Verfahrensgang
LG Karlsruhe (Entscheidung vom 01.09.2004; Aktenzeichen 8 Ns 460 Js 46967/03) |
Tenor
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 01. September 2004 im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit die Strafaussetzung zur Bewährung versagt worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts Karlsruhe zurückverwiesen.
Gründe
I.
Das Amtsgericht Philipsburg verurteilte den Angeklagten am 19.04.2004 wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu der Freiheitsstrafe von 3 Monaten. Der Verwaltungsbehörde wurde untersagt, vor Ablauf von 12 Monaten eine neue Fahrerlaubnis zu erteilen. Die wirksam auf den Rechtsfolgenausspruch insbesondere auf die Frage der Strafaussetzung zur Bewährung -beschränkte Berufung des Angeklagten verwarf das Landgericht Karlsruhe am 01.09.2004, ebenso die Berufung der Staatsanwaltschaft. Hiergegen richtet sich die auf die Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten.
II.
Die Revision hat mit der Sachrüge Erfolg.
Der allein zur Nachprüfung stehende Rechtsfolgenausspruch begegnet hinsichtlich der verhängten Strafe keinen durchgreifenden Bedenken. Soweit es das Landgericht abgelehnt hat, die verhängte Freiheitsstrafe von drei Monaten zur Bewährung auszusetzen, hält die Begründung einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. Sie leidet an einem Erörterungsmangel.
Dem Tatrichter kommt bei der Beantwortung der Frage, ob die verhängte Freiheitsstrafe zur Bewährung auszusetzen ist, weil zu erwarten ist, dass der Angeklagte sich schon die Verurteilung zur Warnung dienen lassen wird und künftig auch ohne die Einwirkung des Strafvollzugs keine Straftaten mehr begehen wird (§ 56 Abs. 1 StGB), ein weiter Bewertungsspielraum zu, in dessen Rahmen das Revisionsgericht jede rechtsfehlerfrei begründete Entscheidung hinzunehmen hat. Ein Eingreifen kommt nur bei Rechts- und Ermessensfehlern in Betracht.
So liegt es hier. Die Würdigung des Landgerichts ist unvollständig und daher rechtlich zu beanstanden, weil sie nicht alle für die Prognoseentscheidung bedeutsamen Gesichtspunkte gegeneinander abgewogen hat.
Ausschlaggebend für die Ablehnung einer günstigen Sozialprognose war für die Kammer ersichtlich, dass der Angeklagte siebenmal einschlägig vorbestraft ist und er trotz der Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe ohne Bewährung durch das Amtsgericht B. die hier abzuurteilenden Straftat begangen hat. Dieses strafrechtlich relevante Vorleben des Angeklagten, insbesondere die Begehung der hier abzuurteilenden Tat nach der Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe ohne Bewährung, ist freilich ein gewichtiger Prognosefaktor.
Hat der Angeklagte aber zwischen Begehung und Aburteilung der Tat erstmals eine Freiheitsstrafe verbüßt, so muss bei Verneinung einer ungünstigen Prognose auch darauf eingegangen werden, welche Wirkungen diese Strafverbüßung auf den Angeklagten hatte (BayOLG DAR 82, 248; Tröndle/Fischer, 52 Auflage, § 56, Rdnr. 6b m.w. Nachweisen). Der von der Strafhaft ausgehende Warneffekt lässt bei einem Erstverbüßer allgemein erwarten, dass das der bloßen Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe nicht vergleichbare Erlebnis von deren Vollstreckung seine Wirkung nicht verfehlt und den Täter befähigt, künftigen Tatanreizen zu widerstehen.
Insoweit hat die Strafkammer zwar festgestellt, dass der Angeklagte trotz Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe ohne Bewährung die hier abzuurteilende Straftat gegangen hat, anschließend festgenommen worden ist und die Strafe voll verbüßt hat. Bei dieser Sachlage hätte das Landgericht sich aber erkennbar mit der Frage auseinander setzen müssen, ob der hiervon ausgehende Warneffekt eine Wirkung auf den Angeklagten erzielt hat und deshalb von einer Strafaussetzung zur Bewährung erwartet werden könnte, dass der Angeklagte diese Chance nutzt und künftig keine Straftaten mehr begeht. Vorliegend ist zu besorgen, dass das Landgericht mit dem zutreffenden -allerdings ohne nähere Erörterung der Auswirkung der erstmals verbüßten Strafhaft auf den Angeklagten -erfolgten Hinweis auf die Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe ohne Bewährung und deren Verbüßung den hiervon bei einem Erstverbüßer zu erwartende Warneffekt zu seinem Nachteil nicht hinreichend gewichtet hat.
Auf dem Erörterungsmangel kann das Urteil hinsichtlich der Versagung der Strafaussetzung zur Bewährung beruhen.
Fundstellen
Haufe-Index 2578076 |
NStZ-RR 2005, 200 |
ZfS 2005, 410 |
NPA 2006, 0 |
SVR 2006, 58 |
StV 2005, 392 |
VRR 2005, 156 |