Verfahrensgang
AG Baden-Baden (Entscheidung vom 15.08.2006; Aktenzeichen 15 F 11/06) |
Tenor
Der Klägerin wird ratenfreie Prozesskostenhilfe für die beabsichtigte Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Baden- Baden vom 15.8.2006 (15 F 11/06) bewilligt, soweit sie einen Anspruch auf nachehelichen Unterhalt i.H.v. 21,- EUR monatlich für die Zeit ab 07.02.2006 geltend macht.
Ihr weitergehendes Prozesskostenhilfegesuch wird zurückgewiesen.
Im Umfang der Bewilligung wird ihr Rechtsanwalt Kloth/ Teningen beigeordnet.
Gründe
I.
Gegenstand des Verfahrens sind Ansprüche der Klägerin auf nachehelichen Unterhalt.
Die am 10.03.1992 geschlossene Ehe der Parteien, die ursprünglich beide Staatsangehörige der Russischen Föderation waren, wurde mit Urteil des Amtsgerichts Baden-Baden vom 1. März 2005 (15 F 197/03) geschieden. Die von der Klägerin hiergegen eingelegte Berufung wurde mit Urteil des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 21. Dezember 2005 (2 UF 63/05) zurückgewiesen. Seit 7. Februar 2006 ist das Scheidungsurteil rechtskräftig.
Die ursprünglich beide in der Russischen Förderation lebenden Parteien trennten sich 1999. Im gleichen Jahr siedelte der Beklagte als Spätaussiedler in die Bundesrepublik Deutschland über. Er ist nunmehr deutscher Staatsangehöriger.
Die am 22.6.1955 geborene Klägerin ist seit dem 01.01.1997 als Invalidin der dritten Invaliditätsgruppe anerkannt. Sie bezieht eine monatliche Rente. Mit der am ...1994 geborenen ehegemeinsamen Tochter der Parteien lebt sie in Novosibirsk/Russische Förderation in einem Anwesen, für das sie keine Kaltmiete, jedoch Nebenkosten zu zahlen hat.
Der Beklagte arbeitete von 2004 bis 14.07.2005 als Kraftfahrer, vom 15.7.2005 bis zum 12.2.2006 war er arbeitslos und seit 13.02.2006 ist er als Kraftfahrer bei der Firma W. M. Speditionsgesellschaft mbH & Co. KG in A. beschäftigt.
Das Amtsgericht hat die Klage auf nachehelichen Unterhalt abgewiesen unter Hinweis darauf, dass der Klägerin weder nach Art. 90 Ziff. 1, 3. Alternative des Familiengesetzbuch der russischen Föderation vom 19.12.1995 noch nach Art. 90 Ziff. 1, 4. Alternative, ein Anspruch zustehe. Die Klägerin sei zwar als erwerbsunfähig anzusehen, habe jedoch nicht schlüssig dargetan, dass sie bedürftig sei. Auch habe sie das Rentenalter von 55 Jahren nicht erreicht.
Gegen das der Klägerin am 22.08.2006 zugestellte Urteil hat diese mit am 13.09.2006 eingegangenem Schriftsatz für ein beabsichtigtes Berufungsverfahren Prozesskostenhilfe beantragt, um ihre Forderung auf 150,- EUR nachehelichen Unterhalt monatlich ab März 2006 weiter zu verfolgen.
Sie trägt vor, dass sie als Invalidin der 3. Invaliditätsgruppe erwerbsunfähig und bedürftig sei. Sie erhalte eine staatliche Rente von 1.261,42 Rubel monatlich, was einem Betrag von 33,- EUR entspreche. Dieser Betrag liege rund 50% unter dem Existenzminimum in Russland von mindestens 2.205,- Rubel, d.h. von umgerechnet 58,- EUR monatlich. Auch sei es kein vermögenswerter Vorteil, dass sie in einem Haus lebe, für das sie keine Miete zahle, da es für eine solches Haus, wie sie es bewohne, in Russland keinen "Kaltmietzins" gebe. Ihre volljährigen Söhne aus erster Ehe würden sie nur mit immateriellen Leistungen unterstützen. Außerdem habe sie schon dem Amtsgericht Unterlagen zur Verfügung gestellt, aus denen sich ergebe, welche Leistungen im Gebiet Novosibirsk welche Beträge kosten.
Infolge der vollumfängliche Versorgung und Betreuung der ehegemeinsamen Tochter stehe ihr über das Existenzminimum hinaus auch ein Alleinerziehendenzuschlag zu. Angesichts dessen, dass der Beklagte über monatliche Einkünfte in Höhe von 1.500,- EUR netto verfüge, könne sie nicht auf den Differenzbetrag von 25,- EUR zwischen ihrer Rente und dem Existenzminimum verwiesen werden, sondern dürfe an der Verbesserung des Lebensstandards des Beklagten teilhaben.
Der Beklagte beantragt
Zurückweisung des Antrags auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe.
II.
Die beabsichtigte Berufung hat zu einem geringen Teil hinreichende Erfolgsaussicht (§ 114 ZPO.
Das Familiengericht hat einen Anspruch der Klägerin auf nachehelichen Unterhalt zu Unrecht verneint.
1.
Da die Klägerin in Novosibirsk lebt, sind die Unterhaltsvorschriften des russischen Familienrechts anwendbar, Art. 18 Abs. 1 Satz 1 EGBGB.
Die intertemporale Anwendbarkeit des Familiengesetzbuches der russischen Föderation bestimmt sich nach Art. 169 FamBG. Danach sind die Vorschriften des Familiengesetzbuches auf familienrechtliche Beziehungen anzuwenden, die nach seinem Inkrafttreten entstanden sind. In Bezug auf familienrechtliche Beziehungen, die vor dem Inkrafttreten des Familiengesetzbuches entstanden sind, finden Normen auf jene Rechte und Pflichten Anwendung, die nach seinem Inkrafttreten entstehen. Im vorliegenden Fall wurde die Ehe der Parteien noch vor dem Inkrafttreten des neuen Familiengesetzbuches geschlossen. Nach dem Gutachten des Prof. Dr. T. vom 06.04.2006, welches das Amtsgericht beauftragt hatte, wird Art. 169 Pkt. 1 des Familiengesetzbuch aber ...