlich des Erfolg versprechenden, die Berufungssumme nicht erreichenden Teils dieser Berufung in Abänderung des Senatsbeschlusses vom 19.9.2005 ab Einlegung der Berufung am 20.10.2005 (der Schriftsatz vom 22.7.2005 enthielt ersichtlich nur einen PKH-Antrag, da ein Wiedereinsetzungsantrag nach Bewilligung von PKH angekündigt war (BGH FamRZ 2005, 794) Prozesskostenhilfe zu bewilligen. Denn in Höhe dieses Teils kann die Beklagte einen nunmehr - nach zulässiger Einlegung der Berufung - zulässigen, Erfolg versprechenden Berufungsantrag stellen (im Ergebnis ersichtlich ebenso OLG Koblenz v. 4.9.1995 - 13 UF 330/95, FamRZ 1996, 557; Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl., § 117 Rz. 10, der allerdings entgegen der st. Rechtsprechung des Senats eine Prozesskostenhilfebewilligung in diesen Fällen auch dann befürwortet, wenn noch keine zulässige Berufung eingelegt ist). Dies verkennt OLG Hamburg (OLG Hamburg v. 16.9.1996 - 12 WF 24/96, FamRZ 1997, 621; ebenso Zöller/Philippi, ZPO, 25. Aufl., § 114 Rz. 28, unter Bezug u.a. auf BGH v. 8.10.1982 - V ZB 9/82, MDR 1983, 388 = NJW 1983, 1063, der zu diesem Problem allerdings keine Aussage trifft).
Erfolgsaussicht bestand nur in Höhe des 360,98 EUR übersteigenden Betrages, da der Kläger ab Januar 2005 - und damit zum Zeitpunkt der Gehaltspfändungen - wie im Termin erörtert Altersvorsorgeunterhalt i.H.v. 27 EUR und Elementarunterhalt i.H.v. 109 EUR, monatlich damit 137 EUR schuldete. Aufgrund der Abänderung des Unterhaltsvergleichs entfiel damit in Höhe des darüber hinausgehenden Betrages nachträglich der Rechtsgrund, § 812 Abs. 1 S. 2, Alt. 1 BGB. Für die nach Rechtshängigkeit der Klage (12.5.2005) erfolgte Gehaltspfändung über 476,66 EUR konnte sich die Beklagte gem. § 818 Abs. 4 BGB nicht auf Entreicherung berufen, mithin in Höhe eines Betrages von (476,66 EUR - 137 EUR =) 339,66 EUR. Dies gilt aufgrund Kenntnis der Beklagten i.S.d. § 819 Abs. 1 BGB auch für die nach dem erstinstanzlich erklärten Anerkenntnis (SS 7.3.2005) gepfändeten Beträge hinsichtlich der Differenz zwischen dem damit auch nach Auffassung der Beklagten nur noch geschuldetem Unterhalt von 466 EUR und dem gepfändetem Unterhalt von 476,66 EUR, d.h. jeweils i.H.v. 10,66 EUR für die Monate März und April 2005. Insgesamt ergab sich damit ein Rückzahlungsanspruch des Klägers i.H.v. 360,98 EUR.
Fundstellen
Haufe-Index 1531202 |
FamRZ 2006, 1396 |
JurBüro 2007, 43 |
MDR 2007, 49 |
OLGR-Süd 2006, 676 |