Entscheidungsstichwort (Thema)

Ergänzung eines Beschlusses im Beschwerdeverfahren bei fehlender Kostenentscheidung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ist im Beschwerdeverfahren die gebotene Kostenentscheidung versehentlich unterblieben, kann die Entscheidung in entsprechender Anwendung von § 321 ZPO ergänzt werden.

2. Wurde der zu ergänzende Beschluss nicht förmlich zugestellt, sondern den Parteien nur formlos mitgeteilt, wird keine Frist für den Ergänzungsantrag in Gang gesetzt. Die zweiwöchige Frist gem. § 321 Abs. 2 ZPO gilt in diesem Fall nicht.

 

Normenkette

ZPO §§ 321, 329 Abs. 2

 

Verfahrensgang

LG Konstanz (Beschluss vom 04.09.2013; Aktenzeichen 6 O 14/12 B)

 

Tenor

1. Der Beschluss des Senats vom 4.9.2013 - 9 W 28/13 - wird auf Antrag der Klägerin wie folgt ergänzt:

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Beklagte.

2. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 7.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Klägerin macht im Verfahren vor dem LG Ansprüche aus einer Berufungsunfähigkeits-Zusatzversicherung geltend. Das LG hat ein Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. med. J. W. eingeholt. Die Beklagte hat den Sachverständigen wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Mit Beschluss vom 28.5.2013 hat das LG den Befangenheitsantrag zurückgewiesen.

Gegen die Zurückweisung des Befangenheitsantrags hat die Beklagte sofortige Beschwerde eingelegt. Der Senat hat mit Beschluss vom 4.9.2013 die sofortige Beschwerde der Beklagten zurückgewiesen. Die Entscheidung des Senats enthält keinen Ausspruch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Der Beschluss vom 4.9.2013 ist den Parteien nicht zugestellt, sondern lediglich formlos mitgeteilt worden.

Die Klägerin beantragt mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 14.2.2014 den Senatsbeschluss vom 4.9.2013 dahingehend zu ergänzen, dass die Kosten des Verfahrens der sofortigen Beschwerde der Beklagten auferlegt werden. Gleichzeitig beantragt der Prozessbevollmächtigte der Klägerin, den Wert des Beschwerdeverfahrens festzusetzen.

Die Beklagte hatte Gelegenheit zur Stellungnahme.

II.1. Auf Antrag der Klägerin ist der Beschluss des Senats vom 4.9.2013 dahingehend zu ergänzen, dass die Kosten des Beschwerdeverfahrens von der Beklagten zu tragen sind.

a) Da die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen die Entscheidung des LG vom 28.5.2013 zurückgewiesen wurde, war eine Kostenentscheidung des Senats im Beschwerdeverfahren geboten (vgl. Zöller/Greger, Zivilprozessordnung, 30. Aufl. 2014, § 406 ZPO Rz. 17 sowie Zöller/Vollkommer, a.a.O., § 46 ZPO Rz. 20). Infolge eines Versehens ist die Kostenentscheidung im Beschluss vom 4.9.2013 unterblieben.

b) Es liegt ein Fall für eine Ergänzung des Urteils gem. § 321 ZPO vor. Die Vorschriften über die Ergänzung eines Urteils sind bei Beschlüssen im Beschwerdeverfahren grundsätzlich entsprechend anzuwenden (vgl. Zöller/Vollkommer, a.a.O., § 321 ZPO Rz. 1). Im Schriftsatz vom 14.2.2014 hat die Klägerin einen Antrag auf Ergänzung gestellt.

c) Die Frist von zwei Wochen zur Beantragung der Ergänzung gem. § 321 Abs. 2 ZPO steht der Entscheidung des Senats nicht entgegen. Denn die Frist läuft gem. § 321 Abs. 2 ZPO ab dem Zeitpunkt der Zustellung des Urteils bzw. des Beschlusses. Eine Zustellung der Entscheidung vom 4.9.2013 ist jedoch nicht erfolgt, so dass die zweiwöchige Frist nicht in Gang gesetzt werden konnte.

Es kommt bei der Frage der Frist im Rahmen der entsprechenden Anwendung von § 321 Abs. 2 ZPO nicht darauf an, ob eine förmliche Zustellung gem. § 329 Abs. 2 S. 2 ZPO - im Hinblick auf den möglichen Fristlauf gem. § 321 Abs. 2 ZPO - geboten gewesen wäre (vgl. zur Zustellung gem. § 329 Abs. 2 S. 2 ZPO in ähnlichen Fällen OLG München MDR 2003, 522; OLG Rostock OLGReport Rostock 2009, 267). Entscheidend erscheint dem Senat, dass der Fristlauf gem. § 321 Abs. 2 ZPO für die nachträgliche Ergänzung einer Entscheidung von einer förmlichen Zustellung der Ausgangsentscheidung abhängen muss. Wenn § 321 ZPO auf Beschlüsse generell analog angewandt wird, muss dies nach dem Wortlaut von § 321 Abs. 2 ZPO auch für den Beginn des Fristlaufs - nur nach förmlicher Zustellung der Ausgangsentscheidung - gelten. Das bedeutet, dass bei einem Beschluss, der gem. § 329 Abs. 2 S. 1 ZPO möglicherweise nur formlos mitgeteilt werden muss, die Frist für eine Ergänzung gem. § 321 Abs. 2 ZPO nicht zu laufen beginnt, bzw. dass erst eine eventuelle nachträgliche förmliche Zustellung die Frist in Gang setzen kann. Nur auf diese Weise besteht eine ausreichende Rechtsschutzmöglichkeit für die Parteien, um nachträglich bei Beschlüssen für eine Ergänzung gem. § 321 ZPO zu sorgen. Denn bei der lediglich formlosen Mitteilung einer Entscheidung rechnet eine Partei - und auch ein Prozessbevollmächtigter - kaum damit, dass damit gleichzeitig die relativ kurze Frist gem. § 321 Abs. 2 ZPO beginnen könnte, wenn dem Gericht bei seiner Entscheidung ein entsprechendes Versehen unterlaufen ist (vgl. OLG München, a.a.O.; OLG Rostock, a.a.O.; anders OLG Jena, Beschl. v. 9.3.2011 - 4 U 111/08 -, zitiert nach Juris; Z...

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