Leitsatz (amtlich)
›1. Ein nach Anhängigkeit der Klage erfolgender Parteiwechsel führt nicht zu einer Erhöhung des Streitwertes dadurch, daß die zwischen Anhängigkeit der Erstklage und Anhängigkeit des Parteiwechsels liegenden Unterhaltsbeträge als Rückstände im Sinne des § 17 Abs. 4 GKG zu bewerten sind.
2. Wird - nach Titulierung des Unterhalts im Wege der einstweiligen Anordnung (§ 620 ZPO) - der volle, höhere Unterhalt im Wege der Hauptsacheklage geltend gemacht, ist der Streitwert aus dem vollen Unterhalt, nicht lediglich aus der Differenz zwischen dem insgesamt begehrten und dem durch einstweilige Anordnung titulierten Unterhalt festzusetzen.‹
Gründe
I. Die Klägerinnen sind die minderjährigen, ehelichen Kinder des Beklagten, von dem sie Kindesunterhalt begehren.
Im Rahmen des Scheidungsverfahrens der Eltern, das inzwischen durch Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Sinsheim vom 15.10.1996 (20 F 165/95) rechtskräftig abgeschlossen ist, wurde durch einstweilige Anordnung vom 19.10.1995 der Beklagte zur Zahlung von Kindesunterhalt i. H. v. 440,00 DM an die Klägerin Ziff. 1 verpflichtet. Die Klägerin Ziff. 2) lebte bis 23.07.1996 beim Vater.
Mit Klage vom 22.11.1996 - eingegangen bei Gericht am 25.11.1996 - hat zunächst die Mutter der Klägerinnen, sodann haben nach Parteiwechsel die Klägerinnen selbst mit am selben Tag eingegangener Klage vom 20.02.1997 Kindesunterhalt gegen den Beklagten geltend gemacht:
Klägerin Ziff. 1 hat (für die Zeit von Juli 1995 bis April 1996) insgesamt 1.580,00 DM und ab August 1996 monatlich 470,00 DM begehrt; hat einschließlich November 1996 einen Rückstand von insgesamt 1.980,00 DM und ab Dezember 1996 laufenden Kindesunterhalt von monatlich 575,00 DM geltend gemacht.
Der Beklagte hat widerklagend verlangt festzustellen, daß seiner Tochter (Klägerin Ziff. 1) für die Zeit von Januar bis Juli 1996 kein Kindesunterhalt zustehe.
Mit Beschluß vom 17.10.1997 hat das Familiengericht den Streitwert für die Feststellungswiderklage auf 3.080,00 DM, für die Klage bezüglich der Klägerin Ziff. 1 auf insgesamt 3.380,00 DM und für die Klage bezüglich der Klägerin Ziff. 2 auf insgesamt 8.880,00 DM festgesetzt, wobei es streitwertbestimmend lediglich die Differenz zwischen dem von der Klägerin Ziff. 1 geltend gemachten Unterhalt (470,00 DM) und dem bereits durch einstweilige Anordnung titulierten Betrag (440,00 DM) zugrundegelegt hat.
Hiergegen wendet sich der Verfahrensbevollmächtigte des Beklagten mit seiner Beschwerde. Er ist der Ansicht, unbeschadet der bestehenden einstweiligen Anordnung habe die Klägerin Ziff. 1 einen Anspruch auf Titulierung des vollen Unterhalts im Hauptsacheverfahren, so daß der Streitwert entsprechend zu erhöhen sei. Die Klägerinnen haben sich nicht geäußert. Der Amtsrichter hat der Beschwerde nicht abgeholfen, sie vielmehr dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
II. Die gemäß §§ 9 Abs. 2 S. 1 BRAGO, 25 Abs. 3 GKG zulässige Beschwerde ist begründet.
1. Rechtsanwalt ist beschwert. Aus seiner Beschwerdeschrift geht zwar nicht ausdrücklich hervor, ob er sie im eigenen Namen oder für die Partei eingelegt hat. Eine auf Erhöhung des Streitwerts gerichtete Beschwerde ist allerdings regelmäßig als in eigenem Namen eingelegt anzusehen (vgl. Gerold/Schmidt/Madert, BRAGO, 12. Aufl., § 9 Rn. 105; Hartmann, Kostengesetze, 26. Aufl., § 9 BRAGO, Rn. 14).
2. Der Gebührenstreitwert bestimmt sich nach § 17 Abs. 1 und Abs. 4 GKG. Danach ist auf den Jahresbetrag der geforderten Leistungen abzustellen. Eingeklagt waren für die Klägerin Ziff. 1 470,00 DM monatlicher Unterhalt, so daß sich der Jahresbetrag auf 5.640,00 DM beläuft. Hinzuzurechnen sind 1.580,00 DM (Klageantrag Ziff. 1 für die Zeit von Juli 1995 bis April 1996) und 1.880,00 DM (4 x 470,00 DM für August bis November 1996), zusammen 3.460,00 DM Unterhaltsrückstand nach § 17 Abs. 4 GKG.
Denn da die Klage im November 1996 eingegangen ist, gehören die bis zum Ende dieses Monats geltend gemachten Ansprüche in voller Höhe zu den Rückständen (ständige Rechtsprechung des Senats, z. B. Beschluß vom 20.10.1993 - 2 UF 133/92 -, sowie vom 22.11.1995, FamRZ 1986, 194, 195; Wendl/Thalmann, Unterhaltsrecht, 4. Aufl., § 8 Rn. 102).
Insgesamt ergibt sich damit für die Klage ein Streitwert von (3.460,00 DM Rückstand + laufend 5.640,00 DM =) 9.100,00 DM.
a) Der Parteiwechsel auf Klägerseite mit Wirkung vom 20.02.1997 führt nicht dazu, daß die von Dezember 1996 bis einschließlich Februar 1997 geltend gemachten Unterhaltsbeträge nunmehr Rückstände im Sinne von § 17 Abs. 4 GKG darstellen.
Soweit ersichtlich ist bisher dieses Problem weder in Rechtsprechung noch in der Literatur behandelt worden. Der gewillkürte Parteiwechsel ist aus prozeßökonomischen Gründen allgemein anerkannt, auch wenn er unterschiedlich in Rechtsprechung als Klageänderung mit erheblichen Modifikationen, nach der herrschenden Lehre als prozessuales Institut eigener Art behandelt wird (vgl. hierzu MünchKomm/Lüke, ZPO, § 263 Rn. 67 f.). Der hier zulässige Parteiwechsel beendet zwar das Pr...