Leitsatz (amtlich)
Zur Zuständigkeit der Strafvollstreckungskamer für die vom Verurteilten begehrte vorzeitige Sperre gem. § 69 a Abs. 7 StGB.
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Verurteilten wird der Beschluß des Landgerichts Heidelberg vom 16. Mai 2000 aufgehoben.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die dem Verurteilten insoweit entstandenen notwendigen Auslagen fallen der Staatskasse zur Last.
Gründe
I.
Der Beschwerdeführer wurde durch Urteil des Landgerichts Heidelberg vom 20. Dezember 1999 (rechtskräftig seit 27. Januar 2000) wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zehn Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren sechs Monaten verurteilt. Zugleich wurden ihm die Fahrerlaubnis entzogen, sein Führerschein eingezogen und eine Sperrfrist für die Erteilung einer neuen Fahrerlaubnis auf 18 Monate festgesetzt. Mit Schreiben seines Verteidigers vom 25. April 2000 stellte der Verurteilte - der sich in vorliegender Sache seit dem 16. April 1999 in Untersuchungshaft und seit Rechtskraft des Urteils in Strafhaft befindet - den Antrag, die erkannte Sperrfrist nachträglich bis zum 31. Dezember 2000 zu befristen. Diesen Antrag hat das Landgericht Heidelberg als Gericht des ersten Rechtszuges mit Beschluß vom 16. Mai 2000 abgelehnt. Die hiergegen gerichtete zulässige sofortige Beschwerde des Verurteilten führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung.
II.
Das Landgericht Heidelberg als erstinstanzlich erkennendes Gericht war zur Entscheidung über den Antrag des Verurteilten nicht zuständig. Vielmehr obliegt diese der gem. § 462 a Abs. 1 StPO zuständigen Strafvollstreckungskammer. Nach § 463 Abs. 1 StPO gilt die in § 462 a StPO getroffene Zuständigkeitsregelung - ohne daß es ihrer ausdrücklichen Anführung in § 463 Abs. 5 StPO bedurfte - sinngemäß für die nachträglichen Entscheidungen über die Vollstreckung von Maßregeln, denen auch die vom Verurteilten begehrte vorzeitige Aufhebung der Sperre nach § 69 a Abs. 7 StGB zuzurechnen ist (vgl. nur OLG Karlsruhe Die Justiz 1977, 357). Danach ist die Strafvollstreckungskammer während der Vollstreckung einer Freiheitsstrafe zuständig und bleibt dies auch, nachdem die Vollstreckung unterbrochen oder die Vollstreckung des Restes der Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt wurde (vgl. OLG Karlsruhe a. a. O. ; OLG Koblenz NStE Nr. 8 zu § 69 a StGB; OLG Frankfurt NStZ-RR 1996; Fischer in KK-StPO 4. Aufl. § 463 Rdnr. 6; Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO 44. Aufl. § 463 Rdnrn. 11, 3; Tröndle/Fischer, StGB 49. Aufl. § 69 a Rdnr. 15 b).
Ob das erkennende Gericht dann für die Entscheidung nach § 69 a Abs. 7 StGB zuständig ist, wenn die Freiheitsstrafe bereits vollständig verbüßt ist (OLG Stuttgart VRS 57, 113; a. A. OLG Düsseldorf VRS 64, 432 und - jedenfalls während der Dauer der Führungsaufsicht - OLG Hamburg NStZ 1988, 197), die zur Bewährung ausgesetzte Restfreiheitsstrafe schon erlassen ist (OLG Celle VRS 71, 432; a. A. OLG Schleswig bei Ernesti/Lorenzen SchlHA 1983, 114), die Gnadenbehörde die Vollstreckung der Restfreiheitsstrafe zuvor ausgesetzt hat (OLG Hamm VRS 60, 123 = NJW 1980, 2721) oder die Antragstellung nach bedingter Entlassung aufgrund einer Entscheidung des Vollstreckungsleiters in einer Jugendstrafvollstreckungssache erfolgt ist (OLG Düsseldorf VRS 78, 445 = NZV 1990, 237), bedarf keiner Entscheidung, da keine dieser Fallkonstellationen vorliegt.
Da die Freiheitsstrafe gegen den Verurteilten noch vollstreckt wird, besteht auch ein enger Sachzusammenhang zwischen der noch anstehenden Entscheidung nach § 57 StGB und der nach § 69 a Abs. 7 StGB, der es vorliegend sachgerecht erscheinen läßt, in beiden Fällen die Zuständigkeit nur eines Gerichts - und damit zwingend der Strafvollstreckungskammer - anzunehmen. Gerade in Fällen, in denen - wie hier - die Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen auf Charaktermängeln beruht, setzt die Entscheidung über eine vorzeitige Aufhebung der Fahrerlaubnissperre die gleiche umfassende Beurteilung des zugrundeliegenden Sachverhalts und der Persönlichkeit des Verurteilten voraus, die auch bei der Entscheidung über die bedingte Entlassung erforderlich ist (vgl. OLG Düsseldorf VRS 64, 432; OLG Frankfurt a. a. O. ; OLG Koblenz a. a. O. ).
Der angefochtene Beschluß war daher aufzuheben. Ober den Antrag des Verurteilten, wird nunmehr die gem. § 462 a Abs. 1 StPO örtlich zuständige Strafvollstreckungskammer zu entscheiden haben.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 467 Abs. 1 StPO.
Fundstellen
Haufe-Index 2578068 |
DAR 2001, 230 |
NStZ-RR 2001, 253 |
VRS 2001, 118 |
NPA 2001, 0 |
www.judicialis.de 2000 |