Leitsatz (amtlich)

Bei einer nach § 110 ZPO angeordneten Prozesskostensicherheit ist die isolierte Abänderung der Anordnung im Verfahren nach der für (sonstige) prozessuale Sicherheitsleistungen geltenden Bestimmung des § 109 ZPO nicht zulässig.

 

Normenkette

ZPO §§ 109-110; RPflG § 20 Nr. 3

 

Verfahrensgang

LG Karlsruhe (Beschluss vom 22.07.2004; Aktenzeichen 2 O 4/04)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 21.12.2005; Aktenzeichen III ZB 73/05)

 

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des LG Karlsruhe vom 22.7.2004 wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Antragsteller.

3. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

4. Der Beschwerdewert wird auf 55.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

1. Der Antragsteller begehrt die Bestimmung einer Frist für die Erklärung der Einwilligung in die Rückgabe einer von ihm als Sicherheitsleistung gestellten Bankbürgschaft. Das LG (Prozessgericht) hat mit Zwischenurteil vom 2.10.2003 gem. § 110 Abs. 1 ZPO angeordnet, dass der Antragsteller wegen der Prozesskosten Sicherheit i.H.v. 110.000 EUR zu leisten habe. Seinen auf Rückgabe der Sicherheit gerichteten Antrag hat die Rechtspflegerin mit Beschl. v. 22.7.2004 zurückgewiesen. Die Veranlassung für die Sicherheitsleistung sei nicht weggefallen i.S.v. § 109 Abs. 1 ZPO. Der Vortrag des Klägers genüge nicht für die Annahme, er habe nunmehr in Marbella seinen gewöhnlichen Aufenthalt gem. § 110 Abs. 1 ZPO. Der dagegen gerichteten sofortigen Beschwerde hat die Rechtspflegerin nicht abgeholfen und die Sache dem Senat vorgelegt.

2. Die sofortige Beschwerde ist zulässig. Sie betrifft eine ablehnende Entscheidung des Rechtspflegers gem. § 109 Abs. 1 ZPO, gegen die dem Antragsteller gem. §§ 11 Abs. 1 RPflG, 109 Abs. 4, 567 Abs. 1 ZPO grundsätzlich die sofortige Beschwerde offen steht.

3. Das Rechtsmittel ist jedoch unbegründet.

a) Allerdings hätte die angegriffene Sachentscheidung über die Frist zur Einwilligung in die Rückgabe der Sicherheit nicht ergehen dürfen. Der darauf gerichtete Antrag war unzulässig. Die Anordnung der Prozesskostensicherheit gem. §§ 110 ff. ZPO durch das Zwischenurteil des LG als Prozessgericht vom 2.10.2003 kann nicht im Wege des Verfahrens nach § 109 ZPO rückgängig gemacht werden.

Der Zwischenstreit über die Verpflichtung des Klägers, eine Sicherheit nach § 110 ZPO leisten zu müssen, soll im Interesse einer zügigen Prozessführung möglichst zügig entschieden werden (OLG Hamburg v. 5.2.1991 - 6 W 10/91, WM 1991, 925). Das der Einrede der mangelnden Prozesskostensicherheit stattgebende Zwischenurteil ist nicht selbständig anfechtbar (§§ 303, 512, 557 Abs. 2 ZPO). Insbesondere handelt es sich - anders als wenn das Gericht die Einrede verwirft - nicht um ein Zwischenurteil über die Zulässigkeit der Klage i.S.v. § 280 ZPO. Ein solches Zwischenurteil lässt vielmehr die Zulässigkeit der Klage noch offen. Über sie ist erst in einem etwa nachfolgenden Verfahrensabschnitt durch (echtes) Endurteil gem. § 113 S. 2 ZPO zu entscheiden (BGH v. 25.11.1987 - IVa ZR 135/86, BGHZ 102, 232 = MDR 1988, 298, unter I). Würden selbständige Rechtsmittel auch gegen solche Zwischenurteile zugelassen, die die Sicherheitsleistung anordnen, könnte das zu einer unter prozessökonomischen Gesichtspunkten nicht hinnehmbaren beträchtlichen Erschwerung und Verlängerung des Verfahrens führen. Durch ein selbständiges Rechtsmittel würde das Hauptverfahren auch nicht von den im Zwischenverfahren behandelten Fragen der Prozesskostensicherheit vollständig entlastet. Das ergibt sich vor allem aus § 112 Abs. 3 ZPO, wonach der Beklagte im Laufe des Rechtsstreits ggf. eine weitere Sicherheit verlangen kann (BGH v. 25.11.1987 - IVa ZR 135/86, BGHZ 102, 232 = MDR 1988, 298, unter I).

Wollte der Gesetzgeber gegen das Zwischenurteil selbst kein Rechtsmittel einführen, kann nach Überzeugung des Senats auch nicht angenommen werden, dass die isolierte Abänderung der Anordnung einer Prozesskostensicherheit im Verfahren nach der für (sonstige) prozessuale Sicherheitsleistungen geltenden Bestimmung des § 109 ZPO zulässig sein soll. Hierdurch wäre das Hauptverfahren in gleicher Weise beeinträchtigt. Die mögliche Beeinträchtigung verstärkt sich sogar, wenn man berücksichtigt, dass der Gesetzgeber Entscheidungen nach § 109 ZPO gem. § 20 Nr. 3 RPflG dem Rechtspfleger übertragen hat. Bei einer nach § 110 ZPO angeordneten Prozesskostensicherheit könnte der Rechtspfleger der von dem Prozessgericht bejahten Hürde für die Zulässigkeit der Klage während des laufenden Hauptverfahrens - wenn auch aufgrund neuer Tatsachen - "den Boden entziehen". Anschließend käme ein erneuter Antrag der Beklagtenseite beim Prozessgericht nach § 110 ZPO in Betracht usw. Die darin liegende Gefahr wiederholter divergierender Entscheidungen von Prozessgericht und Rechtspfleger über eine für die Zulässigkeit der Klage wesentliche Voraussetzung erscheint nicht hinnehmbar. Das Hauptverfahren wäre unverhältnismäßig stark belastet und in einer prozessökonomisch unvertretbaren Art und ...

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