Entscheidungsstichwort (Thema)
Herausgabe von Unterlagen durch Sachverständigen
Leitsatz (amtlich)
1. Ordnet das Gericht auf Antrag einer Partei die Herausgabe von Unterlagen durch den Sachverständigen an, so ist dagegen keine sofortige Beschwerde statthaft.
2. Beim Widerspruch gegen einen Antrag des Gegners - hier: auf Anordnung der Herausgabe von Unterlagen durch den Sachverständigen - handelt es sich nicht um ein das Verfahren betreffendes Gesuch i.S.v. § 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO.
Normenkette
ZPO § 407a Abs. 4, § 567 Abs. 1 Nr. 1, § 567 Nr. 2
Verfahrensgang
LG Offenburg (Beschluss vom 08.05.2006; Aktenzeichen 3 OH 6/05) |
Tenor
1. Die Beschwerde des Antragsgegners Nr. 1 gegen den Beschluss des LG Offenburg vom 8.5.2006 - 3 OH 6/05 - wird als unzulässig verworfen.
2. Der Beschwerdeführer trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
3. Der Beschwerdewert wird auf 3.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. In dem beim LG Offenburg anhängigen selbständigen Beweisverfahren hat der zum Sachverständigen bestellte Dipl.-Ing. Z. sein unter dem 17.1.2006 schriftlich erstattetes Gutachten in der Sitzung des LG vom 8.5.2006 mündlich erläutert. Dabei hat er auch auf Werkstattzeichnungen Bezug genommen, die ihm mit Schreiben des Prozessbevollmächtigten des Antragsgegners Nr. 1 vom 7.12.2005 überlassen worden waren. In der genannten Sitzung hat das LG auf Antrag der Antragsstellerin des Beweisverfahrens dem Sachverständigen durch Beschluss aufgegeben, die ihm vom Antragsgegner Nr. 1 überlassenen Werkstattzeichnungen zu den Akten zu reichen. Dagegen richtet sich die zu Protokoll erklärte und mit Schriftsatz vom 10.5.2006 begründete sofortige Beschwerde des Antragsgegners Nr. 1, der nach seinem Vortrag befürchtet, durch eine nach Vorlage der Pläne erfolgende Akteneinsicht in seinen Urheberrechten verletzt zu werden. Das LG hat der Beschwerde nicht abgeholfen (Beschluss vom 23.5.2006).
II. Da keiner der Fälle des § 567 Abs. 1 ZPO vorliegt, ist die Beschwerde unstatthaft, so dass sie als unzulässig zu verwerfen war (§ 572 Abs. 2 S. 2 ZPO).
1. Das Rechtsmittel ist nicht nach § 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthaft, weil das Gesetz die Beschwerde gegen Anordnungen nach § 407a Abs. 4 ZPO nicht ausdrücklich vorsieht.
2. Auch ein Fall des § 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO ist nicht gegeben.
a) Da das Gesetz ein auf die Anordnung der Herausgabe von Unterlagen durch den Sachverständigen gerichtetes Antragsrecht nicht vorsieht, kann schon zweifelhaft sein, ob es sich bei einem entsprechenden Gesuch einer Partei nicht lediglich um eine bloße Anregung handelt, deren Verbescheidung nicht beschwerdefähig ist (vgl. hierzu OLG Hamburg, FamRZ 1990, S. 423). Sollte aber in dem Antrag ein das Verfahren betreffendes Gesuch i.S.v. § 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO zu sehen sein, so wäre doch zweifelhaft, ob eine Entscheidung hierüber auch ohne mündliche Verhandlung hätte ergehen dürfen.
b) Diese Fragen können indessen offen bleiben, denn eine Statthaftigkeit der Beschwerde gem. § 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO scheitert jedenfalls schon daran, dass dem Antrag auf Anordnung der Herausgabe der Pläne durch den Sachverständigen stattgegeben wurde. Zurückgewiesen wurde allerdings der sich gegen den Herausgabeantrag der Gegenseite richtende Widerspruch des Antragsgegners. Bei diesem Widerspruch handelte es sich indessen nicht um ein "Gesuch" i.S.v. § 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO. Dies ist spätestens seit dem - die entsprechende Vorgängervorschrift betreffenden - Beschluss des Reichsgerichts vom 27.4.1900 (RGZ 46, S. 366 ff., 367) ständige Rechtsprechung und auch in der Literatur allgemein anerkannt (vgl. etwa Braun, in MünchKomm/ZPO, 2. Aufl.2000, Rz. 5 zu § 567; Zöller/Gummer, ZPO, 25. Aufl. 2005, Rz. 32 zu § 567 - j.m.w.N.).
III. Die Kostenfolge beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Der Beschwerdewert war nach dem zu schätzenden Interesse des Antragsgegners an der Nichtherausgabe der Werkstattpläne auf 3.000 EUR festzusetzen.
Fundstellen
Haufe-Index 1614235 |
BauR 2006, 1950 |
NJW-RR 2006, 1655 |
MDR 2007, 236 |
PA 2007, 28 |
DS 2007, 30 |
OLGR-Süd 2006, 907 |
www.judicialis.de 2006 |