Entscheidungsstichwort (Thema)

Notwendige Reparaturkosten in der Gebäudeversicherung nach einem Erdrutsch

 

Leitsatz (amtlich)

1. Zum Begriff des Gebäudes - und damit zur versicherten Sache in der Gebäudeversicherung - gehört auch der Boden des Grundstücks, soweit der Boden notwendige Bedingung für die Standsicherheit des Gebäudes ist. Sind die Fundamente eines Gebäudes nach einem Erdrutsch nicht mehr standsicher, hat die Gebäudeversicherung auch die Kosten für die Wiederherstellung der Böschung zu ersetzen, soweit dies für die Standsicherheit der Fundamente notwendig ist.

2. Im Übrigen sind die Kosten der Wiederherstellung der Böschung gleichzeitig "notwendige Reparaturkosten" für die Instandsetzung der Gebäudekonstruktion, wenn diese Arbeiten sich als notwendige Vorarbeiten für die Instandsetzung der abgerutschten Wände des Gebäudes darstellen.

 

Normenkette

VGB 2010 §§ 5, 13

 

Verfahrensgang

LG Offenburg (Aktenzeichen 2 O 232/15)

 

Tenor

Der Senat erwägt eine Zurückweisung der Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Offenburg vom 22.09.2017 - 2 O 232/15 -. Die Parteien erhalten vor einer Entscheidung Gelegenheit zur Stellungnahme binnen drei Wochen.

 

Gründe

I. Der Kläger macht gegen die Beklagte Ansprüche aus einem Gebäudeversicherungsvertrag geltend.

Der Kläger ist Eigentümer des Anwesens S.straße 15 in L.. Das Grundstück ist bebaut mit einem Wohngebäude und landwirtschaftlichen Nebengebäuden. Entsprechend dem Versicherungsschein vom 02.07.2012 haben die Parteien über die auf dem Grundstück befindlichen Gebäude einen Vertrag über eine Wohngebäudeversicherung abgeschlossen. Nach diesem Vertrag sind mitversichert die auf dem Grundstück befindlichen Nebengebäude, nämlich eine Maschinenhalle und ein Gebäude, das als Holzunterstand dient. Es sollten die Wohngebäudeversicherungsbedingungen der Beklagten (WGB S 01/05) gelten. Vereinbart wurden dabei Entschädigungsleistungen der Beklagten auch für sogenannte weitere Elementarschäden, insbesondere sollte der Kläger einen Entschädigungsanspruch haben, wenn versicherte Sachen durch Erdrutsch zerstört oder beschädigt werden (K 2.1.5 WGB S 01/05). Wegen der weiteren Einzelheiten der vertraglichen Vereinbarungen wird auf den Versicherungsschein vom 02.07.2012 und die beigefügten Versicherungsbedingungen (Anlage K 2) verwiesen.

Das Grundstück des Klägers liegt in unmittelbarer Nähe eines Bachlaufs. Am 11.07.2014 rutschten nach Starkregen erhebliche Teile der auf dem Grundstück des Klägers befindlichen Böschung am Rand des Bachlaufes ab. In die Maschinenhalle drangen erhebliche Mengen Erdreichs aus dem höher gelegenen Gelände ein. Ein Teil des Holzunterstandes rutschte mit der Böschung ab; weitere Teile des Holzunterstandes wurden beschädigt. Unstreitig ist eine Reparatur und Wiederherstellung des Holzunterstandes nur möglich, wenn vorher die abgerutschte Böschung in diesem Bereich wiederhergestellt wird.

Der Kläger machte nach dem Ereignis vom 11.07.2014 Entschädigungsansprüche gegen die Beklagte aus dem Versicherungsvertrag geltend. Die Beklagte zahlte auf die vom Kläger geltend gemachten Ansprüche unter Berücksichtigung eines Selbstbehalts von 200,00 EUR am 18.01.2017 insgesamt 8.955,00 EUR (vgl. das Abrechnungsschreiben in der Anlage K 16).

Der Kläger hat erstinstanzlich die Auffassung vertreten, die Beklagte sei wegen des Erdrutsches vom 11.07.2014 zu wesentlich höheren Entschädigungsleistungen verpflichtet. Die Parteien haben über die Frage gestritten, ob die Beklagte verpflichtet ist, auch die notwendigen Kosten für die Wiederherstellung der Böschung zu ersetzen, oder ob der Kläger - wenn er den Holzunterstand wiederherstellen will - zunächst die Böschung auf eigene Kosten wiederherstellen muss, und von der Beklagten nur die danach noch erforderlichen Kosten zur Reparatur des Holzunterstandes verlangen kann.

Mit Urteil vom 22.09.2017 hat das Landgericht Offenburg den Anträgen des Klägers überwiegend entsprochen und wie folgt entschieden:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 55.287,54 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21.10.2014 zu bezahlen, abzüglich am 18.01.2017 geleisteter 8.955,00 EUR.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger weitere 577,17 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 15.06.2017 zu bezahlen.

3. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger sämtliche weiteren, nach den Wohngebäudeversicherungsbedingungen der R + V Privatpolice WGB S 01/05 (Anlage K 2) versicherten, ursächlich auf den Erdrutsch vom 11.07.2014 auf dem Anwesen S.straße 15, L., zurückzuführenden Kosten, insbesondere notwendige Reparaturkosten für die Wiederherstellung des im Gutachten vom 08.12.2016 im Verfahren vor dem Landgericht Offenburg zu Az: 2 O 232/15 näher beschriebenen Brennholzunterstandes, zu erstatten, soweit diese den nach Tenor Ziffer 1 hierfür zugesprochenen Betrag übersteigen.

4. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Im Hinblick auf ...

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