Leitsatz (amtlich)

Strafrestaussetzung zur Bewährung, wenn die Vollzugsbehörde dem Verurteilten Vollzugslockerungen zu Unrecht versagt hat.

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Verurteilten wird der Beschluss des Landgerichts - Strafvollstreckungskammer - F. vom 2. Oktober 2007 aufgehoben.

Die Vollstreckung der restlichen Gesamtfreiheitsstrafe aus dem Urteil des Amtsgerichts B. vom 24. Oktober 2006 wird zur Bewährung ausgesetzt.

Der Verurteilte ist zu entlassen.

Die Bewährungszeit wird auf drei Jahre festgesetzt.

Der Verurteilte wird der Aufsicht und Leitung des/der für seinen künftigen Wohnort zuständigen Bewährungshelfers/in unterstellt.

Es ergehen folgende Weisungen:

  • 1.

    Der Verurteilte hat bei seiner Familie in L., G., Wohnung zu nehmen.

  • 2.

    Jeden Wechsel seines Wohnsitzes, auch nach einer möglichen Übersiedelung oder Abschiebung ins Ausland, hat er unverzüglich, d.h. binnen einer Woche, dem/der Bewährungshelfer/in und der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts F. zu oben genanntem Aktenzeichen mitzuteilen.

    Die Belehrung über die Bedeutung der Strafaussetzung zur Bewährung wird der Justizvollzugsanstalt F. übertragen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die dem Verurteilten insofern entstandenen notwendigen Auslagen fallen der Staatskasse zur Last.

 

Gründe

Mit Urteil des Amtsgerichts B. vom 24.10.2006 wurde F. B. wegen Diebstahls unter Einbeziehung der Strafe aus einem Urteil des Amtsgerichts R. vom 4.5.2006 zu der Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten verurteilt. Zwei Drittel der Strafe waren am 28.7.2007 verbüßt. Endstrafe ist auf den 8.4.2008 notiert. Eine weitere gegen den sich seit 7.2.2006 zunächst in Untersuchungshaft, seit 8.8.2006 in Strafhaft befindenden Verurteilten verhängte Gesamtfreiheitsstrafe von zehn Monaten aus einem Urteil des Amtsgerichts V. vom 11.3.2005 (wegen Diebstahls) und eine zweimonatige Freiheitsstrafe aus einem Urteil des Amtsgerichts W. vom 28.11.2005 (wegen Körperverletzung) sind zwischenzeitlich vollstreckt. Mit Beschluss der Strafvollstreckungskammer vom 13.7.2007 war die Reststrafenaussetzung zum Zweidrittelzeitpunkt abgelehnt und die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde am 7.8.2007 vom Senat verworfen worden. Mit der hier angegriffenen Entscheidung hat das Landgericht F. ein am 1.10.2007 eingekommenes Reststrafengesuch zurückgewiesen. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde des Verurteilten hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg.

Unter den gegebenen Umständen des vorliegenden Einzelfalls kann die bedingte Entlassung des Verurteilten unter Berücksichtigung des Sicherheitsinteresses der Allgemeinheit verantwortet werden (§ 57 Abs. 1 StGB). Aufgrund der gebotenen Überprüfung des gesamten Sachverhalts kommt der Senat nach ergänzender Sachverhaltsaufklärung bei Abwägung der für und gegen eine Strafaussetzung sprechenden Gesichtspunkte zu der für eine bedingte Entlassung genügenden Überzeugung, dass eine ausreichende Chance gegeben ist, der Verurteilte werde die kritische Probe in Freiheit bestehen.

Zwar konnte der Senat nicht übersehen, dass der Verurteilte bereits in der Vergangenheit mit zahlreichen - auch einschlägigen - Straftaten in Erscheinung getreten ist. Das Bundeszentralregister weist vor den jetzt vollstreckten Urteilen seit 1993 21 Einträge auf, wobei der Verurteilte - neben anderen Taten, insbesondere Fahren ohne Fahrerlaubnis - allein elf Mal wegen Diebstahlsdelikten verurteilt werden musste. Zwar handelte es sich ersichtlich meist um Taten geringeren Gewichts, die mit Geldstrafen geahndet werden konnten. Doch wurden immerhin in den Jahren 1998/99 drei sechsmonatige Freiheitsstrafen aus Urteilen vom 19.6.1996 (wegen Diebstahls), 28.11.1997 und 15.5.1998 (jeweils wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis) teilweise vollstreckt. Die am 24.2.1999 ausgesetzten Restfreiheitsstrafen konnten freilich nach Ablauf der Bewährungszeit erlassen werden. Zum Zeitpunkt der Begehung der verfahrensgegenständlichen Straftat stand der Verurteilte unter zweifacher Bewährung.

Dennoch ist von einer günstigen Prognose auszugehen. Trotz der - schon einige Jahre zurückliegenden - Strafverbüßung, die den Verurteilten ebenso wie laufende Bewährungen offensichtlich nicht von neuer Straffälligkeit abhalten konnte, erscheint er durch den nun seit nahezu zwei Jahre andauernden Freiheitsentzug ersichtlich beeindruckt. Dabei trägt zu seiner Haftempfindlichkeit sicher die schwierige Situation seiner Familie - die ihrerseits erkrankte Ehefrau des Verurteilten hat die drei gemeinsamen Kinder und die schwerkranke Mutter des Verurteilten allein zu versorgen - bei. Dass der Verurteilte vom Strafvollzug beeindruckt ist, ergibt sich auch aus der Stellungnahme der Justizvollzugsanstalt ., die am 21.6.2007 anlässlich der Prüfung der Reststrafenaussetzung zum Zweidrittelzeitpunkt erstellt und in der dem Verurteilten ein positiver Vollzugsverlauf und insbesondere regelmäßige Arbeitsleistungen bescheinigt wurden. Auch die Entlassungssituation ist nicht ungünstig. Der Verurteilte...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge