Verfahrensgang
AG Freiburg i. Br. (Beschluss vom 10.09.2015; Aktenzeichen 50 F 2665/15) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des AG - Familiengericht - Freiburg vom 10.09.2015 abgeändert und der Antragstellerin für das erstinstanzliche Verfahren ratenfreie Verfahrenskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt K., T., bewilligt.
Gründe
I. Die Antragstellerin begehrt Verfahrenskostenhilfe für einen Antrag auf Erlass einer Gewaltschutzanordnung gegen den Antragsgegner.
Mit Beschluss vom 10.09.2015 hat das AG - Familiengericht - Freiburg den Antrag der Antragstellerin auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe zurückgewiesen. Die beabsichtigte Rechtsverfolgung habe keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Aus weiter zurückliegenden Verletzungen könne, die Richtigkeit des Vortrags der Antragstellerin unterstellt, nicht ohne weiteres auf eine fortbestehende Wiederholungsgefahr geschlossen werden. Zudem seien aufgrund der Aufhebung der räumlichen Nähe zwischen den beteiligten Schutzmaßnahmen nicht mehr erforderlich. Auf den Beschluss des Familiengerichts wird verwiesen.
Gegen diesen ihr am 14.09.2015 zugestellten Beschluss hat die Antragstellerin mit am 17.09.2015 beim AG Freiburg eingegangenem Schriftsatz sofortige Beschwerde eingelegt. Sachbezogen wird im Wesentlichen vorgetragen, es sei lediglich deshalb nicht zu weiteren Übergriffen gekommen, weil die Antragstellerin untergetaucht sei. Das Hauptsacheverfahren dürfe nicht in das Verfahrenskostenhilfeprüfungsverfahren verlagert werden. Auf die Beschwerdebegründung wird Bezug genommen.
Der Antragsgegner ist der Beschwerde entgegengetreten. Er bestreitet, die Antragstellerin im Juli/August 2014 zweimal vergewaltigt zu haben. Es seien keine Umstände vorgetragen, die eine Anordnung nach dem Gewaltschutzgesetz rechtfertigen würden. Seit Oktober 2014 habe es zwischen den Beteiligten keinen Kontakt mehr gegeben. Es fehle an der Wiederholungsgefahr. Die Anschrift der Antragstellerin sei ihm nicht bekannt.
Das Familiengericht Freiburg hat der sofortigen Beschwerde mit Beschluss vom 22.09.2015 nicht abgeholfen und die Akten dem Beschwerdegericht zur Entscheidung vorgelegt.
II. Die gemäß §§ 76 Abs. 2 FamFG, 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO statthafte und auch im Übrigen gemäß §§ 567 ff. ZPO zulässige sofortige Beschwerde ist begründet. Der Antrag der Antragstellerin auf Erlass einer Anordnung gemäß § 1 GewSchG hat in der Sache die für die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe gemäß §§ 76 Abs. 1 FamFG, 114 Abs. 1 ZPO erforderliche hinreichende Aussicht auf Erfolg.
1. Die Erfolgsaussicht der beabsichtigten Rechtsverfolgung ist hinreichend, wenn nach vorläufiger summarischer Prüfung der Rechtsstandpunkt des Antragstellers zumindest objektiv vertretbar erscheint und für den Verfahrenserfolg eine gewisse Wahrscheinlichkeit besteht (Zöller/Geimer, ZPO, 31. Auflage 2016, § 114 Rn. 19; Johannsen/Henrich/Markwardt, Familienrecht, 6. Auflage 2015, § 114 ZPO Rn. 11). Diese Voraussetzungen sind vorliegend gegeben. Grundlage der Entscheidung ist dabei der letzte Erkenntnisstand des Gerichts, das heißt der Sach- und Streitstand im Zeitpunkt der Beschlussfassung (Zöller/Geimer, a.a.O., § 119 Rn. 44).
2. Gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 GewSchG hat das Gericht auf Antrag bei einer vorsätzlichen Verletzung des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit einer Person die zur Abwendung weiterer Verletzungen erforderlichen Maßnahmen zu treffen. Hierzu hat die Antragstellerin unter zeitlicher, örtlicher und situativer Eingrenzung im Einzelnen dargelegt, dass sie vom Antragsgegner ab Ende Juli 2014 laufend mit Schlägen bedroht, in einem Zimmer in der Wohnung festgehalten und quasi "wie ein Tier" behandelt worden sei. Ende Juli/Anfang August 2014 habe der Antragsgegner sie zweimal vergewaltigt.
Ausgehend von diesem Sachvortrag hat der Antragsgegner vorsätzlich und widerrechtlich nicht nur die körperliche Bewegungsfreiheit der Antragstellerin eingeschränkt, sondern durch die zweifache Vergewaltigung auch unbefugt in deren körperliche Integrität eingegriffen. Damit sind insoweit in objektiver und subjektiver Hinsicht die materiellrechtlichen Voraussetzungen für Anordnungen von Schutzmaßnahmen nach dem Gewaltschutzgesetz ausreichend dargetan.
Der Antragsgegner hat sich zu diesen Vorwürfen bislang nicht substantiiert geäußert und lediglich bestritten, die Antragstellerin vergewaltigt zu haben. Bereits aus diesem Grund kann im Verfahrenskostenhilfeprüfungsverfahren eine gewisse Wahrscheinlichkeit für die Richtigkeit des Vorbringens der Antragstellerin nicht verneint werden. Die Frage, ob sich der von der Antragstellerin geschilderte Geschehensablauf mit einer zur richterlichen Überzeugungsbildung ausreichenden Sicherheit feststellen lässt, muss dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben, wobei der Anhörung der Beteiligten voraussichtlich entscheidende Bedeutung zukommt.
3. Maßnahmen nach dem Gewaltschutzgesetz sollen gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 GewSchG der "Abwendung weiterer Verletzungen" dienen, se...