Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Berücksichtigung des Kindergeldes bei der Bewilligung von Prozesskostenhilfe
Leitsatz (amtlich)
Auch unter Geltung des neuen Unterhaltsrechts ist bei der Entscheidung über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe das von der Partei bezogene Kindergeld in voller Höhe als deren Einkommen zu berücksichtigen.
Normenkette
ZPO § 115
Verfahrensgang
AG Schwetzingen (Aktenzeichen 1 F 3/07) |
Gründe
Das AG - FamG - hat der Antragsgegnerin unter Beiordnung von Rechtsanwältin K. mit Beschluss vom 12.12.2007 für das unmittelbar zuvor entschiedene Verbundverfahren (Ehescheidung, Versorgungsausgleich und Unterhalt) Prozesskostenhilfe gewährt. Unter Zugrundelegung eines aus Unterhalt, Kindergeld (insgesamt 308 EUR für die beiden 14 und 17 Jahre alten Kinder) und Erwerbstätigkeit zusammengesetzten Einkommens hat es eine monatliche Ratenzahlungsauflage von 275 EUR festgesetzt.
Gegen den ihr am 15.1.2008 zugestellten Beschluss hat die Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 18.1.2008, eingegangen am 22.1.2008, sofortige Beschwerde eingelegt. Der für die beiden Kinder gezahlte Unterhalt von je 360 EUR zzgl. 77 EUR Kindergeldanteil sei Einkommen der Kinder und nicht der Antragsgegnerin. Daher sei zwar der Kinderfreibetrag auf 0 reduziert, aber - jedenfalls nach neuem Unterhaltsrecht - könne unter Berücksichtigung der zur Hälfte beim Kindesunterhalt erfolgten Kindergeldverrechnung nur noch ein Kindergeld von insgesamt 154 EUR als Einkommen der Antragstellerin angesetzt werden. Nach den Abzügen verbleibe dann ein einzusetzendes Einkommen von 335,05 EUR, weswegen die Ratenhöhe auf 95 EUR zu ermäßigen sei.
Das FamG hat der sofortigen Beschwerde mit Beschluss vom 19.3.2008 teilweise abgeholfen und hat die Ratenzahlungsauflage auf monatlich 175 EUR reduziert. Die Antragsgegnerin habe monatlich ein Nettoerwerbseinkommen i.H.v. 1.019,78 EUR und erhalte Elementarunterhalt von 437 EUR sowie - wie bisher in voller Höhe zu berücksichtigendes - Kindergeld i.H.v. 308 EUR. Von diesen Einnahmen (1.764,78 EUR) verbleibe nach den (unstreitigen) Abzügen ein einzusetzendes Einkommen von 489,05 EUR.
Die form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde ist gem. § 127 Abs. 2 ZPO zulässig, in der Sache jedoch ohne Erfolg.
Das AG - FamG - S. hat im (Teilabhilfe-) Beschluss vom 19.3.2008 zu Recht das Kindergeld von 308 EUR für die beiden Kinder nicht nur zur Hälfte, sondern in voller Höhe als Einkommen der Antragsgegnerin berücksichtigt und zutreffend eine Ratenhöhe von 175 EUR monatlich festgesetzt. Das ab 1.1.2008 geltende Unterhaltsrecht erfordert keine Abkehr von der bisherigen Rechtsprechung (BGH FamRZ 2005, 605; OLG Karlsruhe FamRZ 2006, 799 und FamRZ 2007, 751), das von der um Prozesskostenhilfe nachsuchenden Partei bezogene Kindergeld in voller Höhe als deren Einkommen i.S.d. § 115 Abs. 1 Satz 2 ZPO zu berücksichtigen.
Ausgangspunkt der Beurteilung, welche Behandlung das Kindergeld im Rahmen der wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe zu erfahren hat, ist die Bestimmung des § 115 Abs. 1 Satz 2 ZPO. Danach gehören zum Einkommen alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert. Diese Definition stimmt wörtlich mit derjenigen des § 82 Abs. 1 Satz 1 SGB XII überein. Auch hinsichtlich der vom Einkommen vorzunehmenden Abzüge wird in § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 ZPO auf § 82 Abs. 2 SGB XII verwiesen. Daraus wird deutlich, dass der Einkommensbegriff des § 115 Abs. 1 ZPO an denjenigen des Sozialhilferechts anknüpft. Dies erklärt sich auch daraus, dass Prozesskostenhilfe eine Form der Sozialhilfe im Bereich der Rechtspflege darstellt (BGH, a.a.O.).
§ 82 Abs. 1 Satz 2 SGB XII regelt ausdrücklich, dass bei Minderjährigen das Kindergeld dem jeweiligen Kind als Einkommen zuzurechnen ist, soweit es bei diesem zur Deckung des notwendigen Lebensunterhalts benötigt wird. Nur in Höhe des darüber hinausgehenden Betrages ist Kindergeld demzufolge Einkommen der Eltern, und zwar aus sozialhilferechtlicher Sicht, die mit der unterhaltsrechtlichen nicht deckungsgleich ist (so ausdrücklich BGH, a.a.O.). Im vorliegenden Fall wird der notwendige Lebensunterhalt der Kinder jedenfalls, durch die Unterhaltsleistungen von jeweils 360 EUR gewährleistet. Die Kosten der Unterkunft und Heizung, durch die auch der Wohnbedarf der Kinder gedeckt wird, sind von dem Einkommen der Antragsgegnerin in Abzug gebracht worden. Deswegen ist das Kindergeld auch nicht teilweise den Kindern, sondern in voller Höhe dem Einkommen des Elternteils, dem es zufließt, zuzurechnen.
Für diese Ansicht sprechen auch die steuerrechtlichen Regelungen in §§ 31, 62 ff. EStG. Danach fällt wegen eines Kindes in Höhe des Kindergeldes weniger Steuer an oder das Kindergeld ist eine Leistung zur Förderung der Familie, der in dieser Höhe Einkommen zufließt. Zweck des Kindergeldes ist, die steuerliche Freistellung eines Einkommensbetrages in Höhe des Existenzminimums eines Kindes zu bewirken (§ 31 EStG). Mit diesem Zweck wird Kindergeld nicht dem Kind selbst (vertreten durch die Eltern) als E...