Leitsatz (amtlich)

Die Prokura umfasst nicht die Vertretungsmacht zur Anmeldung der Änderung der Geschäftsanschrift beim Handelsregister.

 

Normenkette

GmbHG § 78; HGB § 12 Abs. 1 S. 2, § 31 Abs. 1, § 49 Abs. 1; GmbHG § 8 Abs. 4 Nr. 1

 

Tatbestand

Die Beteiligte ist eine seit 1993 im Handelsregister eingetragene GmbH mit Sitz in H. Ihr Prokurist beantragte unter Beifügung einer notariellen Unterschriftsbeglaubigung, im Handelsregister einzutragen, dass die inländische Geschäftsanschrift der Gesellschaft V-Straße 14 in H. lautet.

Mit der angefochtenen Zwischenverfügung (...) rügte das AG, dass es dem Prokuristen an der Befugnis zur Vornahme von Handelsregisteranmeldungen für das Unternehmen seines Prinzipals fehle. Die Änderung der Geschäftsanschrift müsse entweder von den Geschäftsführern in vertretungsberechtiger Zahl (§ 78 GmbHG) oder unter Einreichung einer entsprechenden Vollmacht (§ 12 Abs. 1 Satz 2 HGB) erfolgen. Bei der Änderung der inländischen Geschäftsanschrift handle es sich um ein Grundlagengeschäft. Zum Schutze der Gläubiger müsse die postalische Erreichbarkeit gewährleistet sein, deshalb genüge die Anmeldung durch einen einzelvertretungsberechtigten Prokuristen nicht.

Gegen die ihr am 25.1.2014 zugestellte Zwischenverfügung legte die Beschwerdeführerin am 13.2.2014 Beschwerde ein. Sie macht geltend, dass die Prokura die Befugnis zur Anmeldung der Geschäftsadresse beim Registergericht umfasse. Letzteres sei kein Grundlagengeschäft i.S.d. § 49 Abs. 1 HGB. (...)

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige, insbesondere nach § 382 Abs. 4 Satz 2 i.V.m. § 58 Abs. 1 FamFG statthafte und nach §§ 63, 64 FamFG form- und fristgemäß eingelegte Beschwerde hat keinen Erfolg.

Das AG Mannheim hat mit seiner Zwischenverfügung vom 23.1.2014 zu Recht die Prokura als unzureichend für die Anmeldung der Änderung der Geschäftsanschrift gerügt.

1. Gemäß § 8 Abs. 4 Nr. 1 GmbHG hat der Geschäftsführer die Geschäftsanschrift der GmbH zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden. Ändert sich die Geschäftsanschrift wie hier später, folgt die Pflicht zur Anmeldung aus § 31 Abs. 1 HGB. Die Form der Anmeldung und deren formelle Voraussetzungen richten sich nach § 12 HGB. Aus § 12 Abs. 1 Satz 2 HGB, §§ 10, 378 FamFG folgt, dass grundsätzlich die Anmeldung zum Handelsregister durch einen Bevollmächtigten möglich ist (Oetker/Preuß, HGB, 3. Aufl., § 12 Rz. 37; MünchKomm/HGB/Krafka, 3. Aufl., § 12 Rz. 25; Ries in Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, HGB 4. Aufl., § 12 Rz. 9). Entscheidend ist, dass die Vertretungsmacht derartige Handlungen erfasst (Oetker/Preuß, HGB, 3. Aufl., § 12 Rz. 37)

2. Die Prokura umfasst nicht die Vertretungsmacht zur Anmeldung der Änderung der Geschäftsanschrift beim Handelsregister.

a) Allerdings kann die hinreichende Vertretungsmacht des Prokuristen hier nicht unter Hinweis darauf verneint werden, dass es sich bei der Anmeldung um eine höchstpersönliche Erklärung handelt, die nur durch den oder die Geschäftsführer persönlich erfolgen kann. Aus dem auch für Anmeldungen nach § 31 Abs. 1 HGB maßgeblichen (Leitzen in Gehrlein/Ekkenga/Simon, GmbHG § 78 Rz. 2) § 78 GmbHG ergeben sich derartige Einschränkungen der Stellvertretung nur für den Fall, dass ausdrücklich die Vertretung der Gesellschaft durch sämtliche Geschäftsführer angeordnet wird (HK-GmbHG/Saenger, 2. Aufl., § 78 Rz. 9; MünchKomm/HGB/Krafka, 3. Aufl., § 12 Rz. 32). Dies ist bei der Anmeldung einer Änderung der Geschäftsanschrift nicht gegeben.

b) Ebenso wenig sind Anmeldungen zum Handelsregister generell von der Vertretungsmacht des Prokuristen ausgenommen oder per se Grundlagengeschäfte (BGHZ 116, 190, 193f.; MünchKomm/HGB/Krebs, HGB 3. Aufl., § 49 Rz. 35; Staub/Joost, HGB 5. Aufl., § 49 Rz. 40 m.w.N.).

c) Für die Frage, ob die Prokura nach § 49 Abs. 1 HGB zur vorliegenden Rechtshandlung ermächtigt ist allein entscheidend, ob der materielle Vorgang eine Grundlagenentscheidung darstellt (BGHZ 116, 190, 193; MünchKomm/HGB/Krebs, 3. Aufl. Rz. 35). Dies ist vorliegend der Fall.

aa) Der Umfang einer wirksam erteilten Prokura umfasst alle Arten gerichtlicher und außergerichtlicher Geschäfte und Rechtshandlungen, die der Betrieb eines Handelsgewerbes mit sich bringt (§ 49 Abs. 1 HGB). Sie bezieht sich nicht auf Rechtshandlungen, die Grundlagengeschäfte darstellen, d.h. auf Geschäfte, die sich auf die rechtliche Grundlage des kaufmännischen Unternehmens beziehen; sie ist eine Vertretungsmacht für Verkehrsgeschäfte und umfasst damit nicht das Organisationsrecht des Unternehmens (Wagner in Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, HGB 4. Aufl., § 49 Rz. 5).

bb) Soweit das AG in seiner Zwischenverfügung (As 78) einen Zusammenhang zwischen der Vertretungsmacht des Prokuristen und der notwendigen Zuverlässigkeit der angegebenen Geschäftsaderesse andeutet, ist dies allerdings nicht von Bedeutung. Der BGH hat insoweit ausgeführt, dass der Gesichtspunkt der inhaltlichen Richtigkeit einer Anmeldung für die Frage der Vertretungsmacht des Prokuristen nicht maßgebend ist, weil Anmeldungen gem. § ...

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