Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsanwaltsvergütung; Anfall einer Einigungsgebühr in Sorgerechtsverfahren
Leitsatz (amtlich)
Auch in Sorgerechtsverfahren nach § 1666 BGB fällt eine Einigungsgebühr gemäß Nr. 1000 Abs. 1, 1003 VV RVG an, wenn der Verfahrensbevollmächtigte eines Elternteils am Zustandekommen einer Vereinbarung mitwirkt.
Tenor
1. Auf die Beschwerde des Verfahrensbevollmächtigten der Mutter wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Mannheim vom 20.02.2019 (Az. 5 F 1998/18) wie folgt abgeändert:
Auf die Erinnerung des Verfahrensbevollmächtigten der Mutter wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Mannheim vom 28.08.2018 abgeändert und die dem Rechtsanwalt S. aus der Staatskasse zu zahlende Verfahrenskostenhilfevergütung wird auf 860,97 EUR festgesetzt.
2. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I. Die im eigenen Namen erhobene Beschwerde des Verfahrensbevollmächtigten der Mutter wendet sich gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Mannheim vom 20.02.2019, mit dem die Erinnerung gegen die weitere Festsetzung der nach der Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe aus der Staatskasse zu zahlenden Rechtsanwaltsvergütung zurückgewiesen worden ist.
J. N. ist die Mutter des am 24.08.2017 geborenen Kindes K., das in ihrem Haushalt lebt. Sie ist Inhaberin der alleinigen elterlichen Sorge.
Mit Schreiben vom 20.06.2018 regte das Stadtjugendamt M. Maßnahmen nach § 1666 BGB wegen Gefährdung des Kindeswohls an.
In dem vom Amtsgericht anberaumten Anhörungstermin am 19.07.2018, an dem der Verfahrensbevollmächtigte der Mutter teilnahm, trafen die Vertreterin des Stadtjugendamtes M. und die Mutter eine Vereinbarung, die deren Verpflichtung, sich einer psychiatrischen Diagnostik zu unterziehen und gegebenenfalls weitere Therapietermine wahrzunehmen sowie an einem Video-Interaktions-Diagnostik-Training teilzunehmen, beinhaltete.
Darüber hinaus beantragte die Vertreterin des Stadtjugendamtes, der Mutter nach §§ 1666 ff. BGB folgende Auflagen zu erteilen:
- kontinuierlich mit der Familienhilfe zusammenzuarbeiten
- sämtliche Termine mit der Familienhilfe wahrzunehmen
- K. regelmäßig in die Krippe, Kinderhaus K., zu bringen, zumindest in der Zeit von 9.00 Uhr bis 15.00 Uhr
- im Falle einer Erkrankung K.s in der Krippe eine Krankmeldung und ein ärztliches Attest vorzulegen.
Der Verfahrensbevollmächtigte der Mutter erklärte, dass diese solchen Auflagen zustimmen würde.
Daraufhin gab das Amtsgericht der Mutter mit Beschluss vom 27.07.2018 auf (Ziffer 1),
a) mit den Personen der eingesetzten Familienhilfe zusammenzuarbeiten;
b) mit den Mitarbeitern des Jugendamts zusammenarbeiten;
c) K. werktäglich zumindest in der Zeit von 9.00 Uhr bis 15.00 Uhr in die Krippe im Kinderhaus K. zu bringen. Falls K. krankheitsbedingt nicht in die Krippe gehen kann, sind dem Kinderhaus sowohl eine Krankmeldung als auch ein ärztliches Attest vorzulegen,
und setzte den Verfahrenswert auf 3.000,00 EUR (Ziffer 3) fest.
Zur Begründung führte das Amtsgericht insbesondere an, die Auflagen seien erforderlich, um eine Gefährdung K.s auszuschließen. Zu der erforderlichen psychiatrischen Diagnostik und der vom Jugendamt empfohlenen Teilnahme an einem Video-Interaktions-Diagnostik-Training habe sich die Mutter in der Vereinbarung verpflichtet. Der Entzug von Teilen der elterlichen Sorge sei nach derzeitigem Sachstand nicht erforderlich. Ein weitergehender Eingriff in die elterliche Sorge müsse überprüft werden, falls die ausgesprochenen Auflagen und die in der Vereinbarung eingegangenen Verpflichtungen nicht eingehalten würden.
Die Verfahrensbevollmächtigte des Antragstellers stellte unter dem 20.07.2018 einen Antrag auf Festsetzung der Vergütung des beigeordneten Rechtsanwalts über insgesamt 860,97 EUR. Darin enthalten war u. a. eine 1,0 fache Einigungsgebühr (RVG VV Nr. 1003) aus einem Gegenstandswert von 3.000,00 EUR.
Mit am 30.07.2018 durch Übergabe an die Geschäftsstelle erlassenem Beschluss vom 27.07.2018 bewilligte das Amtsgericht der Mutter ratenfreie Verfahrenskostenhilfe für den ersten Rechtszug unter Beiordnung des Beschwerdeführers als Verfahrensbevollmächtigten.
Zu dem Vergütungsfestsetzungsantrag vom 20.07.2018 hat das Amtsgericht mit Verfügung vom 02.08.2018 darauf hingewiesen, dass eine Einigungsgebühr nicht entstanden sei, da es sich um ein Verfahren nach §§ 1666, 1666a BGB handele.
Mit Beschluss vom 28.08.2018 hat das Amtsgericht die dem Beschwerdeführer aus der Staatskasse zu zahlende Verfahrenskostenhilfevergütung auf 621,78 EUR festgesetzt und den weitergehenden Antrag zurückgewiesen. Zur Begründung hat das Amtsgericht ausgeführt, nach obergerichtlicher Rechtsprechung könne eine Einigungsgebühr nach Nr. 1000, 1003 VV RVG für den Gegenstand Sorgerecht nicht entstehen.
Der hiergegen eingelegten Erinnerung hat der Festsetzungsbeamte nach Einholung der Stellungnahme der Staatskasse mit Verfügung vom 27.11.2018 nicht abgeholfen und die Erinnerung der zuständigen Ab...